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Gut durch den Winter

12. Mai 2010

Eigentlich hatten die Experten im ersten Quartal mit einer Stagnation gerechnet - der Aufschwung sollte erst im Frühjahr kommen. Doch neueste Zahlen zeigen: Die Wirtschaft hat schon im Winter Fahrt aufgenommen.

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Symbolbild Börse Kurse Konjunktur, Erholung,(Foto: Bilder Box)
Der Trend zeigt nach obenBild: BilderBox
Container Terminal in Bremerhaven (Foto: apn)
Die Belebung wird vor allem vom Export getriebenBild: AP

Trotz des harten Winters und der Schuldenkrise in Europa ist die deutsche Wirtschaft im ersten Quartal überraschend gewachsen. Angetrieben von steigenden Exporten legte das Bruttoinlandsprodukt von Januar bis März um 0,2 Prozent im Vergleich zum Vorquartal zu, teilte das Statistische Bundesamt am Mittwoch (12.05.2010) in einer ersten Schätzung mit. Das Ergebnis ist umso überraschender, weil es nach neuen Berechnungen auch im Schlussquartal 2009 ein Plus von 0,2 Prozent gegeben hatte. Bislang waren die Statistiker von Stagnation ausgegangen.

"Angekurbelt wurde die Konjunktur von den Exporten", sagte ein Statistiker. Die Unternehmen investierten zudem mehr Geld in Maschinen, Fahrzeuge und andere Ausrüstungen und stockten ihre Lager auf. Auch die staatlichen Konsumausgaben nahmen zu. Lediglich die schrumpfenden Bauinvestitionen verhinderten ein noch stärkeres Wachstum: Grund dafür ist der strenge Winter. Schnee und Frost hatten wochenlang die Baustellen lahmgelegt und viele weitere Branchen behindert. Auch der private Konsum bremste, ebenso die Importe.

Euro-Schwäche hilft den Exporten

Gabelstapler in einem Warenverteillager (Foto: apn)
Die Unternehmen füllen ihre Lager wiederBild: AP

Experten rechnen in den kommenden Quartalen mit weiterem Wachstum. "Nachdem das 750 Milliarden Euro schwere Rettungspaket für klamme Euro-Länder einen Unsicherheitsschock wie nach der Lehman-Pleite verhindert hat, sollte sich die im Export gut aufgestellte deutsche Wirtschaft auch in den kommenden Quartalen besser entwickeln als der Rest des Euro-Raums", sagte Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer. Im Frühjahr halten die Experten ein Plus von einem Prozent für möglich, wenn die am Bau liegengebliebene Arbeit nachgeholt wird. Auch die Nachfrage nach Waren "Made in Germany" dürfte kräftig zulegen. "Hier hilft die Euro-Schwäche, aber auch die sehr starke Konjunktur in den asiatischen Schwellenländern", sagte der Deutschland-Chefvolkswirt von UniCredit, Andreas Rees. "Davon profitiert die deutsche Wirtschaft besonders stark."

Im Vergleich zum ersten Quartal 2009 kletterte das Bruttoinlandsprodukt um 1,7 Prozent. Das war das erste Wachstum nach fünf Minus-Quartalen in Folge. Allerdings hatte es vor einem Jahr mit 6,4 Prozent auch einen besonders starken Einbruch gegeben. Die Bundesregierung sagt für dieses Jahr ein Wachstum von 1,4 Prozent voraus. Im Krisenjahr 2009 war die Wirtschaft nach neuen Berechungen um 4,9 (bisher: 5,0) Prozent eingebrochen. Das war der stärkste Rückgang seit Gründung der Bundesrepublik.

Auftragseingänge steigen

Baukräne auf der Baustelle für ein Einkaufscenter in Dresden (Foto: apn)
Nur die Bauwirtschaft muss noch Einiges nachholenBild: AP

Bereits am Freitag hatte das Bundeswirtschaftsministerium mitgeteilt, dass die deutschen Industrieunternehmen im März deutlich mehr neue Aufträge erhalten haben als noch einen Monat zuvor. Der Auftragseingang stieg im Vergleich zum Februar unerwartet stark um fünf Prozent. Die Nachfrage aus dem Inland stieg dabei um 5,7 Prozent, die Aufträge aus dem Ausland um 4,7 Prozent. Im Februar hatten die Auftragseingänge noch stagniert.

Der deutlich positive Trend zeichnete sich aber auch im Zweimonatsvergleich ab: Das Auftragsvolumen stieg im Februar und März gegenüber Dezember und Januar um 5,2 Prozent, wie das Wirtschaftsministerium erklärte. Im gesamten ersten Quartal lagen die Bestellungen sogar um 6,5 Prozent über dem Schlussquartal des Vorjahres. Noch deutlicher ist die Belebung der Wirtschaft im Vorjahresvergleich: Das Auftragsvolumen lag im Februar und März 2010 um 25,4 Prozent über den Zahlen des gleichen Zeitraums 2009.

Dennoch wieder mehr Pleiten

Zudem hat auch die Industrieproduktion nach dem langen Winter im März kräftig Fahrt aufgenommen: Der Ausstoß von Industrie, Bau- und Energiewirtschaft zog im Vergleich zum Vormonat um vier Prozent an. Dies ist der größte Anstieg seit Mai 2009. Damit wurden selbst Experten von der Stärke des Industrie-Aufschwungs überrascht, da sie nur mit einem Plus von 1,4 Prozent gerechnet hatten. Dennoch hat die insgesamt noch schwache Konjunktur weiterhin tausende Firmen in die Pleite getrieben. Im Februar 2010 meldeten die deutschen Amtsgerichte nach Angaben des Statistischen Bundesamtes 2558 Unternehmensinsolvenzen. Das waren 6,9 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Damit beschleunigte sich der Anstieg der Firmenpleiten wieder: Im Januar hatte sich die Zahl der Unternehmensinsolvenzen um 4,2 Prozent erhöht.

Autor: Rolf Wenkel (rtr,dpa,apn,afp)

Redaktion: Insa Wrede