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Der Winter ist die Zeit des Glaubens

27. Dezember 2014

Auch wenn der Winter noch so trist erscheint, so sammelt die verstummte Natur Kraft zum Leben und der Mensch die Kraft des Glaubens - gegen jeden Augenschien, so P. Gerhard Eberts von der katholischen Kirche.

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Deutschland Winterlandschaft
Bild: Michael Zimberov - Fotolia.com

Wir haben Winter. In Europa. Die Natur nimmt sich zurück. Dunkelheit herrscht statt Helle, Kälte statt Wärme, tristes Grau statt bunter Farben. Wenn wir Glück haben, liegt die Natur wenigstens unter einer weißen Schneedecke. Aber auch sie gleicht eher einem Leichentuch als einer Daunendecke.Manchen kommt diese Stimmung gerade recht. Sie sprechen von „winterlichen Zeiten“ in der Kirche und in der Gesellschaft. Auf dem zugefrorenen Acker wächst kein Korn.

Dem widerspricht die Autorin Theresia Hauser: „Der Winter ist eine Zeit der Hoffnung, eine Zeit des Glaubens“, schreibt sie. „Manches Samenkorn wird schon im Herbst in die Erde gesät und stirbt. Unsere Augen nehmen nicht teil an der geheimnisvollen Wandlung vom Tod zum Leben. Der Winter ist die Zeit des Glaubens.“

Es muss doch Frühling werden

Wir dürfen die Erfahrungen mit der Natur auf unser Leben übertragen. Manches Gute wurde ausgesät, aber scheinbar wächst es nicht. Liebe wurde geschenkt, aber sie wird nicht beantwortet. Alles liegt scheinbar fruchtlos wie unter einer Schneedecke. Es zeugt von menschlicher Größe, dennoch den Mut nicht zu verlieren und die Geduld nicht aufzugeben. Ich halte es mit dem unerschütterlichen Optimismus des Mathias Claudius: „Und dräut der Winter noch so sehr, es muss doch Frühling werden.“

Vor allem aber halte ich es mit Jesus, der uns versichert: „Nur wenn das Samenkorn stirbt, bringt es viele Frucht.“ Sein eigenes Leben hat er so verstanden. Für die Außenwelt ist er am Kreuz gestorben, als Gescheiterter. Der Glaube aber sagt, dass er auferstanden ist und dass er, das Weizenkorn, reiche Frucht bringt. Ist es eigentlich so selbstverständlich, dass Frühling wird? Manchmal stelle ich mir vor, wie es wäre, wenn der Samen nicht mehr keimen würde, wenn die Saat nicht aufginge und wenn die Bäume keine Blätter mehr treiben würden. Nicht laut und spektakulär, sondern still und leise würde die Natur ihren Dienst versagen. Die Wirkung wäre katastrophal. Es wäre das Ende, ohne dass die Sterne vom Himmel fallen müssten.

Doch so ist die Natur nicht. Ihr Schöpfer hat sie mit einem unerschöpflichen Willen zum Leben beschenkt. Dem dient sogar der Winter. Mit seinem todesähnlichen Schlaf bewirkt er, dass sich alle Kräfte für den Frühling sammeln. Wir können von der Natur lernen: auf Zeiten der Betriebsamkeit und des Erfolges sollten Zeiten der Ruhe und der Besinnung folgen. Nach der Aussaat darf man nicht ungeduldig im Boden stochern, um zu sehen, ob etwas wächst, sondern muss das Warten und die Geduld lernen.

Gott sät – mit kaiserlicher Geste

Zur Zeit Jesu betete der Bauer, bevor er den Acker pflügte und die Saat ausstreute: „Herr, unsere Sache ist das Rote, aber das deine ist das Grüne; ich bin der Ackermann und du bist der Spender.“ Rotbraun waren in Palästina die Felder, bevor sie beackert wurden. Aber sobald die Saat aufkeimte, wurde das Land zu einem grünen Teppich. „Ich bin der Ackermann“, betete der Bauer. Er betete, weil er nur einen primitiven Pflug ohne Räder hatte, der den Boden mehr ritzte als umwarf. Das schmale, gute Land durchzogen steinige Wege. Die aufkeimende Saat war gefährdet von Distelbüschen, brennendem Wüstenwind, von giftigem Unkraut und gefräßigen Heuschrecken.

„Du bist der Spender“, vertraute der Bauer. Er vertraut darauf, dass die Saat gut ist, dass sie aufgeht, auch unter erschwerten Bedingungen. Jesus greift diese Erfahrung des palästinensischen Bauern in einem Gleichnis auf. Er versichert, Gott sät seine gute Saat mit „kaiserlicher Geste“ aus. Das heißt, er nimmt es in Kauf, dass bei der Aussaat „einiges auf den Weg, anderes unter die Dornen und wieder anderes zwischen die Felsen fällt“. Er nimmt es in Kauf, weil nur so der Same auch auf guten Boden fällt. Und dort, wo die Saat guten Boden vorfindet, bringt sie reiche Frucht. Das Gleichnis sagt uns, dass es unsere Sache ist, den guten Boden zu bereiten.

Das wünschen wir uns auch für das bald beginnende neue Jahr. Auch im neuen Jahr schenkt Gott die Saat. Mit kaiserlicher Geste.

Zum Autor: P. Gerhard Eberts, geboren im Sauerland, ist Missionar von der Heiligen Familie (MSF). Nach Priesterweihe und Journalistenausbildung war er von 1968 bis 2011 Chefredakteur der Ordenszeitschrift „Sendbote“. Gleichzeitig war er bis 1984 Redakteur der Monatszeitschrift Weltbild. Zwischen 1991 und 2000 war er Studienleiter und Dozent beim Institut zur Förderung publizistischen Nachwuchs (ifp) in München. Von 2002 bis 2010 war er verantwortlich für die Pressearbeit der Katholischen Akademie in Bayern, München. Heute arbeitet er als Hochschulseelsorger in der Katholischen Hochschulgemeinde Augsburg (KHG), und gibt Exerzitien.

Pater Gerhard Eberts MSF altes Format
Pater Gerhard Eberts MSFBild: Gerhard Eberts

Redaktionelle Verantwortung: Dr. Silvia Becker, Katholische Hörfunkbeauftragte