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Dialog über Politik und Wirtschaft in der Ukraine

15. November 2007

Die europäische Integration, Demokratisierung und Aufbau einer Zivilgesellschaft sowie Investitionen der deutschen Wirtschaft waren vergangene Woche die Themen zweier Ukraine-Foren in Magdeburg und Berlin.

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Gute Kontakte zwischen Deutschland und der UkraineBild: bilderbox

Der „Wirtschaftstag Ukraine“, zu dem die InterCom GmbH, die Außenwirtschaftsfördergesellschaft der IHK Sachsen-Anhalt und das Deutsch-Ukrainische Forum am 8. November in Magdeburg eingeladen hatten, bot viele Möglichkeiten des Dialogs. Wie der Landtagspräsident von Sachsen-Anhalt und Vorsitzende des Deutsch-Ukrainischen Forums, Dieter Steinecke, sagte, haben die Teilnehmer nicht nur über Wirtschaftsbeziehungen und -probleme gesprochen, sondern auch über die Zivilgesellschaft. Das Thema Demokratie habe das Deutsch-Ukrainische Forum nie von Wirtschaftsfragen gelöst, denn erfolgreiche Geschäfte seien nur in einer freien Gesellschaft möglich. „Das Deutsch-Ukrainische Forum setzt sich natürlich insbesondere dafür ein, die Zivilgesellschaft gemeinsam aufzubauen“, betonte Steinecke.

Den „Wirtschaftstag Ukraine“ besuchten auch Vertreter von deutschen Nichtregierungsorganisationen. Sie waren es, die mit Nachdruck die Geschäftsleute aufforderten, vor Investitionen in der Ukraine nicht zurückzuschrecken. Das würde die Zivilgesellschaft mit aufbauen und letztlich die Entwicklung von Demokratie fördern. Die Koordinatorin des Deutsch-Ukrainischen Partnerschafts-Netzes, Ljubow Nagatina, betonte in diesen Zusammenhang: „Die Stärkung der Zivilgesellschaft ist sozusagen der Demokratisierungsprozess im Lande.“

Großes Interesse an Zusammenarbeit

Während im Saal die Teilnehmer diskutierten, schlossen Geschäftsleute auf den Fluren schon Verträge, darunter ein Fortbildungsprojekt im Wert von mehreren Millionen Euro, das vom Sächsisch-Ukrainischen Forum umgesetzt werden soll. Dessen Vorstandsvorsitzender Andreas Schwenke berichtete: „Wir haben jetzt gemeinsam ein Projekt erarbeitet, in dessen Rahmen in dem Jahr 2008/2009 insgesamt 100 Teilnehmer für jeweils drei Wochen nach Deutschland zur Weiterbildung kommen, das heißt leitende Mitarbeiter der Kiewer Stadtverwaltung. Die Finanzierung über die EU sieht generell eine Eigenfinanzierung von 20 Prozent vor. Wir haben erreicht, dass die Stadtverwaltung in Kiew jeweils zehn Prozent aus dem Haushalt bereitstellt.“

Den Journalisten fiel es in Magdeburg schwer, an ukrainische Geschäftsleute heranzukommen, denn sie wurden von ihren deutschen Kollegen umlagert. Tetjana Stepankowa, Vizepräsidentin des Ukrainischen Industriellen- und Unternehmerverbandes, sagte: „Für jedes Mitglied unserer Delegation waren vier bis fünf Firmen eingetragen. Das Interesse ist sehr hoch.“ Aus der Ukraine waren mehr als 30 Geschäftsleute angereist, auf deutscher Seite waren es über 100.

Beitritt zur EU und NATO

Probleme auf dem Weg der europäischen Integration der Ukraine standen im Mittelpunkt der „Dritten Kiewer Gespräche“, die vom 9. bis 11. November in Berlin unter dem Motto „Ukraine in Europa“ stattfanden. Während des Treffens, das von der überparteilichen Initiative „Kiewer Gespräche“ organisiert wurde, erläuterten die ukrainischen Teilnehmer ihren europäischen Kollegen, dass die ukrainische Bewegung nach Europa in vielerlei Hinsicht geografisch bedingt sei.

Die deutschen Teilnehmer interessierten sich vor allem für die praktischen Schritte, die von der ukrainischen Seite auf diesem Weg unternommen werden könnten. Cornelius Ochmann von der Bertelsmann-Stiftung sagte in diesen Zusammenhang: „Ich bin fest davon überzeugt, dass die Ukraine in den nächsten zehn, 20 Jahren sowohl in die NATO als auch in die EU kommt. Aber zurzeit sollte der ukrainische Staat sich vor allem auf die EU-Mitgliedschaft konzentrieren, weil die NATO-Mitgliedschaft sehr kontrovers ist und vor allem zu Spannungen mit Russland führen kann.“

WTO-Mitgliedschaft als Voraussetzung

Gesprochen wurde ferner über eine Freihandelszone zwischen der Ukraine und der EU, über die seit März im Rahmen der europäischen Nachbarschaftspolitik verhandelt wird. Voraussetzung dafür ist allerdings die Mitgliedschaft in der Welthandelsorganisation, ohne die eine europäische Integration der Ukraine unmöglich ist. Der ukrainische Parlamentsabgeordnete vom Block Julija Tymoschenko (BJuT), Hryhorij Nemyrja, kündigte an, dass dieses Problem bald gelöst werde: „Erstmals nach der Orange Revolution wird die Ukraine eine pro-europäische Regierung haben, die sich auf eine pro-europäische Parlamentsmehrheit stützen wird. Wir hoffen, dass die Partei der Regionen, die sich dann in der Opposition befinden wird, eine konstruktivere Haltung einnimmt als im Jahr 2005. Damals hatte sie in der Opposition unter anderem gegen die WTO-Gesetze gestimmt.“

Olena Bondarenko, Abgeordnete von der Partei der Regionen, konterte: „Die Opposition wird der neuen Koalition Gelegenheit geben, alle ihre populistischen Versprechen platzen zu lassen. Wir werden Gelegenheit dazu geben, damit das Volk sieht, dass das, was von BJuT versprochen wird, nicht zu erfüllen ist. Ich denke, dass sich in einem Jahr die Situation völlig ändern wird.“

Oleksandr Sosnowskyj, DW-Ukrainisch