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Deutsche Spitzentechnik im Ausverkauf

Martin Schrader/dk3. Juni 2002

Die Kieler Howaldswerke-Deutsche Werft (HDW) ist die führende deutsche Rüstungswerft. Im März verkauften die Eigentümer die Mehrheit der Anteile an die Fondsgesellschaft One Equity Partners (OEP) aus den USA.

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Ein begehrtes Schnäppchen

Die Perle im Angebot der HDW ist das U-Boot vom Typ 212 A. Die neuen U-Boote, von denen auch die deutsche Marine im März ein erstes Boot in Dienst stellte, zeichnen sich durch revolutionäreTechnologien aus. Hierzu zählen insbesondere ein außenluft-unabhängiger Brennstoffzellenantrieb und hocheffiziente elektronische Ausrüstungen. Die italienische Marine hat zwei nahezu identische U-Boote der Klasse 212 A in Lizenzbau bestellt.

U-Boot-Klasse 212 A
U-Boot-Klasse 212 A

Erst als im Mai 2002 der Verkauf der HDW an die OEP bekannt wurde, meldete das Bundeskartellamt Bedenken gegen das Geschäft an. Zu befürchten stehe ein verdeckter Ausverkauf deutscher Spitzentechnologie in die USA.

"Die neue Beteiligungsstruktur ist unklar", erklärte Kartellamtssprecher Stefan Siebert im Interview mit DW-WORLD. "Es ist auch völlig offen, was mit dieser Beteiligung passiert." Es ist beispielsweise möglich, dass OEP seinen Anteil an US-Rüstungskonzerne weiterverkauft. Auf diesem Weg könnten sie deutsche Exportrichtlinien für Rüstungsgüter unterlaufen.

Personelle Verflechtungen

Das "Handelsblatt" berichtete bereits über Verflechtungen zwischen der OEP-Muttergesellschaft namens Bank One und dem US-Rüstungskonzern General Dynamics. In den Führungsgremien beider Unternehmen säße der Finanzmagnat James Crown. Bei General Dynamics sei er ausserdem mit einem Aktienpaket von 11 Prozent Großaktionär.

Sicherheitsrisiken, so gravierend sie auch sein mögen, spielen freilich keine Rolle bei den Entscheidungen des Bundeskartellamts und der EU-Kommission. Die beiden Behörden überprüfen lediglich die Einhaltung des Wettbewerbsrechts. "Eine Verhinderung des Verkaufs aufgrund rüstungspolitischer Bedenken wäre uns nicht möglich", sagt Michael Tscherny von der EU-Kommission. "Das muss jedes Mitgliedsland selbst machen, wenn es eine Verletzung seines nationalen Sicherheitsinteresses sieht."

Eine solche Verletzung ist nach Meinung des Verkäufers, der Babcock Borsig AG, nicht vorhanden. "Wir haben den Verkauf mit der Bundesregierung abgestimmt", sagte Hans-Joachim Wieckmann von Babcock-Borsig im Gespräch mit DW-WORLD. "Die Regierung hat das geprüft und keine Bedenken angemeldet." Laut Wieckmann verhindert der Vertrag mit OEP eine Verletzung von Exportrichtlinien. Zudem sei der Käufer ein reiner Finanzinvestor und habe deshalb kein Interesse an geheimer deutscher U-Boot-Technik.

Scharping auf Tauchstation

Auch Verteidigungsminister Rudolf Scharping schloss bisher eine Weitergabe brisanter deutscher Rüstungstechnik in die USA durch den HDW-Verkauf aus. Seit dem Hinweis von fachfremden Behörden scheint Scharpings Haus jedoch den eigenen Prüfungen nicht mehr recht zu trauen. Dort reagierte man nervös und wortkarg auf Fragen zu diesem Geschäft. Zuständig für den Verkauf sei das Wirtschaftsministerium, heißt es lediglich bei Scharpings Mitarbeitern. Aber auch das Wirtschaftsministerium ging gegenüber DW-WORLD auf Tauchstation und verweigerte jeden Kommentar.