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Deutschland in der Welt sichtbar machen

Gaby Reucher26. November 2013

Die meisten Stiftungen sind im sozialen Bereich aktiv. Viele kümmern sich aber auch um Bildung und um Stipendien im internationalen wissenschaftlichen Austausch. Das hat in Deutschland bereits eine lange Tradition.

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GIZ-Expertin Monika Soddemann erläutert Workshop-Teilnehmern aus kenianischen Partnerinstitutionen die Vorteile des Lernens über eine gemeinsame Plattform im Internet (Foto: GIZ / Dirk Ostermeier)
Bild: GIZ/Dirk Ostermeier

Überall auf der Welt haben deutsche Stiftungen und Förderorganisationen ihre Botschafter. Ehemalige Stipendiaten sind heute in ihren Heimatländern angesehene Politiker, renommierte Wissenschaftler oder engagierte Bürger, die sich zum Beispiel für Frieden, soziale Gerechtigkeit oder nachhaltige Entwicklung einsetzen. Auch als Alumni halten sie Kontakt zu deutschen Fachkollegen und zu den Stiftungen, durch die sie einst Fördergelder erhielten.

Der internationale akademische Austausch ist heute in einer globalisierten Welt nicht mehr wegzudenken. Doch Bildung im eigenen Land und weltweit mit Stiftungsgeldern zu fördern hat in Deutschland bereits eine lange Tradition. Rund 20.000 Stiftungen zählt der Bundesverband Deutscher Stiftungen. Nach den USA, wo es mit Abstand die meisten Stiftungen gibt, steht Deutschland weltweit an zweiter Stelle. Es lohnt sich deshalb, einen Blick auf das deutsche Stiftungswesen und seine Geschichte zu werfen.

Karitative Hilfe seit dem Mittelalter

Bereits im Mittelalter unterstützten kirchliche Stiftungen die Armen. Dieser karitative Gedanke steht bei vielen Stiftungen auch heute noch im Vordergrund. Rund 30 Prozent der deutschen Stiftungen geben ihr Geld für soziale Zwecke aus. Aber auch in Bildung, Forschung und Wissenschaft investieren etwa 27 Prozent der Stifter. Der Soziologieprofessor Helmut Anheier ist Experte auf dem Gebiet der Non-Profit-Organisationen und hat sich auch mit dem deutschen Stiftungswesen befasst: "Heute sieht man Stiftungen eher in einem zivilgesellschaftlichen, nicht nur in dem karitativen Kontext. Man will nicht nur etwas Gutes tun, sondern auch die Gesellschaft aktiv gestalten."

Eine Blüte erlebte das Stiftungswesen im 19. Jahrhundert mit dem Aufstreben des Bürgertums. Noch bis in die 1920er Jahre hatte Deutschland das größte Stiftungswesen der Welt. Gerade in dieser Zeit war die Neugierde auf die weite Welt groß, und es entstanden auch staatliche Förderwerke wie der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD), der bis heute den Austausch von Studierenden und Doktoranden weltweit fördert.

Philipp Misselwitz, Leiter des Fachbereichs Internationale Urbanistik an der TU Berlin (Mitte) mit Teilnehmern des DAAD-Kongresses 'Change Agents - Gesichter des Wandels' in Heidelberg (Foto: DW/Gaby Reucher)
Der DAAD unterstützt den Austausch von Studierenden und Doktoranden aus aller WeltBild: DW/G. Reucher

Durch die Hyperinflation und durch den Zweiten Weltkrieg gingen viele Stiftungen zugrunde, und erst in den 1950er und 60er Jahren hat sich das Stiftungswesen langsam wieder erholt. Einen regelrechten Aufschwung hat Helmut Anheier in den letzten Jahren beobachtet: "Seit etwa 15 Jahren werden jedes Jahr mehr Stiftungen gegründet. Der Stiftungsgedanke hat sich in der oberen Mittelschicht jetzt wieder gut verankert."

Mogelpackung "Stiftung"

Wie sich die Stiftungen in die Förderung von Bildung einbringen, ist unterschiedlich. Einige fördern Projekte oder Organisationen, andere vergeben persönliche Stipendien an Studierende und Wissenschaftler aus dem In- und Ausland. Neben dem DAAD und diversen Forschungsinstitutionen vergeben auch die Stiftungen der politischen Parteien, kirchliche Stiftungen und vor allen Dingen die Humboldt-Stiftung personengebundene Stipendien. Allerdings sind nicht alle Stiftungen, die den Namen tragen, auch wirklich Stiftungen. "Da sind manchmal Mogelpackungen drin. Das ist aber nicht nur in Deutschland so. Auch in Amerika ist eine Foundation nicht immer eine Stiftung in dem Sinne, dass ein Stifter das Geld gibt", weiß Anheier.

Die politischen Stiftungen wie die Friedrich-Ebert-Stiftung oder die Konrad-Adenauer-Stiftung sind eingetragene Vereine, die ihre finanziellen Mittel aus Steuergeldern erhalten. Der Begriff "Stiftung" war von den Alliierten bewusst gewählt worden, um nach dem Zweiten Weltkrieg dafür zu sorgen, dass die Bevölkerung wieder Vertrauen in politische Parteien fasst. Auch die Humboldt-Stiftung, die Eliteförderung betreibt und Preise für Spitzenforschung auslobt, hat keine privaten Geldgeber im Rücken, sondern finanziert sich aus Mitteln des Auswärtigen Amtes. Den Namen "Stiftung" hat man trotzdem beibehalten, denn auch hier ging es bei der Neugründung 1953 darum, Vertrauen zu schaffen, vor allen Dingen bei den Menschen im Ausland. "Es wäre nicht sinnvoll gewesen, wenn die Bundesregierung direkt Stipendien ausgeschrieben hätte, um etwa jüdische Emigranten nach Deutschland einzuladen. Das wäre nahezu unmöglich gewesen", sagt der Präsident der Humboldt-Stiftung, Helmut Schwarz. Mit Hilfe einer politisch neutralen Stiftung für Wissenschaftler, die miteinander kooperieren, sei es gelungen, der Welt zu zeigen, dass Deutschland nicht nur Terror und Schrecken verbreitet.

Humboldtianer bei der Jahrestagung der Alexander-von-Humboldt-Stiftung auf Schloss Bellevue in Berlin (Foto: Humboldt-Stiftung/David Ausserhofer)
Die internationalen Alumni der Humboldt-Stiftung treffen sich regelmäßig bei der Jahrestagung in BerlinBild: Humboldt-Stiftung/David Ausserhofer

Geld in kluge Köpfe investieren

Fast alle Stiftungen, die in die Bildung investieren, sind an leistungsstarken sogenannten "klugen Köpfen" interessiert. So schmückt sich die Humboldt-Stiftung gerne mit den Namen der Nobelpreisträger aus der Riege ehemaliger Stipendiaten. In den letzten Jahren, in Zeiten des Fachkräftemangels in Deutschland, hat man sich aber auch auf die besonnen, die aufgrund ihrer sozialen Herkunft in der Bildung zu kurz kommen. Besonders private Stiftungen seien in diesem Bereich aktiv, sagt Helmut Anheier. "Die Gemeinnützige Hertie-Stiftung zum Beispiel geht bewusst auf Jugendliche aus Migrantenfamilien zu, um ihnen ein Staatsstipendium zu finanzieren." Eine Zielgruppe, um die sich in den letzten 20 Jahren auch andere Stiftungen wie die Robert-Bosch-Stiftung oder die Körber-Stiftung bemühen.

Alumni über Netzwerke an Deutschland binden

Weil Deutschland Fachkräfte und hochqualifizierte Wissenschaftler braucht, besinnt man sich heute verstärkt auch auf ehemalige Stipendiaten, die sowohl hier als auch in ihren Heimatländer für deutsche Unternehmen, für die Wissenschaft oder als Vermittler in politischen Angelegenheiten nützlich sein können. Viele Stiftungen und Förderorganisationen wollen deshalb ihre Alumniförderung ausbauen. So investiert der DAAD bereits in den Ausbau von deutschen Hochschulen im Ausland und in Projekte, die es hier ausgebildeten Fachkräften ermöglichen, ihre Expertise im eigenen Land auch anzuwenden. Helmut Schwarz möchte Humboldt-Alumni vor Ort auch finanziell ausstatten, um für Deutschland und die Humboldt-Stiftung zu werben. "In Zukunft wird nicht mehr ein einziger Auslandsaufenthalt für eine Karriere möglich sein, sondern es werden mehrere sein. Und wir müssen in dieser multilateral gestalteten Welt versuchen, unseren Platz zu finden."

Screenshot Alumniportal Deutschland
Das Alumniportal Deutschland ermöglicht den ehemaligen Stipendiaten, in Kontakt zu bleiben

Helfen kann dabei auch das Internet, denn im digitalen Zeitalter spielen neben persönlichen Kontakten zu ehemaligen Stipendiaten die virtuellen Netzwerke eine immer wichtigere Rolle. Auch der DAAD will in Zukunft stärker in soziale Netzwerke investieren, sagt die Präsidentin Margret Wintermantel: "Wir haben eine sehr große Zahl von Alumni weltweit, und da ist es nicht mehr einfach, den Kontakt zu halten. Social Media ist deshalb eine Chance, in Kontakt zu bleiben und von den Alumni zu erfahren, was sie von uns erwarten." Mit Hilfe von Bundesgeldern ist deshalb vor fünf Jahren das "Alumniportal Deutschland" entstanden, das nicht nur ehemalige Stipendiaten, sondern auch Arbeitssuchende und potentielle Arbeitgeber oder Förderer von Forschungsprojekten zusammenbringt. Auf diese Weise wird die Tradition des akademischen und beruflichen Austauschs auf virtueller Ebene fortgesetzt und erweitert.