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Deutsche Bank bleibt Universalbank

Henrik Böhme, Frankfurt27. April 2015

Deutschlands einziges Geldhaus von internationalem Rang vermeidet den Bruch mit seiner Geschichte und bleibt universell aufgestellt. Die Bilanz wird geschrumpft, um Auflagen der Regulierer zu erfüllen.

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Deutschland PK Deutsche Bank in Frankfurt am Main
Bild: Daniel Roland/AFP/Getty Images

Deutsche Bank - Radikaler Umbau

Es ist ein Bild voller Symbolik. Vor den Zwillingstürmen der Deutschen Bank in der Finanzmetropole Frankfurt parkt ein Umzugswagen. Und daneben Übertragungswagen verschiedener TV-Sender. Es geht um den Umbau von Deutschlands größter Bank - und alle wollen wissen, wohin die Reise geht. Die beiden Türme stehen gleichsam für die beiden Bereiche, in denen die Bank unterwegs ist: Das kostenträchtige, aber ertragsarme Geschäft mit den Privatkunden und das Investmentbanking, wo das große Geld lockt und sich noch was verdienen lässt.

Neue Bescheidenheit

Nun sind die Zeiten härter geworden für Geschäfte mit Geld, Aktien und Wertpapieren. Zinsen auf niedrigstem Niveau und strenge Auflagen durch die Regulierungsbehörden: Das nagt an der Rendite. 25 Prozent auf das eingesetzte Kapital sollten es unter Josef Ackermann sein. Heute ist man bescheidener. Jürgen Fitschen und Anshu Jain - die neue Doppelspitze - schraubten das Ziel auf 12 Prozent herunter. Aber auch das wurde nie auch nur annähernd erreicht, derzeit schaffen die Deutschbanker keine drei Prozent. Künftig sollen es zehn Prozent sein, aber auch das wirkt angesichts der Herausforderungen sportlich.

Wie die Deutsche Bank zu alter Stärke zurückfinden will, darüber wurde seit Monaten in den Frankfurter Türmen gestritten. Welches Modell soll es sein? Die radikale Trennung der beiden Bereiche? Das Ende der sogenannten Universalbank also? Oder doch weiter mit dem alten Modell, nur moderner, schlanker, schlagkräftiger? Seit dem Wochenende war in groben Zügen klar: Die Deutsche Bank bleibt eine Universalbank, doch sie fährt das Privatkundengeschäft deutlich zurück und hat eher vermögende Menschen im Blick. Dafür trennt sich die Deutsche Bank von der Postbank - und damit von 14 Millionen Kunden und 50 Milliarden Euro an Spareinlagen. Der Hintergrund ist einfach: Das verkleinert die Bilanzsumme deutlich und macht die Risikovorsorge günstiger. Die Regulierer haben nämlich ein sehr wachsames Auge auf die Bank.

Spätes Erwachen

Denn die Deutsche Bank zählt zu den rund 30 Banken weltweit, die als systemrelevant für die Finanzmärkte gelten. Und die müssen mehr Eigenkapital als andere vorhalten und werden strenger kontrolliert. Zwar sind die Frankfurter vergleichsweise gut und ohne staatliche Hilfen durch die Finanzkrise gekommen. Doch das hat seinen Preis: Denn während sich andere Finanzinstitute längst neu aufgestellt haben, glaubte die Deutsche Bank, so weitermachen zu können wie bisher. Und die Vergangenheit holt Fitschen und Jain jeden Tag aufs Neue ein: Vom Gewinn müssen regelmäßig große Beiträge zur Seite gelegt werden, um die hohen Strafen zu bezahlen, die die Regulierer rund um den Globus einfordern. Das ist alles andere als hilfreich, um die Bank in eine sichere Zukunft zu führen.

"In Deutschland verankert"

Mit einer neuen "Strategie 2020" soll dies nun gelingen. Man habe sich verschiedene Modelle angeschaut, sagte Co-Chef Anshu Jain auf der Pressekonferenz am Montag (27.04.2015) in Frankfurt. Dort erläuterte der Vorstand die Beschlüsse, die am vorangegangenen Freitag vom Aufsichtsrat gebilligt worden waren. Man sei zu der Überzeugung gelangt, so Jain weiter, das ein "konzentriertes kundenorientiertes Modell für die Deutsche Bank das richtige ist." Jürgen Fitschen, der sich mit Jain den Vorstandsvorsitz teilt, bekräftigte den Anspruch, "eine führende globale und in Deutschland verankerte Bank zu sein." Man bleibe global, fokussiere sich aber geografisch. Man bleibe universal, "aber wir vermeiden, alles für jeden sein zu wollen", so Fitschen. Und gab ein Bekenntnis zum Standort Deutschland ab: "Es wäre nichts dümmer, als sich von hier zu verabschieden."

Weltweit will die Bank ihre Präsenz optimieren und hat vor allem wichtige Schwellenländer und Mega-Cities im Blick. Investieren wolle man in wachstumsstarke Märkte wie Indien und China, dafür will man sich aus anderen Ländern zurückziehen. Welche das sind, soll später bekannt gegeben werden.

Kein Rohstoffhandel mehr, keine CDS

Auch das Investmentbanking kommt nicht ungeschoren davon: Hier soll die Bilanzsumme um 200 Milliarden Euro reduziert werden, bis zu 70 weitere Milliarden werden umgeschichtet in das Beratungsgeschäft, dorthin also, wo es um Fusionen oder Firmenübernahmen geht. Dort hat die Deutsche Bank besonders viel Aufholbedarf gegenüber den großen Wall-Street-Häusern. Den Rohstoffhandel und bestimmte Derivategeschäfte gibt die Bank auf - zum Beispiel mit den als toxisch bezeichneten Credit Default Swaps (CDS). Diese Kreditausfall-Versicherungen gelten unter anderem als Auslöser der Finanzkrise.

Doch der Umbau kostet natürlich auch eine Menge Geld, die Bank selbst beziffert ihn bis 2020 mit 3,7 Milliarden Euro. Das soll durch ein entsprechendes Sparprogramm aufgefangen werden. Rund ein Drittel der Deutsche-Bank-Filialen werden in den kommenden Jahren geschlossen. Auch der geplante Börsengang der Postbank soll Geld in die Kasse spülen. Der Börsengang ist die jetzt favorisierte Variante; sollte sich ein Käufer melden, "würden wir uns das nochmal anschauen", so Anshu Jain. Zudem will die Bank rund 3,5 Milliarden Euro jährlich mit zusätzlichen Maßnahmen zur "Steigerung der Effizienz" einsparen.

Investiert werden soll aber auch: Rund eine Milliarde Euro fließt in den Ausbau digitaler Technologien: Denn Banking findet immer mehr auch auf dem Smartphone statt. Mit 500 Startups arbeitet die Bank nach eigenen Angaben zusammen, "um neue Trends frühzeitig aufzuspüren."

Jubiläum im Blick

Die neue Strategie, die nach Fitschens wie Jains Worten "ab sofort" umgesetzt werden soll, zielt wohl nicht zufällig auf das Jahr 2020: Dann wird die Deutsche Bank 150 Jahre alt - und will bis dahin, so die Hoffnung "besser kapitalisiert und weniger verschuldet sein", so Fitschen. Auch der vielbeschworene "Kulturwandel" der Bank muss bis dahin deutlicher als bisher vorankommen. Denn Polizeiwagen vor der Tür, wie in der Vergangenheit nicht nur einmal geschehen, haben extrem am Image der Bank gekratzt. Dann doch lieber ein Umzugswagen.