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Der Traum vom deutschen Fußball-Himmel

Vera Möller-Holtkamp23. Juni 2006

Im Trubel der Fußball-WM wäre beinahe untergegangen, dass im nächsten Jahr bereits das nächste Highlight wartet: die Frauen-WM in China, bei der Deutschlands Fußballerinnen ihren Titel verteidigen wollen.

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So wie hier 2003 wollen die Frauen auch in China 2007 den WM-Titel holenBild: AP

Im Schatten der WM hat in Berlin bereits ein weiteres Fußball-Ereignis stattgefunden. Die FIFA enthüllte im Beisein der chinesischen Fußball-Legende Sun Wen den Ball für die Frauenfußball-Weltmeisterschaft 2007 in China. Ein weißes Rundleder mit roten und blauen Elementen - den Farben Chinas. Die deutschen Weltmeisterinnen durften den Ball schon mal ausprobieren, mit Nachwuchsspielerinnen aus Deutschland.

7:1 gegen Rußland
Ariane Hingst im Einsatz, hier beim 7:1 gegen Rußland bei der WM 2003Bild: AP

Leichtfüßig gleitet Ariane Hingst, deutsche Nationalspielerin und Weltmeisterin, über den Rasen der Adidas-Arena vor dem Brandenburger Tor. Hier steht ein Ministadion, wo alle kicken dürfen. Fans jeden Alters und die Stars. Ariane Hingst im roten Trikot spielt in der Abwehr der aktuellen deutschen Frauen-Fußball-Nationalmannschaft. In einem Spaßspiel tritt sie mit sechs ihrer Kolleginnen gegen eine neunköpfige Berliner Nachwuchstruppe an. Auch dabei: Aylin Yaren von Tennis Borussia Berlin. Für sie ist Ariane Hingst der Stern am Horizont, ein Vorbild für ihre Karriere.

Romantische Gedanken an den Bolzplatz

"Mein Traum ist, auch mal so wie Ariane Hingst bei den Frauen zu spielen", sagt Aylin. Da wird der Beruf zur Nebensache. "Erst mal will ich Fußballprofi werden und dann mal sehen." Auch die 15-jährige Allessia Kuzian vom 1. FC Wilmersdorf träumt von einer Profifußball-Laufbahn. Sie beide gehören zu der neuen Mädchen-Generation in Deutschland, für die Frauenfußball ganz normal ist. Sie müssen sich kaum noch rechtfertigen, warum sie als Mädchen Fußball spielen. Allessia wirft ihren brünetten Pferdeschwanz zurück und lächelt.

Frauen-Länderspiel Deutschland - China für Olympiaminisite
Die Nationalspielerin Sun Wen ist in China eine Fußball-LegendeBild: dpa

Fast romantische Gedanken kommen ihr, wenn sie an ihren Bolzplatz denkt: "Der Fußballplatz ist eigentlich der schönste Platz in meinem Leben - nach meinem Zuhause natürlich. Wenn ich mal irgendwie traurig bin oder so, gehe ich einfach mal auf den Fußballplatz, bolze ein bisschen und dann ist es gut." Auch FIFA-Präsident Joseph S. Blatter ist hier. Er ist begeistert von der rasanten Entwicklung, den der Frauenfußball in der Welt genommen hat. Bei Bundesligaspielen in Deutschland füllen immerhin schon bis zu 20.000 Zuschauer die Arenen, und allein in den USA spielen acht Millionen Mädchen Fußball, so Blatter.

Raus aus dem Schattendasein

Aber auch in Afrika und Asien werde der Sport immer populärer und erfülle dadurch eine ganz besondere Mission: "Der Frauenfußball hat sich weltweit ausgebreitet, in allen Kulturen. Auch in solchen, in denen Frauen und Mädchen nicht ohne weiteres einen gleichberechtigten Platz finden, können sie an dem universalen Sport Fußball teilnehmen." Trotzdem gibt es in Deutschland und in anderen Ländern immer noch viele Menschen, die den Frauenfußball nicht akzeptieren wollen. Die Ablehnung sei aber selten wirklich begründet, wehrt sich die amtierende deutsche Weltmeisterin Ariane Hingst: "Ich finde es nur immer schade, wenn die sagen: 'Frauenfußball gefällt mir gar nicht'. Die haben noch nie ein Spiel gesehen, weder im Fernsehen noch live im Stadion erlebt. Ich denke, der Frauenfußball hat mittlerweile ein sehr hohes Niveau erreicht."

Frauenfußball im Iran
Auch im Iran spielen Frauen inzwischen FußballBild: AP

Die deutschen Fußballerinnen sind selbstbewusster geworden. Ein leichtes Spiel für sie, denn sie sind die amtierenden Fußballweltmeisterinnen. Das müssten ihnen die Männer erstmal nachmachen, meint auch Silke Rottenberg. Sie ist die Nummer 1 im deutschen Tor: "Seit der WM 2003 haben wir unheimlich viele Kritiker überzeugen können. Wir haben uns in die Herzen der Fußballnation auch hier in Deutschland geschossen". Auch für sie hat sich der Frauenfußball aus einem Schattendasein, aus einer Randsportart zu einer wirklich interessanten Sportart entwickelt.

Ist der wahre Fußball weiblich?

Erfrischend sei der Frauen-Fußball, sagt die groß gewachsene Frau mit den weißen Torwarthandschuhen stolz. Der Ball laufe mehr im Spiel. Dadurch könne man die Spielkultur mit all ihren taktischen Spielzügen gut verfolgen. Ist der wahre Fußball dann also weiblich? So überheblich sind die Fußballer-Damen nicht. Kluge Ratschläge will Weltmeisterin Silke Rottenberg der Klinsmann-Elf auch nicht erteilen: "Ach, ich denke, die machen alles richtig. Jürgen Klinsmann hat ein super Team um sich geschaffen. Das ist so homogen. Das merkt man einfach. Die haben Spaß." Und auch die super Stimmung, die in der Mannschaft herrsche, und was sie bis jetzt präsentiert habe, sei einfach positiv. Im Spiel am Samstag (24.6.) drückt sie den Jungs ganz kräftig die Daumen, dass die auch das Viertelfinale erreichen.

Deutschland Frauenfußball Torhüter Silke Rottenberg
Volle Konzentration: Deutschlands Torfrau Silke RottenbergBild: AP

Die Deutschen Fußballerinnen sind bei der derzeitigen WM nur Zaungäste des Geschehens. Sie konzentrieren sich schon auf ihre nächste Herausforderung - die Frauen-WM im nächsten Jahre in China. Ariane Hingst träumt schon von einem deutschen Fußball-Himmel, heimlich, wie die Berlinerin hinzufügt: "Wir sind Titelverteidiger und fahren nach China und wollen natürlich den Titel verteidigen. Das wäre wunderbar. Wir werden 2003 Weltmeister, die Männer 2006, und wenn wir dann auch noch mal den Titel holen, dann ist glaube ich die ganze Fußballnation Deutschland im siebten Himmel, da kann die dann keiner mehr runter holen." Große Träume bei den Frauen. Auch sie fahren zu der Weltmeisterschaft mit nur einem Ziel: Sie wollen gewinnen, genau wie die Männer.