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Gefahr für den Globalisierungs-Weltmeister

Daniel Derya Bellut
22. November 2016

Keine Region ist so verflochten wie Europa. Das zeigt eine neue Studie des Logistik-Riesen DHL. Verstärkt sich der aktuelle Trend der Euroskepsis, könnte dies der Region schweren wirtschaftlichen Schaden zufügen.

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DHL-Hub in Leipzig
Bild: Deutsche Post AG

Der Logistik-Riese Deutsche Post DHL ist so vernetzt in der Welt wie kaum ein anderes Unternehmen. Anlass genug, um eine Studie in Auftrag zu geben, die die internationalen Aktivitäten in Form von Handels-, Kapital- und Informationsströmen bewertet. Aber auch die Bewegungen von Menschen, seien es Ausländische Touristen, Studenten oder Migranten, werden in der Studie berücksichtigt. Der von zwei Forschern der New York University ermittelte Global Connectedness Index gilt als Gradmesser der Globalisierung.

Infografik Euopa führt Globalisierungsindex an

Der Index unterscheidet zwischen zwei Dimensionen: Die Tiefe bemisst die internationalen Handelsströme zwischen benachbarten Volkswirtschaften innerhalb der gleichen Region, die Breite illustriert die überregionale Vernetzung eines Landes - das, was gemeinhin als Globalisierung beschrieben wird.

Globalisierung wird überschätzt

Die geplanten Freihandelsabkommen CETA und TTIP - die als Symbol für eine fortschreitende Globalisierung stehen - haben bereits Tausende Freihandelsgegner auf die Straße getrieben, in Deutschland und anderswo. Der Wahlsieg von Donald Trump ist auch seiner Anti-Globalisierungs-Rhetorik zu verdanken. Kein Wunder: Die Globalisierung ist so umstritten wie niemals zuvor. Glaubt man jedoch der DHL-Studie, gibt es eine starke Diskrepanz zwischen der allgemeinen Wahrnehmung und dem tatsächlichen Ausmaß der Globalisierung.

Infografik  Überschätzte Globalisierung

Offenbar wird die globale Vernetzung nämlich weitläufig überschätzt. Besonders in Europa spielen sich Aktivitäten vor allem regional, und eben nicht global ab. Außerdem sind die Handelsströme seit der Finanzkrise 2007 stark ins Stocken geraten. Erst seit 2014 hat der internationale Handel wieder das Niveau vor der Krise erreicht.

Europa - der Globalisierungs-Primus

Vor allem aber geht aus der Studie hervor, dass europäische Länder wahre "global player" sind. Acht europäische Länder sind unter den Top Ten. In der Gesamtwertung ist der "alte" Kontinent klar vorne, besonders wenn es um den Austausch von Personen und Handel geht, ist keine Region stärker verwoben. Die Vernetzung spielt sich jedoch besonders in der "Tiefe", also innerhalb von Europa ab. Mehr als 70 Prozent der internationalen Handels-, Kapital-, Informations- und Menschenflüsse gehen auf den Austausch zwischen europäischen Ländern zurück. Die Autoren erklären sich das damit, dass in Europa die Dichte wohlhabender Länder besonders hoch ist. Aber auch die Jahrzehnte andauernde Integrationspolitik der Europäischen Gemeinschaft hätten erheblich zu einem reibungsloseren Handels- und Personenverkehr zwischen den Staaten geführt.

Infografik Top Ten der Globalisierung

Die DHL-Studie macht aber auch deutlich, dass der europäische Trend des Isolationismus ein großes Risiko darstellt. Der Brexit oder der Aufstieg des Front National könnten der Anfang einer Rückbesinnung auf nationale Ländergrenzen sein. Das hohe Maß an regionaler Integration war maßgeblich an der Mehrung von Wohlstand, Völkerverständigung und Frieden in Europa beteiligt. Ob Abschottung dies auch vermag?