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"Deutsches Rugby weit von der Weltspitze entfernt"

Pascal Jochem29. Oktober 2012

Die deutsche Rugby-Nationalmannschaft ist mit einem 46:28-Sieg gegen die Ukraine in die neue EM-Saison gestartet. Bundestrainer Torsten Schippe sprach mit der DW über seine Arbeit und Olympia 2016 in Rio.

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Porträt von Rugby Bundestrainer Torsten Schippe - (Die Bilder wurden erstellt vom Dt. Rugby Verband)
Bild: SportsWork

Deutsche Welle: Torsten Schippe, was haben Sie und Ihr Team sich vorgenommen für den European Nations Cup, der von 2012 bis 2014 im Ligasystem ausgetragen wird?

Torsten Schippe: Wir wollen uns um einen Platz verbessern. In der vergangenen Saison wurden wir Vierter.

Deutschland ist vor einigen Jahren abgestiegen und spielt nun in der drittklassigen Division 1b. Muss nicht der Aufstieg das Ziel sein? Der Erstplatzierte könnte sich zudem in einer Playoff-Runde für die Weltmeisterschaft 2015 qualifizieren.

Wir denken langfristig. Unser Ziel ist es, jede Mannschaft in der Gruppe mit zehn oder fünfzehn Punkten Unterschied zu schlagen. Das ist in diesem und wahrscheinlich auch im nächsten Jahr noch nicht möglich. Wenn wir mit allen Mitteln den Aufstieg anstreben, müssten wir mehr deutsche Spieler aus ausländischen Ligen einsetzen, was zu Lasten der Ausbildung unserer in Deutschland stationierten Spieler ginge. Sicherlich, ein Aufstieg wäre dann eher möglich, aber schon im darauffolgenden Jahr wären wir in der nächsthöheren Division 1a gegen Teams wie Georgien, Portugal und Rumänien chancenlos und erneut der sichere Absteiger.

"Deutsches Team entwicklungsfähig"

Die deutsche Nationalmannschaft ist und bleibt vorerst also international abgeschlagen.

Abgeschlagen würde ich nicht sagen, eher entwicklungsfähig. Wir wollen aus einer gesunden Basis heraus etwas aufbauen. In einigen Bundesländern gibt es bereits Förderprogramme und Kooperationen mit Schulen. Wir haben talentierte Spieler, es kommt eine gute Generation nach. Wir versuchen sie hier in Deutschland zu halten und ihnen eine gute Ausbildung zu ermöglichen.

Spielszene der deutschen Rugby Nationalmannschaft. (Foto: Agentur SportsWork )
Kraft, Disziplin und Taktik - Rugby fordert komplette AthletenBild: SportsWork

Auch das öffentliche Interesse ist eher gering. Warum tut sich Rugby in Deutschland so schwer?

Das ist schwierig. In Deutschland dominiert der Fußball, damit haben viele Sportarten zu kämpfen. Wir bräuchten ein viel höheres Budget, um Rugby in den Medien interessanter zu gestalten und Marketing anzuschieben. Wer sich für internationalen Sport interessiert, wird merken, dass Rugby eigentlich überall auftaucht. Jeder kennt Rugby und hat es schon mal gesehen. Aber die wenigsten wissen, dass es auch in Deutschland gespielt wird.

Woran liegt das?

Der Verband hat nun mal ein geringes Budget, es scheitert viel an unseren finanziellen Möglichkeiten. Selbst die Nationalspieler, die als Halbprofis spielen, sind in der Nationalmannschaft eigentlich Amateure. Hier verdienen sie kein Geld. Auch ich gehe einem ganz normalen Job nach. Trainer bin ich abends nach der Arbeit auf Honorarbasis.

In der öffentlichen Wahrnehmung hat Rugby noch häufig ein Raufbolden-Image.

Ja, das stimmt. Aber das ist lange vorbei. Rugby ist traditionell und disziplinbehaftet. Du brauchst Ehrgeiz, Kämpfertugenden und musst Verantwortung übernehmen. Für die Ausbildung junger Menschen ist der Rugbysport das Beste, was es gibt. Auch Respekt spielt eine große Rolle. Nach dem Spiel ist alles vergessen, dann werden sich die Hände gereicht. Das tragen alle Rugby-Spieler weltweit in sich.

Rugby 2016 wieder olympisch

Rugby ist nach langer Zeit wieder olympisch, 2016 in Rio ist die Siebener-Variante im Programm. Warum eigentlich nicht das traditionelle Rugby mit 15 Spielern?

Das Siebener-Rugby ist zwar auch für Fachleute interessant, aber vor allem für Newcomer. Das Spielfeld ist genauso groß, aber das Spiel ist schneller, athletischer, dynamischer. Ich denke, man will durch das Siebener-Rugby eine größere Masse erreichen, den Sport verbreiten und mehr Menschen für Rugby begeistern - Aktive, Zuschauer oder auch Event-Liebhaber.

Die deutsche Nationalmannschaft ist eine klassische 15er-Auswahl. Besteht die Chance, dass sich Deutschland jemals für Olympia qualifiziert?

Das kann ich Ihnen nicht beantworten. Wir sind sicher weit von der Weltspitze entfernt. Hierzulande gibt es noch keine Ligen, in denen Siebener-Rugby gespielt wird. Aber wir müssen diese Entwicklung mitgehen und langsam eine Siebener-Kultur entwickeln. Ich kann mir gut vorstellen, dass wir nach der U18 immer eine 15er und eine Siebener-Schiene installieren – und für Talente beide Seiten offen lassen.

Schauen Sie manchmal – auch ein bisschen neidisch – auf andere Länder, in denen Rugby eine große Nummer ist?

Ja natürlich. Da gibt es schon Dinge, die würde ich mir in Deutschland auch wünschen.

Zum Beispiel?

Alles, was die Ausstattung der Spieler angeht und was den Trainern zur Verfügung steht.

Wie groß ist denn Ihr Trainerstab in der Nationalmannschaft – im Vergleich mit großen Rugby-Nationen?

In Deutschland: mein Co-Trainer Kobus Potgieter und ich. Bei großen Rugby-Nationen arbeiten sie dagegen in verschiedenen Bereichen. Es gibt Analysten, Skill-Trainer und so weiter. Da kommen sie bestimmt auf sieben oder acht Coaches, wenn nicht noch mehr.