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Bündnispolitik und die Afrika-Strategie

Sven Pöhle2. Februar 2014

Deutschland will sich verstärkt in Afrika engagieren - gegebenenfalls auch militärisch. Die Motive dafür sind vielfältig. Eine konkrete Strategie für den afrikanischen Kontinent steht hingegen noch aus.

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Merkel vor Afrikakarte
Bild: picture-alliance/dpa

In den Ohren der deutschen Verbündeten müssen die jüngsten Botschaften aus Deutschland positiv geklungen haben: Lange hatten sie gefordert, dass Deutschland mehr internationale Verantwortung übernehmen müsse. In ihrer Regierungserklärung betonte Bundeskanzlerin Angela Merkel nun, dass Deutschland dazu bereit sei, unter anderem auch zu einem stärkeren Engagement in Afrika.

Genau das hatte Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen zuvor schon gefordert: mehr Verantwortung in weltweiten Konflikten - auch militärisch. Und wiederholte diese Forderung bei der Münchner Sicherheitskonferenz - gestützt durch die Plädoyers von Bundespräsident Joachim Gauck und Außenminister Frank-Walter Steinmeier.

Für viele Kommentatoren mutet es wie eine Renaissance der deutschen Außenpolitik an, wenn Außenminister Frank-Walter Steinmeier erklärt: "So richtig die Politik der militärischen Zurückhaltung ist, sie darf nicht missverstanden werden als eine Kultur des Heraushaltens. Dazu sind wir auch in Europa inzwischen ein bisschen zu groß und ein bisschen zu wichtig".

Afrika ist kein Neuland für die Bundeswehr

Militärisch herausgehalten hatte sich Deutschland aus Afrika auch bisher nicht gänzlich. Der Nachbarkontinent war zuletzt immer stärker in den Fokus der deutschen Außen- und Sicherheitspolitik geraten. In und um Afrika sind deutsche Soldaten schon seit Jahren im Einsatz: Neben der EU-Antipiraterie-Mission am Horn von Afrika stellt die Bundeswehr auch im Sudan, im Kongo oder in der Westsahara Militärbeobachter und Verbindungsoffiziere. In Mali ist die Bundeswehr seit 2013 an der Ausbildung malischer Sicherheitskräfte beteiligt.

Nun will die Bundesregierung die Truppenstärke bei der EU-Trainingsmission in Mali ausweiten. Statt bislang maximal 180 sollen in Zukunft bis zu 250 deutsche Soldaten in Mali stationiert werden können. In der Zentralafrikanischen Republik ist im Gespräch, dass die Bundeswehr die künftige EU-Mission mit Transport- und Lazarettflugzeugen unterstützt. Einen Kampfeinsatz schlossen Merkel, Steinmeier und von der Leyen aber unisono aus.

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier hält am 29.01.2014 eine Rede im Bundestag (Foto: Maurizio Gambarini/dpa)
Mehr internationale Verantwortung: So sieht Außenminister Steinmeier die ZukunftBild: picture-alliance/dpa

Deutsche Interessen

In Deutschland selbst sind Auslandseinsätze der Bundeswehr umstritten: In einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur dpa lehnt die Hälfte der Befragten ein stärkeres Engagement der Bundeswehr in Afrika ab.

Für Wibke Hansen, stellvertretende Direktorin im Zentrum für Internationale Friedenseinsätze in Berlin, hat das deutsche Engagement in Afrika mehrere Gründe. Einer davon sind grenzüberschreitende Sicherheitsbedrohungen: "In Mali beispielsweise ist die transnationale organisierte Kriminalität in der Sahelzone für Europa sicherlich ebenso ein Faktor wie die Bedrohung durch terroristische Gruppen", so Hansen. Eine Stabilisierung Afrikas liegt daher im Interesse Europas. Auch, weil ein Flächenbrand in afrikanischen Krisengebieten oft nicht nur eine humanitäre Katastrophe bedeutet, sondern auch für Flüchtlingsströme in europäische Länder sorgt. Wirtschaftliche Interessen Deutschlands spielen hingegen bislang nur eine untergeordnete Rolle. Dennoch besteht ein Interesse an sicheren Wirtschaftsbeziehungen zu afrikanischen Ländern.

Bundeswehrsoldaten bilden am 07.05.2013 in Koulikoro, in Mali Pioniere der Armee Malis aus. (Foto: Maurizio Gambarini/dpa)
Mehr Engagement: Der Bundeswehreinsatz in Mali wird ausgeweitetBild: picture-alliance/dpa

Mehr Bündnispolitik, weniger Zurückhaltung?

Für die Bundesregierung steht aber auch eine Stärkung der europäischen Bündnispolitik im Vordergrund. Für den Vorsitzenden des Verteidigungsausschusses, Hans-Peter Bartels (SPD), ist klar, dass Deutschland und Europa auch in Zukunft bei Krisen in Afrika zunehmend gefordert sind: "Amerikaner und Chinesen werden bei Konflikten und Bürgerkriegen in Afrika nicht ihren Schwerpunkt sehen. Es sind die Europäer, die auf ihrem Nachbarkontinent Hilfe leisten müssen", so Bartels im DW-Interview.

Doch auch die europäischen Bündnispartner hatten Deutschland in der Vergangenheit mehrfach kritisiert. Unter Steinmeiers Vorgänger Guido Westerwelle (FDP) wurde Außenpolitik unter dem Leitmotiv der strikten militärischen Zurückhaltung praktiziert: Unterstützung der Verbündeten ja, militärisches Eingreifen nein. Vor allem Deutschlands Enthaltung im Weltsicherheitsrat, als es 2011 um die Intervention im libyschen Bürgerkrieg ging, hatte für Verstimmung bei den westlichen Verbündeten gesorgt.

Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen bei einem Truppenbesuch Marmal Afghanistan Mazar-i-Sharif am 23.12.2013. (Foto: JOHANNES EISELE/AFP/Getty Images)
Mehr Präsenz: Nach ihrem Besuch in Afghanistan reist Ursula von der Leyen im Februar nach MaliBild: JOHANNES EISELE/AFP/Getty Images

Suche nach einer Afrika-Strategie

Wie die weitere Ausgestaltung des deutschen Afrika-Engagements aussieht, ist noch offen. Eine umfassende Strategie hat die Bundesregierung noch nicht vorgelegt. Unionsfraktionschef Volker Kauder regte in einem ARD-Interview an, dass die Bundesregierung und die Koalitionsfraktionen "umfassend darstellen, was wir in Afrika zu tun haben."

Eine langfristige Afrika-Strategie könne keine militärische Strategie sein, sagt SPD-Politker Bartels. Es müsse in jedem Fall eine Entwicklungsstrategie sein. Doch der militärische Einsatz in Mali wird vermutlich nicht so schnell beendet sein. Der Bundeswehrverband schätzt, dass der Einsatz mindestens zehn Jahre dauern werde - so katastrophal sei der Zustand der malischen Armee. Davon und von der Lage vor Ort machte sich Ursula von der Leyen selbst ein Bild. Sie reiste Anfang Februar nach Mali.