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Deutscher Sonderweg?

21. Februar 2003

In Deutschland wird noch über die Forschung an embryonalen Stammzellen und ihr Import diskutiert. In Europa unterliegt diese Forschung sehr unterschiedlichen Regelungen. Eine Übersicht.

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Kulturen von embryonalen Stammzellen in den USA

Für EU-Forschungskommissar Philippe Busquin ist die intensive Diskussion in Deutschland nicht so recht nachvollziehbar. "Überall in Europa wird an embryonalen Stammzellen geforscht", so der Kommissar. Deutschland könne sich einen Sonderweg gar nicht erlauben. Busquin verdeutlichte damit, dass die Signale für eine Ausweitung der biomedizinischen Forschung in immer mehr Ländern auf Grün gestellt werden.

Tatsache ist, dass das deutsche Embryonenschutzgesetz im europäischen Vergleich ziemlich strikt gefasst ist. Beim Blick auf andere Länder wird deutlich, dass die für Forschung an Embryonen und menschlichen embryonalen Stammzellen geltenden nationalen Bestimmungen recht unterschiedlich sind. Die nachfolgende Übersicht zeigt Regelungen in einigen europäischen Ländern, orientiert an einer Zusammenstellung des Max-Planck-Instituts für ausländisches und internationales Strafrecht und dem Zwischenbericht der Enquetekommission des Bundestags.

Dänemark

: Die Forschung an befruchteten Eizellen ist nur zulässig, wenn diese Versuche die Techniken zur künstlichen Befruchtung oder zur Erkennung schwerer Erbkrankheiten verbessern sollen. In diesem Rahmen ist auch die Gewinnung von Eizellen zur Befruchtung zulässig, wenn keine Absicht zur Herbeiführung einer Schwangerschaft besteht.

Deutschland

: Das Embryonenschutzgesetz geht von einer umfassenden Schutzwürdigkeit des Embryos aus. Mit dem Embryo darf danach nichts geschehen, was nicht seiner Erhaltung dient. Damit ist die Erzeugung von Embryonen zu Forschungszwecken untersagt - ebenso wie das therapeutische und reproduktive Klonen.

Frankreich

: Fremdnützige Forschung an Embryonen ist grundsätzlich verboten. Im Ausnahmefall und bei Zustimmung der genetischen Eltern ist Forschung zulässig, wenn sie dem Embryo dient oder zur Verbesserung der Verfahren der Fortpflanzungsmedizin geschieht. Die Nationalversammlung diskutiert Mitte Januar über eine Revision der bisherigen gesetzlichen Regelung. Danach soll die Forschung an "überzähligen" Embryonen erlaubt werden. Eine endgültige Zustimmung steht jedoch noch aus.

Großbritannien

: Forschung an menschlichen Embryonen ist bis zum 14. Tag nach der Befruchtung für bestimmte Zwecke zulässig. Voraussetzung ist die Einwilligung der genetischen Eltern und eine Lizenz für bestimmte Forschungsziele. Dazu zählen unter anderem die Verbesserung der Unfruchtbarkeitsbehandlung, die Gewinnung von Kenntnissen über Ursachen von Fehlgeburten, über Erbkrankheiten und über schwere Krankheiten. Seit Anfang 2001 ist das therapeutische Klonen zur Stammzell-Gewinnung erlaubt.

Niederlande

: Die Zweite Kammer des niederländischen Parlaments beschloss am 9. Oktober 2001 das sogenannte Embryogesetz, das die Nutzung von Ei- und Samenzellen, sowie Embryonen regelt. Verboten sind danach das Klonen, Geschlechterwahl und die Kombination von menschlichen und tierischen Embryonen. An überzähligen Embryonen aus künstlicher Befruchtung darf unter Auflagen geforscht werden.

Schweiz

: Embryonenforschung ist verboten. Die Forschung an embryonalen Stammzellen ist zulässig. Der Nationalfonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung will entgegen dem Votum des Nationalen Ethikrates künftig die Forschung mit menschlichen embryonalen Stammzellen unterstützen.

Spanien

: In den ersten 14 Tagen nach der Befruchtung ist Forschung an Embryonen bedingt zulässig. Zu den Bedingungen gehört die Einwilligung der genetischen Eltern. Weitere Voraussetzung ist, dass es sich um angewandte Forschung oder Grundlagenforschung handelt und keine Alternativen wie etwa Tierversuche zur Verfügung stehen. Unter denselben Voraussetzungen ist Forschung an bereits bestehenden embryonalen Stammzellen erlaubt. (pg/wga)