Deutschland und China rücken zusammen
16. Juli 2010Auch der chinesische Ministerpräsident Wen Jiabao sprach sich beim Besuch von Bundeskanzlerin Angela Merkel in Peking am Freitag (16.07.2010) für eine Intensivierung der Zusammenarbeit aus. "Es bestehen wichtige Entwicklungschancen für uns", erklärte Wen. "Wir sitzen im gleichen Boot." Merkel und Wen bekräftigten, dass sie in Zukunft die Zusammenarbeit der beiden Exportnationen verbessern und vor allem neues Vertrauen aufbauen wollen.
Die Regierungschefs legten ein 28 Punkte-Kommuniqué vor, das eine engere Zusammenarbeit in Politik - speziell auch beim Klimaschutz - sowie Wirtschaft, Kultur und Gesellschaft vorsieht. Vieles davon bleibt im Bereich von Absichtserklärungen, doch demonstrierten beide Willen zur besseren Kooperation. Merkel und Wen wollen sich von nun an jährlich treffen.
Politische Spannungen scheinbar vom Tisch
Seit 2009 arbeiteten beide Länder wieder enger zusammen. Die Spannungen nach dem Empfang des Dalai Lama im Kanzleramt 2007 gelten als überwunden. Peking hatte dies als Einmischung in seine inneren Angelegenheiten empfunden. Im Kommuniqué heißt es nun: "Die deutsche Seite bekräftigt ihr Festhalten an ihrer Ein-China-Politik und ihre Achtung der territorialen Integrität Chinas; dies würdigt die chinesische Seite."
Merkel erklärte, China und Deutschland hätten "eine Form von Partnerschaft erreicht, in der wir kritische Fragen sehr offen ansprechen können". Konkret forderte sie eine Verbesserung der Investitionsbedingungen für ausländische Unternehmen in China. Auch der Schutz geistigen Eigentums müsse verbessert werden. Ehe diese Kriterien nicht erfüllt würden, könne sich Deutschland innerhalb der EU nicht für die Anerkennung Chinas als Marktwirtschaft einsetzen.
China baut weiterhin auf den Euro
Trotz der Eurokrise versicherte Wen, sein Land baue weiter auf die Gemeinschaftswährung. Der europäische Finanzmarkt "war, ist und wird in Zukunft" einer der Hauptorte für chinesische Devisenreserven sein. Die Kanzlerin nannte Chinas Vertrauen in den Euro ein "sehr wichtiges Signal".
Internationale Kritik an den Exportüberschüssen von China und Deutschland wiesen beide Regierungschefs zurück. Wen sagte: "China und Deutschland sollte man nicht beschuldigen, sondern würdigen." Merkel erklärte, es handle sich um zwei Länder mit starker Realwirtschaft. Man könne Produkte nur verkaufen, wenn sie wettbewerbsfähig seien. "Deutschland ist stolz auf seine Wettbewerbsfähigkeit", sagte Merkel.
Am Rande der Gespräche wurden mehrere Wirtschaftsverträge in Milliardenhöhe unterzeichnet. So schloss Daimler mit dem chinesischen Lkw-Hersteller Beiqi Foton Motor Co. ein Abkommen zur Lastwagenproduktion im Wert von rund 730 Millionen Euro. Siemens stockte seinen Anteil an einem Joint Venture mit der Shanghai Electric Power Generation von 33,7 Prozent auf 40 Prozent auf. Mit Merkel reisen rund 25 hochrangige Wirtschaftsvertreter sowie mehrere Bundesminister. Umweltminister Norbert Röttgen unterzeichnete in Peking zwei Abkommen zur Zusammenarbeit in den Bereichen Elektromobilität, Energieeinsparung, Ausbau erneuerbarer Energien und Gewässerschutz.
Besuch der weltberühmten Terrakotta-Armee
Wen Jiabao hatte Merkel am Morgen zum Auftakt ihres zweitägigen China-Besuchs mit militärischen Ehren begrüßt. Am Samstag wird sich die Kanzlerin gemeinsam mit Wen die Terrakotta-Armee in der Stadt Xi'an ansehen. Die Bundesregierung wertete es als ein Zeichen der Anerkennung, dass sich der chinesische Ministerpräsident für den Besuch der Kanzlerin persönlich viel Zeit nimmt. Es ist Merkels vierter China-Besuch seit ihrem Amtsantritt 2005. Die Kanzlerin feiert am Samstag zudem ihren 56. Geburtstag.
Autorin: Naima El Moussaoui (dpa, afp, apn)
Redaktion: Oliver Samson