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Ein Jahr Doppelspitze

Sascha Quaiser31. Mai 2013

Seit genau einem Jahr hat die Deutsche Bank eine neue Führung. Nach der Ära Josef Ackermann kam eine Doppelspitze mit Anshu Jain und Jürgen Fitschen. Deren Bilanz fällt bislang dürftig aus.

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Anshu Jain (L) and Juergen Fitschen, Co-chief Executives of Deutsche Bank speak during a shareholders meeting in Frankfurt, May 23, 2013. Deutsche Bank's bosses are likely to get a grilling from shareholders on Thursday about a string of lawsuits and regulatory probes involving Germany's biggest bank. REUTERS/Ralph Orlowski (GERMANY - Tags: BUSINESS)
Bild: Reuters

Das größte deutsche Geldhaus kommt aus den Negativ-Schlagzeilen einfach nicht mehr heraus. Vor allem in Europa und in den USA werden zahlreiche Prozesse gegen die Bank geführt. Neben diesen finanziellen Bedrohungen belastet die Deutsche Bank auch ihr angeschlagenes Image. Einen "Kulturwandel" haben die neuen Chefs versprochen. Doch wie weit ist die Bank mit ihrem Vorhaben wirklich?

Lange Liste der Verfehlungen

Proteste gab es eigentlich schon immer. Wegen Rüstungsgeschäften oder Spekulationen auf Nahrungsmittel. Auch auf der Hauptversammlung in der vergangenen Woche (23.05.2013) machten Aktionäre und Fondsgesellschaften ihren Unmut deutlich. Gründe dafür gibt es viele. Die Bank schlägt sich mit unzähligen Rechtsstreitigkeiten und Skandalen herum, hat dafür sogar 2,4 Milliarden Euro als Reserve zurückgestellt. Sicher ist sicher. Doch das Geld fehlt natürlich an anderer Stelle. Die Liste der Vorwürfe ist lang: Betrug mit Immobiliengeschäften, Manipulation bei Zinssätzen, strittige Zinswetten mit Mittelständlern, Steuerhinterziehung beim Handel mit Luftverschmutzungsrechten. Eine Razzia in Frankfurt mit bewaffneten Polizisten in der Frankfurter Zentrale - Bilder, die der Bank schaden.

Deutsche Bank ringt um Vertrauen

Wandel nicht über Nacht

Schon vor Monaten schrieb der Vorstand in einem Brief an die Beschäftigten: "Wir werden alles daran setzen, die Vergangenheit aufzuarbeiten." Doch inzwischen hat Jürgen Fitschen erkannt, dass das gar nicht so einfach ist. "Ein umfassender Kulturwandel, wie wir ihn anstreben, kann nicht von oben verordnet werden", so Fitschen auf der Hauptversammlung. Man könne nicht einfach den Hebel umlegen. "Ein Kulturwandel muss sich Schritt für Schritt vollziehen, damit er sich tief und nachhaltig in der Bank festsetzt." Aktionäre wie Udo Lanz müssen sich daher in Geduld üben: "Der Kulturwandel kommt im Moment noch nicht zustande. Es wird halt viel geredet, aber es folgen keine Taten." Ein anderer spricht von Altlasten, die zunächst beseitigt werden müssten. "Das ist nämlich ein ganz großes Problem bei der Deutschen Bank und es gibt ja keine vier Wochen, wo nicht etwas Neues kommt."

Auch Aktionärsvertreter wie Klaus Nieding von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz hoffen auf einen ethischen Kulturwandel. Die Manipulation von Zinssätzen sei "genauso, als wenn man Falschgeld drucken und unter die Leute bringen würde", sagt er.

Erste Erfolge

Immerhin: die Deutsche Bank hat mittlerweile ein neues Vergütungsmodell entwickelt, das auf der Hauptversammlung abgesegnet wurde. Die Bank sieht darin einen Meilenstein für den ausgerufenen Kulturwandel. Denn viel stärker als früher fließen künftig neben klassischen Ergebniszielen auch "weiche" Faktoren wie Kunden- und Mitarbeiterzufriedenheit in die Bonus-Berechnung ein. Zudem sind die Prämien gedeckelt und werden über Jahre gestreckt ausgezahlt - auch beim Top-Management unterhalb des Vorstands.

Die Bank muss sich an ihren eigenen Zielen messen lassen. Nur langsam rückt sie wieder ins rechte Licht. Hans-Peter Burghof vom Lehrstuhl für Bankwirtschaft der Universität Hohenheim plädiert dafür, der Bank eine Chance zu geben, "denn wir brauchen die Deutsche Bank. Es ist die einzig richtige, internationale große, deutsche Bank. Für die deutsche Industrie ist das Unternehmen sehr viel wert."

Erste Rede auf deutsch

Vieles, was der Bank heute zu schaffen macht, rührt aus der Vergangenheit, vor allem mit Geschäften im Investmentbanking. Dieser Sparte stand damals der heutige Co-Vorstandschef Anshu Jain vor. Der hat bislang kaum gespürt, dass sich etwas ändern muss. "Wir hatten nicht das Gefühl, die Bank brauche eine Revolution", sagte Jain vor einem Jahr bei seinem Amtsantritt in Frankfurt. Immerhin, auf der Hauptversammlung letzte Woche hat Jain erstmals eine Rede auf deutsch vor den Anteilseignern gehalten. Darauf hat die Öffentlichkeit lange gewartet. Dieser Kulturwandel zumindest ist gelungen.