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Bundestagswahl in Deutschland hat wenig Einfluss auf Europapolitik

26. Oktober 2009

Die Abschnitte des schwarz-gelben Koalitionsvertrages, die sich mit der Europapolitik beschäftigen, zeigen, dass Schwarz-Gelb in großen Teilen den Kurs von Schwarz-Rot fortsetzt.

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FDP-Chef Guido Westerwelle, Bundeskanzlerin Angela Merkel und CSU-Chef Horst Seehofer
Die neue Bundesregierung setzt auf KontinuitätBild: AP

Die schwarz-gelbe Regierung setzt unter der Führung von Kanzlerin Angela Merkel und dem neuen Vizekanzler und Außenminister Guido Westerwelle auf Kontinuität: Die Regierungsparteien versprechen "eine Politik, die gleichermaßen den Interessen unseres Landes in einem vereinten Europa dient und zum Frieden in der Welt beiträgt". Nach wie vor setzt sich Deutschland für einen ständigen Sitz der EU im UN-Sicherheitsrat ein. Solange dies noch nicht der Fall sei, bleibe man selbst bereit, einen ständigen Sitz und damit eine größere internationale Verantwortung zu übernehmen.

Positiv sieht man die Ratifizierung des Lissabon-Vertrags. Mit ihm werde die EU demokratischer und handlungsfähiger. In der Energiepolitik, der Bankenaufsicht, sowie der EU-Sicherheits- und Verteidigungspolitik will die Bundesregierung konkrete Projekte auf den Weg bringen. Man wolle dafür eintreten, dass die EU sich für Abrüstung einsetzt. Zudem strebt die neue Bundesregierung den Aufbau einer europäischen Armee unter voller parlamentarischer Kontrolle an.

Zankapfel Türkei

Angela Merkel mit dem türkischen Außenminister Gül
Angela Merkel mit dem türkischen Außenminister GülBild: AP

Bei der Erweiterung der Europäischen Union darf es laut CDU/CSU und FDP keine Abstriche bei den Kriterien oder gar einen Beitrittsautomatismus geben. Explizit spricht der Koalitionsvertrag die Türkei an, wobei er auf den Begriff "EU-Beitritt" ausdrücklich verzichtet: Man habe ein besonderes Interesse an einer Vertiefung der gegenseitigen Beziehungen zur Türkei und einer Anbindung des Landes an die EU. Kommt es schließlich nicht zum Beitritt, soll der Türkei ein "privilegiertes Verhältnis" angeboten werden. Genau diese Position hatte Angela Merkel auch schon vorher vertreten und immer nur von einer "privilegierten Partnerschaft" für die Türkei gesprochen.

Vertrauensvolle Beziehungen zu europäischen Partnern

Angela Merkel umarmt Nicolas Sarkozy
Traditionell enge VerbindungBild: AP

Innerhalb Europas und der EU setzt Deutschland weiter auf die gewachsenen und guten Beziehungen zu den Bündnispartnern. Besonders stellt der Koalitionsvertrag die enge Bindung zu Frankreich heraus. Das deutsch-französische Verhältnis sei in seiner Breite und Tiefe einzigartig und fördere maßgeblich die europäische Einigung. Dieser Schulterschluss hat seit den Zeiten Konrad Adenauers Tradition – nicht selten führte auch der erste Staatsbesuch die neuen deutschen Bundesregierungen nach Frankreich.

Die Brüder Jaroslaw (l) und Lech Kaczynski
Zu Zeiten der Kaczynski-Zwillinge war das Verhältnis zu Polen schlechtBild: picture-alliance/ dpa

Darüber hinaus wird auch das Verhältnis zu einem anderen Nachbarland im Koalitionsvertrag ausdrücklich betont. Die "enge Freundschaft und Zusammenarbeit mit Polen" solle weiter vertieft werden. Man wolle sich dafür einsetzen, dass von der deutsch-polnischen Zusammenarbeit neue Impulse für die europäische Einigung ausgingen. Das Verhältnis zum östlichen Nachbarn war in den vergangenen Jahren nicht immer ungetrübt. Die schlechte Zusammenarbeit mit der nationalistischen polnischen Regierung unter den Kaczynski-Zwillingen, der Streit um den Bau einer russisch-deutschen Erdgas-Pipeline durch die Ostsee unter Umgehung Polens und der Baltikumstaaten und die Rolle des Bundes der Vertriebenen sorgten für Reibereien und Konflikte.

Neue Gesichter

Guido Westerwelle lacht
Der neue Außenminister Guido WesterwelleBild: AP

Auf die größten Neuerungen müssen sich die europäischen Kollegen beim Personal einstellen: Auf dem Posten des Außenministers folgt Guido Westerwelle Frank-Walter Steinmeier. Während der gescheiterte SPD-Kanzlerkandidat nach seinen Jahren im Kanzleramt bereits als erfahrener Außenpolitiker ins Amt kam, muss Westerwelle erst noch beweisen, dass er sich auch auf internationalem Parkett gut zurechtfindet. Zur Verstärkung will Westerwelle daher den Europa-Experten Werner Hoyer sowie die ehemalige FDP-Generalsekretärin Cornelia Pieper als Staatsminister in sein Ministerium mitnehmen. Hoyer, der bereits in der Regierung Helmut Kohls als Staatsminister im Außenministerium tätig war, wird für Europapolitik zuständig sein. Pieper wird sich um die auswärtige Kulturpolitik kümmern.

Günther Oettinger posiert vor Weltkugel
Europäisches Leichtgewicht? - Günther OettingerBild: DPA

Ebenfalls als außenpolitisch unerfahren gilt Günter Oettinger, der zum Nachfolger von Günter Verheugen als deutscher EU-Kommissar bestimmt wurde und ein Wirtschaftsressort bevorzugen würde. Aus der deutschen Fraktion im Europäischen Parlament schlug Oettinger, der derzeit noch das Amt des baden-württembergischen Ministerpräsidenten innehat, Kritik entgegen. "Im Gegensatz zu anderen CDU-Politikern in Brüssel und Berlin ist Oettinger bei Europafragen bislang nicht aufgefallen", sagte SPD-Europapolitiker Martin Schulz. Die anstehende Anhörung, in der er die deutschen Abgeordneten von sich und seinen Fähigkeiten überzeugen müsse, werde eine schwierige Sache für Oettinger werden.

Autor: Andreas Ziemons
Redaktion: Mareike Röwekamp