1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

20 Jahre Fußball-Einheit

20. November 2010

Der deutsche Fußball feierte am vergangenen Wochenende in Leipzig 20 Jahre Wiedervereinigung. In einem "Spiel der Legenden" gewann eine Auswahl früherer DDR-Spieler gegen die Weltmeister von 1990.

https://p.dw.com/p/QDUx
Fußball Trikot BRD DDR
Bild: THORN WA Leipzig
Blick �ber Leipzig, im Hintergrund die WM-Arena (Fotto: doa)
Schauplatz für LegendenBild: picture-alliance/ZB

Ex-Bundestrainer Jürgen Klinsmann und Rekord-Nationalspieler Lothar Matthäus gaben in Leipzig ihr "Comeback". Für die Ost-Elf liefen Ex-Profis wie Thomas Doll, Ulf Kirsten und Dariusz Wosz auf. Mit Rücksicht auf die in die Jahre gekommenen früheren Stars dauerte das Spiel nur 80 Minuten. Die von Eduard Geyer betreute Auswahl der Ex-DDR-Spieler gewann dank Treffern von Olaf Marschall per Foulelfmeter (58. Minute) und Ulf Kirsten (68.) mit 2:1 (0:1). Für die 1990er-Auswahl, bei der Berti Vogts auf der Trainerbank saß, traf Karl-Heinz Riedle (32.). "Das war eine Riesensache, all die Jungs wieder zu treffen", sagte Jürgen Klinsmann, der durchgespielt hatte. Die Partie sollte es eigentlich schon vor zwei Jahrzehnten geben. Doch massive Sicherheitsbedenken verhinderten das damals. Am Sonntag (21.11.2010) rundete eine Gala mit UEFA-Präsident Michel Platini in der Leipziger Messe den Festakt ab.

Der Fußball hatte seine Einheit am 21. November 1990 vollzogen, 49 Tage nach der "Deutschen Einheit". Auf einem außerordentlichen DFB-Bundestag in Leipzig trat der Deutsche Fußball-Verband (DFV) der früheren DDR als Nordostdeutscher Fußball-Verband (NOFV) und neuer Regionalverband dem DFB bei.

Ost-Fußball in der Krise

Fans von Dynamo Dresden (Foto: dpa)
Fans des Drittligisten Dynamo DresdenBild: picture-alliance/dpa

Doch während Leipzig zur großen Party rüstete, war den Fans im Fußball-Osten eigentlich gar nicht nach Feiern zumute. In den fünf neuen Bundesländern rollt der Ball nur noch in den unterklassigen Ligen. In der Bundesliga fehlen die Spitzenclubs der DDR wie der 1. FC Magdeburg, Dynamo Dresden oder Carl Zeiss Jena. In der 2. Liga sind mit Erzgebirge Aue, Energie Cottbus und Union Berlin nur drei Ostvereine dabei. Und Klubs wie Lokomotive Leipzig oder BFC Dynamo Berlin sorgen im Amateurbereich oftmals nur wegen Hooligans oder ihrer Finanzprobleme für Schlagzeilen. Doch nur die wirtschaftlich schwierigen Bedingungen in der Region als Grund für die Krise anzuführen, sei zu einfach, sagte DDR-Rekordnationalspieler Joachim Streich. Die Abstürze seien meist hausgemacht: "Bei den Ostklubs haben die Verantwortlichen viele Fehler gemacht".

Ähnlich sieht es auch Volker Oppitz, Geschäftsführer von Dynamo Dresden. Viele ostdeutsche Vereine seien kurz nach der Wende von dubiosen Geldgebern mit leeren Versprechen übernommen worden. "Da waren Leute am Werk, die dafür nicht geeignet waren, und die haben oft Schindluder getrieben", sagte Oppitz.

Mangel an Spitzenspielern

Marcel Schmelzer im DFB-Trikot (Foto: )
Marcel Schmelzer im DFB-TrikotBild: AP

Inzwischen ist sogar der Nachschub an Topspielern aus dem Osten fast versiegt. Dass ein Mann wie Marcel Schmelzer (Borussia Dortmund), der einst in Magdeburg ausgebildet wurde, beim Länderspiel am vergangenen Mittwoch (17.11.2010) in Schweden (0:0) erstmals das DFB-Trikot überstreifen durfte, ist zur Ausnahme geworden. Zwar haben nach der Fußball-Vereinigung 1990 immerhin 36 Spieler aus dem Osten für die deutsche Nationalmannschaft gespielt, die überwiegende Mehrzahl davon aber schaffte den Sprung direkt nach der Wende. Matthias Sammer, Andreas Thom, Thomas Doll, Jens Jeremies, Bernd Schneider, Ulf Kirsten, Thomas Linke, Steffen Freund und später Michael Ballack prägten lange Zeit auch das DFB-Team. Bei der WM in diesem Jahr in Südafrika hatte Bundestrainer Joachim Löw in dem gebürtigen Greifswalder Toni Kroos nur noch einen "Ossie" dabei.

Erfolgsstory "Eliteschulen"

Schülerinnen der Potsdamer Sportschule Friedrich-Ludwig-Jahn (Foto: dpa)
Schülerinnen einer Eliteschule in PotsdamBild: picture-alliance/dpa

In der Bundesliga gibt es ein ähnliches Bild: Von den 246 Profis, die am vergangenen Spieltag eingesetzt worden waren, stammen nur noch ganze vier aus dem Osten. "Wir sind im Leistungsfußball, nicht gut aufgestellt" stellte Hans-Georg Moldenhauer fest. Der ehemalige Torhüter des 1. FC Magdeburg hat als letzter Chef des DDR-Fußballverbandes und späterer Ost-Präsident die Wiedervereinigung wesentlich mit geprägt. Für Moldenhauer sind die 20 vergangenen Fußball-Jahre trotzdem eine "Erfolgsgeschichte", auch "wenn nicht alle Hoffnungen" aufgingen. 90 Stützpunkte und 15 Sportbetonte Schulen arbeiten zwischen Rostock und Dresden. Neun Einrichtungen tragen den Titel DFB-Eliteschule - das sind im Verhältnis zur Bevölkerung mehr als in den westlichen Ländern. Auch DFB-Generalsekretär Wolfgang Niersbach wertete die Entwicklung als Erfolg. "Der DFB hat viel vom Ostfußball übernommen. Zum Beispiel den Gedanken der Eliteschulen."

Hoffnungsträger RB Leipzig

Wenn überhaupt einem Verein eine gute Zukunft zuzutrauen ist, dann vielleicht RB Leipzig. Der von einem österreichischen Getränkehersteller (Red Bull) gesponserte Regionalligist will langfristig die Spitze der Bundesliga angreifen. Doch die Hoffnung, dass irgendwann einmal ein deutscher Fußball-Meister aus dem Osten kommt, hat Jürgen Sparwasser längst aufgegeben: "Das werden wir nicht mehr erleben", sagte der Siegtorschütze im prestigeträchtigen Nachbarschaftsduell zwischen DDR und BRD (1:0) bei der WM 1974 in Hamburg.

Autor: Arnulf Boettcher (mit sid,dpa)

Redaktion: Jürgen Bergheim