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Deutschland radelt in den Frühling

Sabine Kinkartz25. März 2014

Kaum Schnee, kaum Eis - das freut die Hersteller und Verkäufer von Fahrrädern. Die übliche Absatzdelle der Wintermonate ist so gut wie ausgeblieben. Die Branche kann auch sonst nicht klagen, die Geschäfte laufen gut.

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Fahrradfahrer Frühling
Bild: picture alliance/ZB

71 Millionen Fahrräder gibt es in Deutschland und es werden immer mehr. Laut einer aktuellen Forsa-Umfrage ist Radfahren bei den Deutschen inzwischen beliebter als Wandern. Und zu den allerwichtigsten Vorsätzen für das Jahr 2014 zählte es, mehr mit dem Rad unterwegs zu sein.

2,16 Millionen Fahrräder haben deutsche Produzenten im vergangenen Jahr hergestellt, etwas mehr als die Hälfte davon exportierten sie ins Ausland, vorzugsweise in die Niederlande, gefolgt von Polen und Österreich. Im Gegenzug wurden 2,87 Millionen Fahrräder nach Deutschland importiert. Die Hälfte der Importe kam aus der EU, 49 Prozent stammten aus Asien, vorzugsweise aus Kambodscha und Thailand.

"Der Produktionsstandort Deutschland kann sich gegenüber den Importen sehr gut behaupten. Qualitätsprodukte "Made in Germany" sind auch im Fahrradbereich sehr gefragt", sagt Siegfried Neuberger, Geschäftsführer des Zweirad-Industrie-Verbandes (ZIV). Viele deutsche Hersteller hätten inzwischen Produktionsstätten im europäischen Ausland, beispielsweise in Ungarn, Tschechien, Polen und anderen osteuropäischen Ländern, das müsse beim Blick auf die Importzahlen berücksichtigt werden.

Geländefahrräder und E-Bikes im Trend

Rechnet man die Herstellung von Zubehör mit ein, dann hat die deutsche Fahrradindustrie im vergangenen Jahr vier Milliarden Euro umgesetzt. 3,8 Millionen Fahrräder wurden in Deutschland verkauft, das war etwas weniger als im Vorjahr. Siegfried Neuberger macht dafür vor allem den lange in das Jahr 2013 hinreichenden Winter verantwortlich. Auch im Sommer machte die Witterung wenig Lust aufs Fahrradfahren.

Das neue Jahr lässt sich hingegen deutlich positiver an. Die ersten drei Monate 2014 bescherten der Branche bereits ein zweistelliges Umsatz-Plus. Gefragt sind vor allem Trekking- und Cityräder. Immer besser verkaufen sich zudem Fahrräder mit einem zusätzlichen Elektroantrieb, der auf maximal 25 Stundenkilometer beschleunigen kann. Thomas Kunz, Geschäftsführer des Verbandes des Deutschen Zweiradhandels, sieht bei den E-Bikes weiter großes Potenzial.

E-Bike Ladestation
Ladestationen für E-Bikes könnten bald zum Stadtbild gehörenBild: picture-alliance/dpa

Das E-Bike braucht Service

Am Anfang seien E-Bikes von Menschen gekauft worden, die nicht mehr gut Fahrrad fahren konnten. Inzwischen stiegen aber auch jüngere Menschen um. "Wenn sie zum Beispiel im Anzug in der Firma erscheinen müssen, dann können sie jetzt mit dem Rad fahren, ohne gleich anschließend eine Dusche zu benötigen. Die Vorteile des E-Bikes werden also immer mehr auch in anderen Gruppen gesehen."

Aktuell sind 410.000 sogenannte Pedelecs in Deutschland unterwegs. Das sind fünf Prozent mehr als 2012. Ihr Anteil am gesamten Fahrrad-Markt liegt bei elf Prozent. Der Branche versprechen sie ein gutes Geschäft, kostet ein E-Bike doch durchschnittlich 2.000 Euro, während ein normales Fahrrad mit lediglich 520 Euro zu Buche schlägt.

Dazu kommt der Wartungsaufwand, der dem Händler auch nach dem Verkauf Einnahmen sichert. "Werkstatt und Service haben in den letzten Jahren einen wachsenden Stellenwert für den Fahrradhandel bekommen", so Kunz. Da damit zu rechnen sei, dass diese Entwicklung sich fortsetzt, müssten die Unternehmen verstärkt darauf achten, dass im Werkstattbereich Rendite erwirtschaftet werde. "Das gilt sowohl für die Durchsetzung kostendeckender Werkstattpreise, wie auch für die Nutzung aller Rationalisierungsmöglichkeiten."

Infrastruktur fehlt

Die E-Bikes haben vor allem auch Vorteile, wenn Lasten transportiert werden müssen. Es gebe zunehmend auch Anfragen aus dem kommunalen Bereich und auch von Postzustellern, sagt ZIV-Geschäftsführer Neuberger. Auffällig ist, dass in ländlichen Gebieten deutlich mehr E-Bikes verkauft werden, als in den Städten. Das liege vor allem an der Infrastruktur. "Wenn sie in Berlin in einem Stadtviertel wohnen, in dem sie das Pedelec in den Keller tragen müssten, dann ist das schon ein Hindernis."

Der Akku könne zwar entnommen und geladen werden, aber das Pedelec stehe dann immer noch draußen. "Deswegen sehen wir einen großen Bedarf, sichere Abstellmöglichkeiten zu schaffen, beispielsweise auch an Bahnhöfen. Also Boxen, in die ich das Fahrrad einschließen kann, um sicher sein zu können, dass es noch da ist, wenn ich zurückkomme."

Doch nicht nur die fehlenden Abstellmöglichkeiten für das E-Bike behindern den Absatz. Im Mai 2013 bewertete die Stiftung Warentest neun von 16 Elektrofahrrädern als mangelhaft. Die Kritik sei für die Hersteller nicht nachvollziehbar gewesen, klagt Neuberger, Kaufinteressenten seien davon aber massiv verunsichert worden. "Wir haben nachweisen können, dass die durchgeführten Tests realitätsfremd waren und dadurch Schäden aufgetreten sind, die normalerweise nicht auftreten." Statt vor Gericht zu ziehen, suchte die Branche das Gespräch mit der Stiftung Warentest. "Wenn ein Produkt schlecht ist, dann ist es schlecht, aber wir sollten uns jetzt darauf konzentrieren, mit realitätsnahen Tests gute Noten zu bekommen."

Fahrräder und Frühling in Deutschland
Lastesel: Elektrofahrräder sind auch für Transporte geeignetBild: picture-alliance/dpa