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Sonnencreme für Albinos

Adrian Kriesch13. August 2012

Afrikaner mit Albinismus haben sehr helle Haut, die sie kaum vor Sonneneinstrahlung schützt. Ein deutscher Hautarzt und ein Apotheker versuchen deshalb, eine kostengünstige Sonnencreme zu entwickeln.

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Selbstgemachte Sonnencreme aus der Apotheke von Martin Wippermann (Foto: DW)
Selbstgemachte SonnencremeBild: DW

Kurz vor Feierabend ist noch einmal viel los in der Apotheke von Martin Wippermann in Pulheim bei Köln. Während die letzte Packung Kopfschmerztabletten und ein Mittel gegen Allergien über den Tresen gehen, betritt Herbert Kirchesch den Laden. Kirchesch braucht allerdings keine Medikamente - er will mit Wippermann über ein gemeinsames Projekt reden. Er ist Hautarzt und arbeitet eng mit einer Selbsthilfegruppe für Menschen mit Albinismus in Deutschland zusammen. Albinismus ist eine Stoffwechselerkrankung, bei der es zur Störung der Pigmentbildung kommt. Bei Sonneneinstrahlung wird die Haut deshalb nicht dunkler, sondern bleibt hell, ist wesentlich empfindlicher - und empfänglicher für Hautkrebs. Die Krankheit kommt weltweit vor.

Als Kirchesch von Albinos in Afrika hörte, wurde ihm bewusst, dass das Problem dort aufgrund der hohen Sonneneinstrahlung besonders groß ist. Er nahm Kontakt mit Betroffenen in Kenia auf und fand heraus, dass eine Flasche Sonnencreme vor Ort ungefähr 15 US-Dollar kostet. "Dann haben wir überlegt: Wie muss eine Sonnenschutzcreme beschaffen sein, damit man sie in Afrika anrühren kann?" Und dann hat Apotheker Wippermann recherchiert: Welche Lichtschutzfaktoren gibt es? Welche Rezepturen? Und welches Rezept wäre nutzbar?

Hautarzt Herbert Kirchesch und Apotheker Martin Wippermann (Foto: DW)
Hautarzt Kirchesch und Apotheker WippermannBild: DW

Zinkoxid + Speiseöl + Bodylotion = Sonnencreme

In seinem kleinen Labor hinter dem Verkaufsraum der Apotheke beginnt Martin Wippermann, mit verschiedenen Substanzen zu experimentieren - und findet schon bald eine einfache Lösung. Er greift sich eine Flasche aus dem großen Regal voller Chemikalien und beginnt zu mischen. "Zinc Oxydat" steht auf der großen Flasche mit weißem Pulver - Zinkoxid. Dazu kippt er ein einfaches Speiseöl und Bodylotion. "Das ist natürlich schon etwas grob und nicht so, wie die kosmetische Industrie arbeitet", gibt Wippermann zu. "Aber das ist halt besser als gar nichts. Immerhin erreichen wir maximal Lichtschutzfaktor 20."

Erfolgreiche Tests in Kenia

Ein Kilogramm Zinkoxid kostet in Deutschland zehn Euro und kann - gemischt mit Speiseöl und einer normalen Körpercreme - zu 20 Litern Sonnencreme verarbeitet werden. Also schickten Kirchesch und Wippermann ein Päckchen mit Zinkoxid und dem Rezept an Judith Muloyo nach Kenia. Die 39-Jährige ist von Albinismus betroffen. Sie ist Sozialarbeiterin und will die Bevölkerung über die Krankheit aufklären. Albinos leiden in den meisten afrikanischen Ländern unter Vorurteilen, werden von ihren Familien oft verstoßen. Immer wieder werden Albinos sogar ermordet, da ihre Körperteile - denen man magische Kräfte nachsagt - von einigen Medizinmännern genutzt werden.

Die Albino-Frauen Emeline Biamteyisura (l) und Claudine Ceyirumeye bei Gahimbare in Burundi (Foto: dpa)
Stigmatisierte Minderheit: Albinos in AfrikaBild: picture-alliance/ dpa

Das Sonnencreme-Projekt helfe den Betroffenen, sagt Muloyo, die das fertige Produkt selbst erfolgreich an ihrer Haut getestet hat. "Die Haut wurde immer glatter und sieht besser aus. Fast alle, die die Creme ebenfalls ausprobiert haben, haben das bestätigt", berichtet die Sozialarbeiterin. "Jetzt muss ich nur noch mehr Leute davon überzeugen, damit die Creme zum Beispiel auf Märkten verkauft werden kann."

Nächstes Ziel: Kosten senken

Momentan kostet die selbstgemixte Sonnencreme von Muloyo allerdings noch sechs bis sieben US-Dollar pro Tube. Zu viel für die meisten Albinos, zumal eine Tube bei intensiver Nutzung nur wenige Wochen hält. "Die große Herausforderung, den Preis zu senken, besteht darin, eine günstige Zinkoxid-Quelle vor Ort zu finden", sagt Herbert Kirchesch. Denn auch ihm ist klar: Das Problem kann nicht in einer Pulheimer Apotheke gelöst werden.