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Deutsche Politik à la "Dallas"

Jens Thurau21. November 2003

Erinnert sich noch jemand an „Dallas“, diese wunderbare Soap-Opera rund um die Öl-Milliardärsfamilie Ewing? In der achtziger Jahren machte sie Furore im Deutschen Fernsehen. Heute ist das politische Berlin wie "Dallas".

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Schaut her, so gemein sind die Amis, dachten sich die Bundesbürger beim Schauen der amerikanischen TV-Serie "Dallas". Wenn die Kameras zuschauen, werden die Zähne gezeigt, wird gelächelt, was das Zeug hält. Keiner konnte das besser als der Serienfiesling J. R. Ewing. Und hinter den Kulissen wurde betrogen und intrigiert, gedroht und geflucht. Weit entfernt war diese böse Welt, schrecklich oberflächlich waren die menschlichen Beziehungen, weit niveauvoller die Verfassung der deutschen Gesellschaft. Gerade deshalb war die Serie so beliebt.

Schröder als J. R.

Tatort: SPD-Parteitag in Bochum. Der J. R. Ewing des Jahres 2003 heißt Gerhard Schröder. Der lächelt auch perfekt in die Kamera, aber hinter den Kulissen: Du liebe Zeit! Nachts wandert der deutsche Regierungschef durch dunkle Bochumer Hotelflure und trifft einen Landesfürsten seiner Partei. Und den spricht er doch tatsächlich an mit den Worten: "Euch mach ich fertig".

Schade eigentlich, dass einige Journalisten Ohrenzeugen dieser Szene wurden. Mit dabei: Franz Müntefering in der Rolle des gutmütigen Bobby Ewing. Der SPD-Fraktionschef soll dem Kanzler am Jackett gezupft haben: "Komm, lass doch." Ebenfalls mit dabei: Sue Ellen, alias Doris Schröder-Köpf.

Parteitag als Soap-Opera

Hintergrund: Der abgekanzelte Landesfürst hört auf den Namen Wolfgang Jüttner und führt die SPD in Niedersachsen. In unserem Spiel übernimmt er die Rolle des Cliff Barnes (Macht es Klick? Barnes war der Bruder von Bobbys traumschöner Frau Pamela und ewiger Gegenspieler von J.R.. Aber das führt jetzt zu weit). Oder ist Sigmar Gabriel Cliff Barnes? Egal, lassen wir das.

Jedenfalls bezichtigt Schröder alias J.R. Jüttner alias Cliff Barnes der Intrige. Und zwar gegen Olaf Scholz, den nur knapp wiedergewählten SPD–Generalsekretär. Dessen Wahl hätten die Niedersachen verhindern wollen, und deshalb macht der Kanzler sie jetzt eben "fertig". Für Scholz finden wir im Moment leider keine Besetzung im Dallas-Spiel. Aber das wäre ihm in der realen SPD-Welt ja auch fast so ergangen.

SPD mit guten "Einschaltquoten"

Und was lernen wir jetzt daraus? Ewing-Oil war mehrfach pleite – und hat am Ende doch überlebt. Es gibt also noch Hoffnung für die SPD. Der Wermutstropfen: Am Ende jeder Episode war das fiese Grinsen des J. R. zu sehen, der wieder einmal gewonnen hatte. Ergo: Die SPD überlebt, aber nur mit Schröder. Apropos fieses Lächeln: CDU-Chefin Angela Merkel verdanken wir es, dass auch diese Parallele zwischen deutscher Politik und US-Soap-Opera bereits gezogen wurde.

Vor Monaten war es, da rief die erboste Oppositionschefin dem Kanzler auf der Regierungsbank zu: "Und das mögen die Leute schon gar nicht mehr sehen, dieses Grinsen, das Sie gerade drauf haben." Irrtum, Frau Merkel. Mögen sie eben doch. Dallas hat bis heute traumhafte Einschaltquoten.