Deutschland raus, Italien im Finale
28. Juni 2012England hat das Elfmeterschießen - Deutschland den Angstgegner Italien. Dieser Fluch der großen Turniere hatte auch diesmal Bestand: Die deutsche Elf ist bei der Europameisterschaft im Halbfinale gegen Italien ausgeschieden, es war ein trauriger und ernüchternder Abend für die Mannschaft und die vielen deutschen Fans. Die abgeklärte Mannschaft von Trainer Cesare Prandelli ließ der hochgehandelten deutschen Elf kaum eine Chance. Ein Doppelpack von Stürmer Mario Balotelli sorgte schon vor der Pause für einen komfortablen 2:0-Vorsprung für Italien. Nach dem Seitenwechsel versuchte die deutsche Elf noch einmal heranzukommen. Doch der Anschlusstreffer durch einen Handelfmeter von Mesut Özil in der Nachspielzeit kam zu spät. Mit dem 2:1 (2:0)-Erfolg steht Italien im Endspiel und trifft nun am Sonntag in Kiew auf Titelverteidiger Spanien.
Schwungvoller Auftakt für Deutschland
Deutschland startete schwungvoll: In der 5. Spielminute kam Mats Hummels nach einer Ecke direkt vor dem Tor etwas überraschend an den Ball. Pirlo rettete auf der Linie. Um die Kreise des italienischen Spielmachers einzuschränken hatte Bundestrainer Löw Toni Kroos auf ihn angesetzt. Das funktionierte in der Anfangsphase recht gut. So war es weiter die deutsche Elf, die aufs Tempo drückte: Eine Hereingabe von Boateng wehrte Gianluigi Buffon in die Füße von Andrea Barzagli ab, von dort prallt er knapp neben das Tor (13.). Kurz darauf prüfte Toni Kroos mit einem Schuss den italienischen Schlussmann, doch der konnte parieren (13.). Mit Distanzschüssen näherten sich auch die Italiener dem deutschen Tor: Montolivo zog aus 18 Metern ab und scheiterte an Neuer (17.). Deutschlands Keeper entschärfte auch den Versuch von Cassano (18.).
Balotellis Doppelpack schockt Löws Elf
Dann leistete sich die bisher so sichere deutsche Hintermannschaft einen folgenschweren Doppelfehler: Antonio Cassano wurschtelte sich mit einer unkonventionellen Drehung auf der linken Seite um Hummels herum und flankte in die Mitte. Dort ging Holger Badstuber nicht entschlossen zum Kopfball, Mario Balotelli nickte locker zum 1:0 für Italien ein (20.). Ein Treffer, der die ganze Effektivität der italienischen Elf unter Beweis stellte. Von diesem Schock erholte sich die deutsche Mannschaft zwischenzeitlich. Khedira versuchte es mit einem sehenswerten Volleyschuss aus 23 Metern, aber Buffon war zur Stelle (35.).
Aus der darauffolgenden Ecke, die nichts einbrachte, entstand der zweite Treffer für Italien. Riccardo Montolivo trieb den Ball gemütlich ins Mittelfeld, wurde nicht angegriffen und schickte dann erneit Balotelli steil, der tauchte völlig frei vor Neuer auf und verwandelte eiskalt zum 2:0 in den rechten Torwinkel (36.).
Özils Treffer kommt zu spät
In der Halbzeit reagierte Bundestrainer Löw, er nahm die schwachen Mario Gomez und Lukas Podolski heraus und brachte Miroslav Klose und Marco Reus. Trotz des deutlichen Rückstandes kam die deutsche Elf ohne Resignation aus der Kabine und versuchte Druck zu machen. Und das gelang. Lahm wurde im Strafraum freigespielt und verpasste die Riesenchance zum Anschlusstreffer. Sein Schuss ging über das Tor (49.). Einen Freistoß von Reus lenkte Buffon mit den Fingerspitzen an die Latte (62.). Danach ließ die deutsche Elf nach, Italien konnte kontern und verpasste gleich mehrfach die Chance, das Spiel vorzeitig zu entscheiden. Balotelli zielte daneben (60.) und auch Claudio Marchisio verzog (67.). Er vergab auch die beste Möglichkeit der Italiener in der zweiten Hälfte. Frei vor Neuer schoss er knapp links am Tor vorbei (75.).
In dieser Alles-oder-Nichts-Situation brachte Löw Offensivmann Thomas Müller für Rechtsverteidiger Jérome Boateng, doch auch diese Maßnahme bewirkte nichts. Italien verteidigte souverän und musste nur noch einmal ganz am Ende zittern. Frederico Balzaretti hatte den Ball im Strafraum mit der Hand berührt. Den fälligen Strafstoß verwandelte Özil zum Anschlusstreffer (90.+2). Danach spielte Deutschlands Torhüter Neuer als letzter Mann auf der Mittellinie, doch auch diese Schlussoffensive brachte nichts mehr ein. Es blieb beim bitteren 1:2 (0:2) aus deutscher Sicht. Wieder einmal unterlag eine deutsche Mannschaft gegen ein äußerst effektives und cleveres Team aus Italien. "Es ist sehr, sehr bitter. Wir machen dumme Fehler und kriegen so die Gegentore, das darf uns nicht passieren", gab sich Kapitän Philipp Lahm anschließend selbstkritisch. Enttäuscht war auch Teammanager Oliver Bierhoff: "Wir haben vor allem die erste Halbzeit verpennt. Wir haben den Italiener die Chancen ermöglicht. Uns ist außerdem zu wenig eingefallen." Eine richtige Analyse, so konnte der Fluch wieder einmal nicht gebrochen werden.