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Deutsch-französischer Achsenbruch

Christoph Hasselbach24. Mai 2012

Beim EU-Sondergipfel war nicht mehr viel Gemeinsamkeit zwischen den beiden Ländern zu spüren. Merkel und Hollande ziehen in verschiedene Richtungen.

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Merkel, Hollande, Monti (Foto:reuters)

Mit dem neuen französischen Präsidenten François Hollande ist einiges anders geworden auf europäischer Gipfelebene, auch stilistisch: Statt wie sein konservativer Vorgänger Nicolas Sarkozy mit dem Flugzeug reiste der Sozialist Hollande mit dem Zug an. Und mit Hollande reiste der spanische Ministerpräsident Mariano Rajoy. Zuvor war es Sitte gewesen, dass sich der französische Präsident kurz vor dem Gipfel mit der deutschen Bundeskanzlerin abstimmte. Es ist kein Geheimnis, dass Merkel und Hollande auch inhaltlich auseinanderliegen.

Hollande ist für europäische Gemeinschaftsanleihen oder Eurobonds, Merkel lehnt sie entschieden ab. Trotzdem wollte Hollande nichts von einem Streit wissen. "Wir sind nicht hier, um eine Konfrontation zu haben. Wir sagen uns, was wir denken, um das Wachstum anzukurbeln. Eurobonds gehören zu dieser Diskussion." Ihm sprang der belgische Ministerpräsident und Mitsozialist Elio di Rupo bei. Ihm fehle "eine Strategie, das Wachstum anzukurbeln und den Bürgern, vor allem den jungen Leuten, die Hoffnung zurückzugeben. Man darf nicht denken, dass Europa nur aus Sparen besteht."

Verhärtete Fronten bei Eurobonds

Tatsächlich sind sich alle einig, dass die rezessionsgeplagte EU Wachstum braucht. Ohne Wachstum kein Defizitabbau. Die Arbeitslosigkeit, vor allem unter Jugendlichen, hat in einigen Ländern erschreckende Ausmaße angenommen. Doch über die Art des Wachstums gehen die Meinungen auseinander. Bildungsinvestitionen, die Förderung großer Infrastrukturprojekte durch sogenannte Projektanleihen, eine Stärkung der Europäischen Investitionsbank und die bessere Verwendung europäischer Fördergelder - über all das lässt Bundeskanzlerin Merkel mit sich reden. Nicht aber über Eurobonds.

EU: weiter Streit um Euro-Bonds

"Ich weise auf die Rechtslage hin. Die Verträge verbieten eine Übernahme gegenseitiger Haftung. Darunter fallen nach unserer Auffassung auch Eurobonds", so die Kanzlerin. Außerdem seien sie "kein Beitrag, um das Wachstum in der Eurozone anzukurbeln". Die jahrelang sehr ähnlichen Zinssätze hätten ja gerade "zu schweren Fehlentwicklungen geführt." Merkel befürchtet steigende Zinsen für Deutschland und falsche Anreize.

Das sieht auch ihr schwedischer Parteifreund, Ministerpräsident Fredrik Reinfeldt so, dessen Land allerdings der Währungsunion ferngeblieben ist. "Ich bin sehr skeptisch, was Eurobonds betrifft. Sie schaffen ein Umfeld, in dem gutes Verhalten bestraft wird, und die, die mehr tun sollten, bekommen eine gewisse Erleichterung. Deswegen glaube ich, dass sie für beide Seiten das falsche Signal setzen." Entschieden haben die Staats- und Regierungschefs aber ohnehin nichts bei diesem Sondergipfel, weder zu Eurobonds noch zu Wachstumsinitiativen. Das dürfte erst beim nächsten regulären Gipfel Ende Juni passieren.

Angst vor der Wahl in Griechenland

Bis dahin allerdings wird noch eine andere und wohl noch wichtigere Entscheidung gefallen sein. Die Griechen werden kurz vorher ein weiteres Mal gewählt haben. Nach verbreiteter Ansicht wird es eine Abstimmung für oder gegen den Abschied des hochverschuldeten Landes vom Euro sein. Die Staats- und Regierungschefs haben versucht, eine positive Botschaft an Griechenland zu senden. Doch man kann sie auch als Drohung verstehen, als Kommissionspräsident José Manuel Barroso sagte: "Wir wollen, dass Griechenland in der Eurozone bleibt. Wir stehen zu Griechenland. Wir erwarten natürlich, dass Griechenland die Vereinbarungen einhält."

Akropolis vor dunklen Wolken © anastasios71 #36235068
in Griechenland könnte sich die Zukunft des Euro entscheidenBild: Fotolia/anastasios71

Das heißt, wählen die Griechen mehrheitlich Parteien, die die Sparauflagen der internationalen Kreditgeber ablehnen, könnten die Gläubiger den Geldhahn zudrehen und das Land in die Pleite treiben. Und ein Bankrott könnte andere schwache Länder der Währungsunion wie Spanien noch mehr in Bedrängnis bringen. Spanien muss schon jetzt Kreditzinsen bezahlen, die nach Ansicht von Ministerpräsident Rajoy für das Land nicht mehr lange tragbar sein werden.

Die Erwartungen an diesen "brainstorming"-Gipfel waren von vornherein gering. Beim regulären Gipfel in fünf Wochen könnte es aber wirklich um Sein oder Nichtsein gehen.