Deutsche Soldaten angepöbelt
23. Januar 2013Die fünf Bundeswehrsoldaten waren in Zivil unterwegs und kamen gerade aus einem Geschäft in der türkischen Hafenstadt Iskenderun, als eine Gruppe von etwa 40 Demonstranten damit begann, sie anzupöbeln. Einem Soldaten zogen sie einen Sack über den Kopf und beschimpften die Gruppe. Lokale Sicherheitskräfte konnten die Lage beruhigen und die Deutschen in ihre Quartiere zurückbringen.
Die Soldaten gehören nach Bundeswehrangaben nicht zu dem Kontingent, das zwei der insgesamt sechs Patriot-Raketenabwehrsysteme bedient, die der Türkei von der NATO zum Schutz gegen syrischen Beschuss zur Verfügung gestellt werden. Die Angegriffenen seien nur für das Entladen der Luftabwehrraketen vor Ort gewesen.
Aktion radikaler Linker?
Verantwortlich für den Zwischenfall in Iskenderun ist nach türkischen Medienberichten offenbar die Jugendorganisation TGB der linksnationalistischen Partei IP ("Arbeiterpartei"). In den vergangenen Jahren haben TGB-Aktivisten mehrfach ausländische Soldaten und Touristen attackiert und ihnen Säcke über den Kopf gezogen. Sie lehnen den NATO-Einsatz in der Türkei ab.
Das Verteidigungsministerium in Berlin protestierte scharf gegen den Angriff auf die Soldaten und sprach von einem "ernsten Vorfall". Man erwarte, dass die Sicherheit der deutschen Soldaten gewährleistet sei, wenn sie sich in türkischen Städten bewegten, sagte Ministeriumssprecher Stefan Paris. "Wir respektieren voll und ganz die Meinungsfreiheit in der Türkei, aber dass die Äußerung von Meinungsfreiheit in Gewalt umschlägt, ist nicht zu rechtfertigen und nicht akzeptabel."
Provokation oder Verwechslung?
Möglicherweise handelt es sich bei dem Angriff auf die deutschen Soldaten um eine Verwechslung: Augenzeugen berichten, die Demonstranten hätten sie für US-Soldaten gehalten. Von Seiten der Angreifer hieß es daraufhin, es sei für sie unerheblich, ob es sich um Deutsche oder US-Bürger handele, weil beide Länder NATO-Mitglied seien.
Die ebenfalls mit zwei Patriot-Systemen in der Türkei vertretenen Niederlande teilten nach dem Vorfall mit, sie hätten keine zusätzlichen Maßnahmen ergriffen, um ihre Soldaten im Süden der Türkei zu schützen, weil es an ihrem Einsatzort Adana keine Probleme gebe.
mak/sc (dpa, afpe, dapd)