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Immer mehr Zweifel am Flüchtlingspakt

3. August 2016

Das Flüchtlingsabkommen mit der Türkei kann nach Ansicht der Menschenrechtsbeauftragten der Bundesregierung nicht so fortgesetzt werden wie bisher. Athen fordert einen Plan B für den Fall eines Scheiterns des Deals.

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Ein Kind spielt in einem Flüchtlingscamp in der Türkei (Foto: dpa)
Ein Kind spielt in einem Flüchtlingscamp in der TürkeiBild: picture-alliance/dpa/U.O. Simsek

"Im Lichte der aktuellen Entwicklungen in der Türkei müssen wir umdenken", sagte die SPD-Politikerin Bärbel Kofler den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland. "Das Abkommen setzt Rechtsstaatlichkeit auf allen Seiten voraus, in der Türkei ist diese zurzeit nicht gegeben", betonte die Regierungsbeauftragte mit Blick auf die Welle von Festnahmen und Verhaftungen in dem NATO-Staat nach dem Putschversuch von Mitte Juli. Das Abkommen müsse neu bewertet werden und könne nicht so fortgesetzt werden wie bisher, verlangte Kofler.

Die Menschenrechtsbeauftragte erkannte an, dass die Türkei viele Anstrengungen zur Versorgung der drei Millionen Flüchtlinge aus Syrien unternommen habe. Auch sei es richtig, dass Deutschland und die EU sich finanziell daran beteiligten.

Die Menschenrechtsbeauftragte Bärbel Kofler (Foto: dpa)
Die Menschenrechtsbeauftragte Bärbel KoflerBild: picture-alliance/dpa/B. von Jutrczenka

"Vieles an dem Flüchtlingsabkommen funktioniert jedoch nicht", kritisierte Kofler. So beklagte sie "verschwindend geringe" Zahlen von Syrern, die seit der Unterzeichnung des Abkommens im März legal aus der Türkei in die EU eingereist seien.

Probleme bei Aslyanträgen

Problematisch sei zudem die Stellung von Asylanträgen in der Türkei, so die SPD-Politikerin weiter. "Wir wissen, dass die Bearbeitung der Asylanträge von Afghanen, Irakern und Iranern in der Türkei nicht nach rechtsstaatlichen Regeln erfolgt", sagte Kofler und forderte: "Darüber kann die EU, darüber können auch wir nicht einfach hinwegsehen."

Die Bundesregierung müsse sich jetzt Gedanken machen über andere Asylverfahren, regte die Beauftragte an. Möglich sei zum Beispiel ein weiterer Ausbau der deutschen Botschaften im Nahen und Mittleren Osten, wo Schutzsuchende ihren Asylantrag stellen könnten.

Flüchtlingszustrom gestoppt

In dem Pakt verpflichtet sich die Türkei auf den griechischen Inseln ankommende Flüchtlinge zurückzunehmen. Dabei wurde ein besonderer Mechanismus für die Flüchtlinge aus Syrien vereinbart: Für jeden zurückgeführten Syrer nehmen die EU-Staaten einen syrischen Flüchtling direkt aus der Türkei auf. Seither ist die Zahl der Flüchtlinge, die über das Meer in Griechenland ankommen, stark gesunken.

Rückführung von Flüchtlingen aus Griechenland in die Türkei (Foto: Getty Images/AFP)
Rückführung von Flüchtlingen aus Griechenland in die TürkeiBild: Getty Images/AFP/O. Kose

Griechenland forderte derweil die EU zu Planungen für den Fall auf, dass die Türkei das Abkommen aufkündigt und seine Grenzen für Flüchtlinge wieder öffnet. "Wir brauchen in jedem Fall einen Plan B", sagte Migrationsminister Yiannis Mouzalas der "Bild"-Zeitung.

Türkische Drohungen

Der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu hatte unlängst erklärt, Ankara müsse Abstand vom Flüchtlingspakt nehmen, wenn der zugesagte Wegfall der Visa-Pflicht für Reisen türkischer Staatsbürger in die EU nicht bis Mitte Oktober verwirklicht werde. Nach Auffassung der EU-Kommission hat die Türkei die Voraussetzungen für einen Verzicht auf die Visa-Pflicht noch nicht erfüllt.

wl/SC (dpa, afp, kna, epd)