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Deutsch-österreichischer Konfliktkurs

Nina Werkhäuser28. November 2003

Zwischen Deutschland und Österreich herrscht in wichtigen Europafragen nach wie vor Uneinigkeit. Bei dem Treffen stellte sich heraus, ob die Gemeinsamkeiten wichtiger sind als die Konflikte.

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Schröder und Schüssel sprechen über europapolitische Fragen.Bild: AP

Deutschland und Österreich sind in wichtigen Europa-Fragen weiter auf Konfliktkurs. Ein Stein des Anstoßes: die EU-Einigung in Sachen Stabilitätspakt. Auch bei einem Treffen von Bundeskanzler Gerhard Schröder mit seinem Wiener Amtskollegen Wolfgang Schüssel am Donnerstag (27.11.) in Berlin konnten die Differenzen nicht beigelegt werden.

Der österreichische Bundeskanzler Wolfgang Schüssel ist nicht damit einverstanden, dass das Defizitverfahren gegen Deutschland und Frankreich auf Eis gelegt worden ist. Die Regierungen in Berlin und Paris hatten durchgesetzt, dass Deutschland und Frankreich von der EU-Kommission keine weiteren Sparauflagen aufgebrummt bekommen, obwohl beide Länder die Regeln des Stabilitätspakts verletzt haben – sehr zum Missfallen der Regierung in Wien: "Wir hätten es gerne gesehen, wenn wir im Stabilitätspakt geblieben wären", so Schüssel.

Schüssel: Stabilitätspakt muss überarbeitet werden

Der österreichische Bundeskanzler plädierte nach seinem Gespräch mit Bundeskanzler Gerhard Schröder dafür, dass die EU-Kommission den Stabilitätspakt überarbeitet und dabei die Erfahrungen aus der aktuellen Krise einfließen lässt. Von einer Klage gegen das umstrittene Votum der EU-Finanzminister zugunsten Deutschlands und Frankreichs hält Schüssel allerdings nichts: "Eine solche Auseinandersetzung dauert in der Regel rund zwei Jahre, und so lange können wir nicht warten." Statt dessen sei es notwendig, jetzt ehrlich über die Situation zu reden und glaubhafte Spielregen einzuführen. "Klagen vergiften weiter das Kima", so Schüssel. Das meint auch der deutsche Bundeskanzler, wenigstens in diesem Punkt sind die beiden Regierungschefs also auf einer Linie.

Wieviele Kommissare braucht die Union?

Auf einem weiteren Feld der Europapolitik waren beide jedoch unterschiedlicher Meinung: Österreich wünscht sich, dass auch in Zukunft jedes Land in der EU-Kommission einen eigenen Kommissar hat, also auch die kleinen. Bundeskanzler Gerhard Schröder dagegen unterstützt das Modell des Konvents, nachdem in einer EU mit 25 Mitgliedern nicht mehr jedes Land einen Kommissar stellen kann: "Es macht ja auch gar keinen Sinn, so zu tun, als wenn wir nicht unterschiedlicher Auffassung in der ein oder anderen Frage wären", sagt Schröder. Aber er glaube nicht, dass an diesen unterschiedlichen Auffassungen die Konferenz scheitern könne.

Es ist das erste Mal seit sechs Jahren, dass ein österreichischer Bundeskanzler zum Staatsbesuch in Deutschland ist. Die Kommunikation zwischen beiden Regierungen war dadurch gestört, dass Deutschland sich im Jahr 2000 an den Strafmaßnahmen der EU gegen Österreich beteiligt hat. Diese waren eine Reaktion darauf, dass der konservative Schüssel (ÖVP) die rechtspopulistische FPÖ in seine Regierung geholt hatte.

Gemeinsamkeiten wichtiger als Konflikte

Zwar regiert Schüssel immer noch zusammen mit der FPÖ, aber die Wogen haben sich längst geglättet. "Wir haben die Geschichte Geschichte sein lassen", sagten beide Bundeskanzler nach ihrem Gespräch, denn die Gemeinsamkeiten seien schließlich weit wichtiger als die alten Konflikte.