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Übernahmen in der USA

Alexander Hübner (Reuters)19. Dezember 2014

Als hätte sich plötzlich ein Knoten gelöst: Binnen einer Woche schlugen vier deutsche Konzerne Mitte September zu und kauften US-Unternehmen für umgerechnet 37 Milliarden Euro. Was steckt dahinter?

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Symbolbild Deutschland USA Flagge
Bild: imago/Seeliger

Der Kaufrausch war kein Zufall, wie Investmentbanker glauben - und dass er in den USA stattfand, auch nicht. Deutsche Unternehmen erwarben im zu Ende gehenden Jahr für insgesamt 87,6 Milliarden Euro Firmen im Ausland und gaben damit fast fünfmal so viel für die Expansion außerhalb Deutschlands aus wie 2013, wie aus den am Donnerstag veröffentlichten Daten von Thomson Reuters hervorgeht.

"In den vergangenen Jahren gab es immer etwas, was den Vorständen Sorgen machte, doch jetzt gab es keinen Grund mehr, zu warten", erklärt Dirk Albersmeier, der für die Investmentbank JPMorgan in Deutschland das Fusions-Beratungsgeschäft leitet, die Aufbruchstimmung. "Die neue erwachte Lust auf Zukäufe kommt nicht zuletzt aus dem Erfolg der Unternehmen selbst. Sie können aus einer Position der Stärke heraus auch große Zukäufe verarbeiten", sagt Berthold Fürst von der Deutschen Bank. Der Blick werde sich auch weiterhin nach Westen richten: in die USA. "Der schwächere Eurokurs ist dabei kein Hindernis", sagt Fürst.

Wachstumsmotor USA

Insgesamt waren deutsche Firmen in diesem Jahr an Übernahmen in Deutschland und im Ausland im Volumen von 163 Milliarden Euro beteiligt, 52 Prozent mehr als 2013 und der höchste Wert seit 2007, vor der Finanzkrise. Allein 53,8 Milliarden Euro entfielen auf Zukäufe die USA. Während in Asien kaum Unternehmen öffentlich zum Verkauf stehen, gilt es in den USA meist nur die Aktionäre zu überzeugen. Dazu kommt, dass Nordamerika 2014 einer der Wachstumsmotoren der Weltwirtschaft war und entsprechend Begehrlichkeiten weckte bei deutschen Firmen, die im Inland nicht unbedingt mit großen Sprüngen rechnen konnten.

"Deutsche Unternehmen waren oftmals relativ zu ihrer Größe in den USA unterrepräsentiert", erklärt Jens Maurer von Morgan Stanley. Das zu ändern, daran haben sie mit Macht gearbeitet: Merck zahlte 16,4 Milliarden Dollar für Sigma-Aldrich, womit der Darmstädter Familienkonzern den größten Zukauf eines deutschen Unternehmens in diesem Jahr überhaupt stemmte. Bayer legte 14,2 Milliarden Dollar für das Consumer-Care-Geschäft des US-Konzerns Merck & Co hin, und der in Stiftungsbesitz befindliche Autozulieferer ZF Friedrichshafen schlug für 12,9 Milliarden Dollar beim US-Rivalen TRW zu.

Entwicklung dürfte 2015 anhalten

Die Fusionsberater hatten im laufenden Jahr genug zu tun. Und sie sehen keinen Grund, warum sich 2015 etwas daran ändern sollte. "Viele deutsche Unternehmen werden ihre hohen Cash-Bestände weiter nutzen, um in den USA zuzukaufen", sagt Rainer Langel von der australischen Bank Macquarie für 2015 voraus. Die Zahl und das Volumen der Fusionen könnte insgesamt noch einmal um ein Viertel steigen, prognostiziert er. Nach oben gebe es noch Luft, meint auch Holger Bross von der BofA Merrill Lynch: "Die niedrigen Zinsen bieten ein riesiges Potenzial", das Geld für Übernahmen lasse sich so leicht und günstig beschaffen wie lange nicht. Noch seien die Käufer aber vernünftig, berichtet Citi-Banker Christian Kames: "Nicht unbedingt wird die aggressivste Finanzierung auch genommen."

Die positive Resonanz auf die jüngsten Zukäufe in den USA werde auch kleinere Unternehmen unterhalb des Dax dazu motivieren, sich umzusehen, sagt Lazard-Deutschland-Co-Chef Ken Oliver Fritz. "Strategisch sinnvolle Akquisitionen - und aktives Portfolio-Management - werden von Aktionären begrüßt, Nichtstun tendenziell bestraft."

Banken-Ranking

In der vielbeachteten Rangliste der Investmentbanken hat der Platzhirsch Deutsche Bank in diesem Jahr die Position als Nummer eins in Deutschland von Goldman Sachs zurückerobert. Das Team von Berthold Fürst war an 34 Übernahmen im Volumen von mehr als 89 Milliarden Dollar beteiligt. Morgan Stanley liegt mit 68 Milliarden auf Platz zwei noch vor dem US-Rivalen Goldman Sachs.

Weltweit liegt die Deutsche Bank nach der am Donnerstag veröffentlichten vorläufigen Rangliste aber nur auf Platz acht unter den Fusionsberatern. Während der Marktführer Goldman Sachs an 419 Transaktionen mit einem Volumen von 953 Milliarden Dollar mitmischte, arbeitete der deutsche Branchenprimus mit dem globalen Anspruch an 233 Deals im Wert von 404 Milliarden Dollar mit. Die ersten fünf Plätze belegen US-Investmentbanken - kein Wunder: Bei acht der zehn größten Übernahmen weltweit blieben 2014 US-Unternehmen unter sich. Besser als die Deutsche Bank schlug sich die britische Barclays auf Rang sechs, die beiden Schweizer Großbanken Credit Suisse und UBS sind Neunter und Zehnter.