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"Der Völkermord und die Kriegsleiden dürfen nicht vergessen werden"

10. Oktober 2003

- Einstige Bewohner der ehemaligen polnischen Ostgebiete gründen Vertriebenenverband - Entschädigungsforderungen an UdSSR-Nachfolgestaaten nicht ausgeschlossen

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Warschau, 9.10.2003, PAP, poln.

Durchsetzung von Entschädigungen für Eigentum, das die Polen im Osten zurückgelassen haben, Widerstand gegen ähnliche Forderungen von Deutschen an Polen sowie Dokumentation und Information - das sind die Hauptziele des Verbandes der aus den ehemaligen Ostgebieten der Republik Polen Vertriebenen.

Der Verband, der vor kurzem von einem Gericht in Katowice (Kattowitz - MD) registriert worden ist, ist in Bytom (Beuthen - MD) von Vertretern der ehemaligen Bewohner dieser Gebiete ins Leben gerufen worden. Nach Angaben des Initiators dieses Bundes, Jan Skalski, gehören zu den Gründern einstige Bewohner dieser Region aus ganz Polen sowie den USA und Deutschland. Sitz des Verbandes ist Bytom, einer der Orte, an dem die meisten Menschen aus den ehemaligen Ostgebieten der II. Republik Polen leben.

"Solcher Organisationen gibt es viele, gewöhnlich aber sind sie kultureller Natur und haben lediglich Erinnerungscharakter. Es geht ihnen in erster Linie um gemeinsames Singen oder das Sammeln von Abzeichen. Es fehlt hingegen eine Organisation, die konsequent die Respektierung des Rechts auf Entschädigung fordert und dafür sorgt, dass der Völkermord, die Kriegsleiden und die Vertreibungen von Menschen aus den ehemaligen polnischen Ostgebieten nicht in Vergessenheit geraten", erklärte Skalski am Donnerstag (9.10.).

Die Initiatoren des Verbandes wünschen, dass es eine Massenorganisation wird, der nicht nur Menschen aus den ehemaligen polnischen Ostgebieten angehören, sondern auch deren Kinder oder Enkel. Skalski versichert, dass das Interesse an einem Beitritt zu dem Verband in ganz Polen sehr groß sei, auch unter Jugendlichen. Noch im ersten Halbjahr des kommenden Jahres soll ein Kongress des Verbandes stattfinden, auf dem die leitenden Organe gewählt werden.

Die Bewohner der ehemaligen polnischen Ostgebiete sind der Ansicht, dass ihnen nach den Nachkriegsverträgen und nach Auslegung des Obersten Gerichts eine "volle Wiedergutmachung" für das im Osten zurückgelassene Eigentum zustehe. Nach Skalskis Meinung wird dieses Recht nicht geachtet, daher schließt diese Bevölkerungsgruppe nicht aus, dass sie sich an internationale Institutionen wenden und an die Staaten der ehemaligen UdSSR Forderungen stellen wird.

"Da der polnische Staat seinen im Jahre 1945 übernommenen Verpflichtungen nicht nachkommt, werden wir nach juristischen Wegen suchen, um die internationalen Verträge von 1945 zu unterminieren, sie als ungültig und nicht erfüllbar anzuerkennen und über rechtliche Möglichkeiten von Entschädigungen durch die Staaten nachzudenken, die rechtswidrig unsere Gebiete und unser Eigentum erhalten haben", sagte Skalski.

Die Initiatoren des Verbandes sind der Meinung sind es nach den internationalen Definitionen gerade die Menschen aus den ehemaligen polnischen Ostgebieten, auf die der Begriff "Vertriebene" zutreffe, da sie die ehemaligen Gebiete der Republik Polen verließen, weil gegen das Völkerrecht verstoßen wurde, weil wie ihr Eigentum, ihre Gesundheit und ihr Leben bedroht sahen, wofür die in diesen Gebieten begangenen sowjetischen Verbrechen ein Beweis seien. Die Ausreise von Deutschen aus den heutigen polnischen Westgebieten hingegen erfolgte nach Skalskis Worten etappenweise. Erst sei es die Flucht vor der Front gewesen, dann seien internationale Vereinbarungen der Grund gewesen. Das erfülle nicht die Kriterien einer Vertreibung.

Skalski betonte, der Vertriebenenverband richte sich nicht gegen irgend jemanden. Eines seiner Ziele sei "die Verbreitung der Wahrheit über die Bedrohung der Lebensinteressen Polens und seiner Bürger (der heutigen Bewohner der so genannten wiedergewonnenen Gebiete) durch die Ansprüche der Deutschen, die einst diese Gebiete bewohnten, durch deren Forderungen nach Entschädigung für das Eigentum, das sie zurückgelassen haben."

Der Verband will informieren und dokumentieren, Publikationen herausgeben, organisatorische und juristische Hilfe erteilen unter anderem in Fragen einer möglichen Entschädigung für das im Osten zurückgelassene Eigentum. Er will auch die Rückgabe der entwendeten nationalen Kulturschätze anstreben.

Der Mitbegründer des Verbandes Jan Skalski ist auch Präsident des Weltkongresses ehemaliger Bewohner der polnischen Ostgebiete, dem - wie er sagte - 44 Organisationen dieser Bevölkerungsgruppe aus der ganzen Welt angehören. In Bytom gibt es ein entsprechendes Zentrum, das von Skalski gegründet wurde. (TS)