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Deutsche Sicherungsverwahrung rechtens

21. Oktober 2010

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte sieht in der deutschen Sicherungsverwahrung nicht grundsätzlich einen Verstoß gegen die Menschenrechte. Nur eine nachträgliche Haftverlängerung sei nicht zulässig.

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Ein Häftling in einer Beobachtungszelle der Justizvollzugsanstalt (Foto:dpa)
Häftling in einer Beobachtungszelle der JustizvollzugsanstaltBild: Picture-Alliance /dpa

Der Europäische Menschenrechtsgerichtshof hat die Beschwerde eines mehrfach bestraften und inhaftierten Seriendiebs gegen Deutschland abgewiesen. Der inzwischen 65-jährige Mann war 1995 vom Landgericht Köln wegen versuchten Diebstahls zu sieben Jahren Gefängnis verurteilt worden. Wegen seiner zahlreichen Vorstrafen wurde gleichzeitig Sicherungsverwahrung angeordnet, die er nach Verbüßung seiner Haftstrafe im Jahr 2002 in Aachen antreten musste. Diese Sicherungsverwahrung verstoße nicht gegen die Menschenrechtskonvention, urteilten die Straßburger Richter am Donnerstag (21.10.2010).

Sicherungsverwahrung: Rechtmäßig, aber nicht in jedem Fall

Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) - Gerichtssaal
Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) - GerichtssaalBild: DW/ Daphne Grathwohl

Die Sicherungsverwahrung sieht vor, dass ein Verbrecher auch nach Verbüßung seiner Haftstrafe nicht automatisch freikommt. Voraussetzung ist die Erwartung, dass der Täter auch nach der Entlassung weitere schwere Straftaten begehen würde. Die Sicherungsverwahrung kann somit einer lebenslangen Haft gleichkommen, die es sonst im deutschen Strafrecht so nicht gibt.

Erst im Mai 2010 haben die Straßburger Richter in ihrem ersten Urteil entschieden, dass Deutschland mit der "nachträglichen Sicherungsverwahrung" gegen die Menschenrechte verstößt. Diese wurde 2004 unter Rot-Grün eingeführt und sah vor, dass am Ende der Haftzeit eine solche Sicherungsverwahrung verhängt werden kann.

Im aktuellen Urteil von Donnerstag (21.10.2010) stellte das Gericht in Straßburg jetzt klar, dass nicht die Sicherungsverwahrung an sich, sondern ihre nachträgliche Verlängerung die Menschenrechtskonvention verletzt. Auch die vorgeschriebene Frist von zehn Jahren zwischen Verurteilung und Beginn der Verwahrung sei im vorliegenden Fall eingehalten worden, so die Richter.

Korrekturen im deutschen Strafrecht

Das Bundeskabinett im Bundeskanzleramt in Berlin
Das Bundeskabinett im Bundeskanzleramt in BerlinBild: picture alliance/dpa

Seit dem ersten Urteil des Menschenrechtsgerichtshofs arbeitet Deutschland an einer Neuregelung des Strafrechts. Am Mittwoch hat das Kabinett einen Beschluss gefasst: Die Sicherungsverwahrung wird künftig auf die wirklich gefährlichen Verbrecher wie Sexual- und Gewalttäter beschränkt. Außerdem soll es die Sicherungsverwahrung nur noch geben, wenn sie schon im Urteil angeordnet war. Die nachträgliche Sicherungsverwahrung wird somit abgeschafft. Das neue Gesetz soll Anfang kommenden Jahres in Kraft treten.

Ergänzend soll ein Gesetz zur Therapierung und Unterbringung psychisch gestörter Gewalttäter geschaffen werden. Dies erfasse die etwa 80 als weiter gefährlich eingestuften Straftäter, die nach dem ersten Urteil des europäischen Gerichts aus der Sicherungsverwahrung entlassen werden müssten.

Autorin: Rayna Breuer (epd, dpa, ap)

Redaktion: Dirk Eckert

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