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Der Verteidigungsminister in der Defensive

11. Dezember 2009

Nachdem bekannt wurde, dass auch die Sondereinheit KSK an dem umstrittenen Luftangriff nahe Kundus beteiligt war, hat Verteidigungsminister Guttenberg erneut Fehler einräumen müssen. Trotzdem bleiben viele Fragen offen.

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Karl-Theodor zu Guttenberg bei einem Besuch im Bundeswehr-Feldlager in Kundus am 13.11.2009 (Foto: dpa)
In die Defensive geraten: Karl-Theodor zu GuttenbergBild: picture-alliance/ dpa

Es war eine Entschuldigung, die viele Fragen offen ließ: "Ich habe eine Fehleinschätzung am 6. November vorgenommen und dies auch öffentlich eingestanden", sagte Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg am Donnerstagabend (10.12.2009) in der ZDF-Sendung "Maybrit Illner". "Dafür lasse ich mich gerne prügeln." Er wolle nun umfassend und ohne Vorbehalte informieren. Soweit, so klar. Keine Auskunft gab der Minister in der Frage, warum er nun zu einer völlig neuen, seiner ersten Position widersprechenden Einschätzung des Luftangriffs bei Kundus kommt. Ebenfalls unklar ist, warum Guttenberg bei seiner ersten Bewertung des Angriffs am 6. November nicht stärker auf einen vom Magazin "Stern" öffentlich gemachten Bericht des Internationalen Roten Kreuzes zu dem Luftschlag eingegangen ist, in dem 74 Tote aufgelistet und Völkerrechtsverletzungen angeprangert werden.

Opposition fordert umfassende Aufklärung

Nach Informationen der "Bild"-Zeitung war auch die streng geheim agierende Eliteeinheit der Bundeswehr - das "Kommando Spezialkräfte" (KSK) - am umstrittenen Luftangriff beteiligt. Die Tatsache, dass erneut Medien weitere Details in der Kundus-Affäre aufdeckten, lässt bei Beobachtern die Frage aufkommen, wie ernst es Guttenberg mit der angekündigten umfassenden und vorbehaltslosen Aufklärung ist.

Soldaten des KSK bereiten bei einer Übung in Calw das Abseilen aus einem Hubschrauber vor (Foto: AP)
Geheimer Auftrag: Soldaten des KSK waren bei der Operation beteiligtBild: AP

In der Opposition hegt man demzufolge Zweifel an der Informationspolitik des Verteidigungsministeriums: "Bis dato kann man wirklich den Eindruck haben, dass Informationen immer nur dann geliefert wurden, wenn die Presse darüber berichtet hat", sagte der SPD-Obmann im Verteidigungsausschuss, Rainer Arnold. Er kritisierte, dass der Bundestag nicht darüber informiert war, dass das Kommando Spezialkräfte an der Entscheidung über den umstrittenen Angriff auf zwei Tanklastzüge maßgeblich beteiligt war. "Wir hatten keinerlei Informationen, dass KSK-Soldaten einbezogen werden. Die Fragen werden jetzt drängender", sagte Arnold. Auch die Linke und die Grünen forderten, den zuständigen Obleuten im Bundestag sofort und nicht erst im geplanten Untersuchungsausschuss zur Kundus-Affäre weitere Informationen zu geben.

Klein offenbar von KSK-Offizieren beraten

Zu dem Wirbel um die angebliche KSK-Beteiligung sagte ein Ministeriumssprecher, dass die Obleute des Verteidigungsausschusses am 6. November über die "Taskforce 47 - TF 47" informiert worden seien. Bei der "TF 47" handelt es sich um eine geheime Einheit der KSK, aus deren Kommandostand laut "Bild"-Bericht der gesamte Einsatz geführt wurde. Der Kommandeur des deutschen Feldlagers in Kundus, Oberst Georg Klein, soll von fünf Offizieren und Unteroffizieren der "TF 47" beraten worden sein.

Oberst Georg Klein (Foto: AP)
Der Bundeswehrverband sieht ihn entlastet: Oberst Georg KleinBild: AP

Auch ein Mitarbeiter des Bundesnachrichtendienstes (BND) soll nach Angaben der "Leipziger Volkszeitung" an der Planung und den Entscheidungen zum Luftangriff beteiligt gewesen sein. Den Ermittlern, die den Luftschlag für die NATO untersuchten, sei laut "Bild"-Zeitung das geheime TF47-Einsatzprotokoll nicht gezeigt worden. Die deutsche Seite habe dabei auf nationale deutsche Geheimhaltungsvorschriften verwiesen.

Guttenberg braucht nun selbst Rückhalt

Der Bundeswehrverband sieht vor dem Hintergrund der neuen Erkenntnisse zum Einsatz der KSK Oberst Klein entlastet. Die Beteiligung der Bundeswehr-Sondereinheit korrigiere den Eindruck, als sei "Klein ganz allein gewesen", sagte Verbandschef Ulrich Kirsch. Auch Guttenberg stellte sich erneut ausdrücklich hinter den für den Angriff verantwortlichen Oberst Klein, wohl auch, um der eigenen Truppe Rückhalt zu demonstrieren.

Rückhalt kann der Verteidigungsminister nun selbst gebrauchen. Am nächsten Mittwoch konstituiert sich ein Untersuchungsausschuss im Bundestag zur seit Wochen andauernden Kundus-Affäre. Dann wird sich auch Guttenberg den zahlreichen ungeklärten Fragen stellen müssen.

Autor: Joscha Weber (dpa, afp, ap)
Redaktion: Ursula Kissel