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Der Weltjugendtag - auch für die Wirtschaft ein Ereignis?

Max Borowski8. August 2005

Unternehmen und Geschäftsleute stellen sich zum Weltjugendtag auf einen Besucheransturm ein. Wie sich das Großereignis tatsächlich auf die Wirtschaft auswirken wird, kann niemand voraussagen.

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Preiswertes Souvenir:<br>Briefmarke zu 55 CentBild: AP

Rund 400.000 Pilger aus aller Welt haben sich bereits für den Weltjugendtag angemeldet. Dazu werden bis zu 400.000 nicht registrierte Tagesgäste, begleitende Erwachsene und etwa 6000 Journalisten im Rheinland erwartet. Nicht nur die Kölner Weltjugendtags GmbH und die Kirchen des Erzbistums bereiten sich auf dieses Großereignis vor. Rund 100 Million Euro umfasst allein der Etat der gemeinnützigen Weltjugendtags GmbH. Neben Personalkosten sind darin vor allem Aufträge an Großunternehmen wie den internationalen Baukonzern Bilfinger Berger und die kanadische Cateringfirma Sodexho enthalten. Bilfinger Berger baut im Westen von Köln das Marienfeld für die Abschlussmesse mit dem Papst. Sodexho übernimmt die gesamte Lebensmittelversorgung der erwarteten 400.000 registrierten Pilger.

Längere Ladenöffnungszeiten

Doch neben den großen Konzernen hoffen auch die Geschäftsleute in der Region von der voraussichtlich größten Menschenansammlung in der deutschen Geschichte zu profitieren. Auf Druck der Einzelhändler hat die Bezirksregierung Köln Sonderregelungen für die

Ladenöffnungszeiten in den größeren Städten während des Weltjugendtags verfügt. Auch für die Gastronomie gibt es für die Zeit des Treffens in einigen Kommunen Ausnahmen. Begründung: Die Versorgungslage. Trotz der ungeheuren Zahl von bis zu einer Million Gästen und der Möglichkeit an einigen Tagen länger zu öffnen (teilweise sogar rund um die Uhr), knüpfen die Händler in den Innenstädten keine allzu hohen Erwartungen an das Geschäft mit den Pilgern, sagt Uwe Klein, Hauptgeschäftsführer des Kölner Einzelhandelsverbands. "Man muss einfach berücksichtigen, es kommt eine Klientel nach Köln, die sicherlich nicht sehr viel Geld in der Tasche hat. Hauptsächlich wird es wohl darum gehen, diese Besucher und Gäste, die in großer Zahl kommen werden, entsprechend zu versorgen. Und es wird sich also vielfach auf Lebensmittel, auf Getränke, konzentrieren. Und natürlich werden auch Souvenirs gefragt werden."

Jugendliche nicht sehr kaufkräftig

Köln - Altstadt
Die Kölner Gastronomie freut sich - vielleichtBild: Günther Ventur / Stadt Köln

Unklar ist bisher nicht nur, wie viele Besucher tatsächlich kommen werden, sondern auch, was und wie viel sie konsumieren werden. Während ein "gewöhnlicher" Tourist in der Region, nach Schätzungen der Bonner Wirtschaftsförderung, etwa 60 bis 100 Euro pro Tag ausgibt, gehen die Experten bei den jugendlichen Pilgern auf jeden Fall von weit weniger aus. Zahlen von den vergangenen Weltjugendtagen liegen nicht vor. Allerdings sei von dort berichtet worden, dass sich die Besucher etwa in drei Gruppen aufteilen lassen, erzählt Matthias Johnen, der Geschäftsführer vom Deutschen Hotel und Gaststättenverband Nordrhein: "Es scheint eine einigermaßen gesicherte Erfahrung zu sein von den anderen Weltjugendtagen, dass ungefähr ein Drittel der Personen, die da Gäste sein werden, tatsächlich zum so genannten Beten kommen, ein weiteres Drittel wird sich hier mit Sightseeing beschäftigen und das letzte Drittel wird, im weitesten Sinne Konsum oder auch Shopping machen."

"Pilgerteller" auf der Speisekarte

Wie die Einzelhändler stellen sich auch die Gastronomen in der Region auf eine in der Mehrheit wenig kaufkräftige Kundschaft ein. Mit erhöhten Preisen während des Weltjugendtages rechnet Johnen deshalb nicht. In Bonn werden einige Restaurants so genannte "Pilgerteller" in ihre Karte aufnehmen. Einfache Gerichte gibt es für weniger als fünf Euro. Mehr Gewinn versprechen sich die Gastronomen da von den zu erwartenden Tagestouristen und vor allem von den etwa 6000 Journalisten aus aller Welt. Die sollen deutlich zahlungskräftiger sein als die Jugendlichen. Vor allem aber sollen sie zu einer größeren Bekanntheit der Region und ihrem gastfreundlichen Image beitragen. In diesem Sinne setzt das Gastgewerbe aber auch auf jeden einzelnen Pilger als "Gast von Morgen", wie Johnen erläutert. "Das sind auch namentlich Personen, die Jugendliche oder junge Erwachsense sind, also im Grunde genommen das Leben noch vor sich haben, inklusive auch der Möglichkeit da natürlich im späteren Zeitraum auch mit einem anderen Budget Reisen zu unternehmen. Darauf wird natürlich ein gewisses Augenmerk gelegt werden."

Zusätzliches Personal wird nicht eingestellt

Zusätzliche Einstellungen um dem Andrang während des Weltjugendtages Herr zu werden, wird es wohl kaum geben. Sowohl Handel als auch Gastgewerbe wollen das Ereignis nach Angaben der Verbände mit dem vorhandenen Personal bewerkstelligen. Die Betriebe hätten sich bereits seit Monaten darauf eingestellt, heißt es. Vielfach gelten Urlaubssperren vom 15.-21. August. Auch Großcaterer (Lieferant von Speisen und Getränken) Sodexho benötigt kaum zusätzliche Arbeitskräfte für seine Mammutaufgabe. Die Firma wird mit 500 Angestellten aus ganz Europa vor Ort sein. Bei der Essensausgabe stehen ihnen freiwillige Helfer des Weltjugendtages zur Seite.

Letztlich, so betonen alle Beteiligten, dürften die ökonomischen Aspekte bei einem solchen Veranstaltung nicht zu sehr im Vordergrund stehen. Mangels fundierter Prognosen sind sowohl die kurzfristigen als auch die langfristigen Auswirkungen auf die lokale Wirtschaft

nicht abzuschätzen. Das meint auch Nina Schmedding. Die Sprecherin des Weltjugendtags bezweifelt auch, dass tatsächlich jeweils genau ein Drittel der Pilger beten, shoppen oder auf Besichtigungstour gehen wird. "Unser Geschäftsführer hat das als Erfahrung vom Weltjugendtag in Toronto, wo er auch selber war, mitgebracht. Ob das jetzt stimmt? Das bleibt einfach abzuwarten. Eine Untersuchung darüber, wie das Verhalten der Pilger ist, gibt es jedenfalls nicht. Ich glaube das bleibt einfach abzuwarten. Das hängt bestimmt auch viel vom Wetter ab."