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Autoindustrie: Nie mehr Tests mit Lebewesen

31. Januar 2018

Daimler, VW und BMW geben sich reumütig - zumindest gegenüber dem Verkehrsministerium. Daimler stellte zudem den Mitarbeiter frei, der als Konzernvertreter bei der ins Visier geratenen Lobbyorganisation EUGT fungierte.

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Detroit International Auto Show Mercedes-Benz G-Class
Daimler-Chef Dieter Zetsche ist hier mitnichten Testperson bei einem Abgastest, vielmehr steht er bei der "North American International Auto Show" in Detroit bei der Präsentation der neue Mercedes G-Klasse in einem künstlichen Nebel Bild: Getty Images/S. Olson

Angesichts der Empörung über Diesel-Abgastests mit Affen wie auch Menschen haben die beteiligten deutschen Autohersteller der Bundesregierung Konsequenzen zugesichert. Vertreter von VW, Daimler und BMW hätten eigene Studien mit Forschungen an Lebewesen zukünftig ausgeschlossen, teilte das Verkehrsministerium nach einer Sondersitzung seiner Untersuchungskommission zum Abgasskandal mit.

Nur nach deutschem Recht und Ethikgrundsätzen  

Die Unternehmen wollten sich direkt oder indirekt nur noch an Studien beteiligen, bei denen die Einhaltung geltenden deutschen Rechts und deutscher Ethikgrundsätze gewährleistet sei, hieß es von dem Ministerium weiter. Die Hersteller wollten zudem prüfen, ob es noch andere Vereine wie die EUGT ("Europäische Forschungsvereinigung für Umwelt und Gesundheit im Transportsektor") gibt. Diese von VW, Daimler und BMW finanzierte Lobby-Initiative hatte die umstrittenen Tests in Auftrag gegeben. Sie förderte auch eine Studie der Universität Aachen zur Stickstoffdioxid-Belastung am Arbeitsplatz - Probanden waren 25 Menschen. Die Konzernvertreter hätten sich "in aller Form entschuldigt" und vom Vorgehen der EUGT distanziert, erklärte das Verkehrsressort. Sie hätten darauf verwiesen, dass die Vorgänge derzeit intern aufgeklärt würden, und "weitere personelle Konsequenzen" nicht ausgeschlossen.

Daimler stellte derweil den Mitarbeiter, der den Autobauer im  EUGT-Vorstand vertreten hatte, werde mit sofortiger Wirkung frei. Das habe der Vorstand entschieden, teilte Daimler mit. "Wir werden den Sachverhalt lückenlos aufklären und sicherstellen, dass sich derartige Vorgänge nicht wiederholen." Daimler hat nach eigenen Angaben eine Untersuchung eingeleitet und lässt sich dabei von einer externen Kanzlei unterstützen. Man sei erschüttert über Art und Durchführung der Studien, hieß es. Am Vortag hatte Volkswagen bereits seinen Cheflobbyisten Thomas Steg beurlaubt. BMW hat sich bislang nicht zu möglichen Folgen geäußert.  BMW, Daimler, VW und Bosch hatten die EUGT gemeinsam gegründet, im vergangenen Jahr wurde sie aufgelöst.

USA Black Dodge RAM
Der Dodge Ram 1500 wurde mit Bosch-Hilfe mit einer illegalen Abschaltvorrichtung des Abgasreinigungssystems versehenBild: picture alliance/All Canada Photos/O. Maksymenko

Das vom EUGT mit der Studie beauftragte US-Labor Lovelace Respiratory Research Institute (LRRI) distanzierte sich gegenüber der Deutschen Welle in einem Statement von dem europäischen Forschungsverein: "Das LRRI hat seitdem [2015] nicht mehr mit der EUGT zusammengearbeitet." Das Institut selbst ist umstritten und in der Vergangenheit mehrfach von US-Behörden wegen Verstößen gegen das Tierschutzgesetz geahndet worden. Dem LRRI zufolge habe Volkswagen ohne das Wissen des Instituts modifizierte Motoren verwendet, was die angefertigte Studie beeinträchtige. "Wir haben nicht vor, die Studie zu veröffentlichen", teilte das LRRI der Deutschen Welle mit. 

Stuttgarter Staatsanwälte gehen erneut gegen Bosch vor 

In der juristischen Aufarbeitung der Abgasmanipulationen bei Dieselfahrzeugen gibt es unterdessen neue Verdächtige. Stuttgarter Staatsanwälte ermitteln nun gegen zwei weitere Mitarbeiter des weltgrößten Autozulieferers Bosch, wie die Behörde mitteilte. Die beiden Mitarbeiter der US-Tochter von Bosch werden der Beihilfe zum Betrug verdächtigt. Sie sollen an der Ausrüstung von Dieselautos des Typs Jeep Grand Cherokee und des Pick-up Dodge Ram 1500 mit einer illegalen Abschaltvorrichtung des Abgasreinigungssystems beteiligt gewesen sein. Die beiden Fahrzeugtypen werden von dem Autokonzern Fiat-Chrysler hergestellt, gegen den bereits Ermittlungen in den USA und Frankreich laufen. Es laufen zudem bereits drei andere Verfahren gegen Bosch-Mitarbeiter wegen Beihilfe zu Betrug bei Daimler, Volkswagen und Audi.

Ermittlungen meist gegen "einfache Ingenieure" von Audi

Außerdem durchsuchten Ermittler der Staatsanwaltschaft München II die Privatwohnungen von sechs aktuellen oder ehemaligen Mitarbeitern des Autoherstellers Audi. In den Ermittlungen zum Dieselskandal bei Audi hat sich die Zahl der Verdächtigen laut der Staatsanwaltschaft nun auf 13 erhöht. Unter den bereits bekannten Verdächtigen ist Wolfgang Hatz, ein ehemaliger Porsche-Vorstand und Leiter der Aggregate-Entwicklung bei Audi. Unter den neuen Verdächtigen sei allerdings niemand aus dem oberen Management, wie eine Sprecherin sagte. Größtenteils handle es sich um "einfache Ingenieure." Bei den Durchsuchungen von deren Wohnungen handelte es sich um die zweite Razzia gegen Audi nach der im vergangenen März, bei der unter anderem zwei Audi-Standorte durchsucht wurden.

sti/kle (afp, dpa, rtr)