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Teufelswerk

Rüdiger Lentz, Washington28. September 2006

Im Land Gottes regieren Geld und Konsum in immer mehr Staaten auch am bisher geheiligten Sonntag. Das schafft dem Teufel Raum, Sünder zu gewinnen, wie eine Studie zu belegen versucht. Beobachtungen von Rüdiger Lentz.

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Dass in Amerika der Gott Mammon regiert, hat sich inzwischen auch unter Nicht-Sozialisten herumgesprochen. Zumindest von Montag bis Samstag. Wenn alle dem amerikanischen Traum von Reichtum und Glück nachjagen. Der Sonntag allerdings gehörte bisher der Familie und Gott. Zumindest im “bible-belt” und dem tief religiösen Süden Amerikas. Doch auch diese christliche Bastion wird jetzt gestürmt. Der geheiligte Sonntag droht schnöder Konsumgier und der Sünde zum Opfer zu fallen.

Drogen verfallen

Der Grund: Eine Gesetzesänderung in vielen Bundesstaaten, die das bisherige Verkaufsverbot “nicht lebensnotwendiger Güter” aufgehoben hat. So “teuflische” Verführer wie Alkohol, Zigaretten, Schmuck und Videos sind inzwischen in 37 Bundesstaaten auch am geheiligten Sonntag zu kaufen. Und schlimmer noch: Der Besuch in den amerikanischen “Konsumtempeln”, den so genannten Shopping-Malls – klimatisierten Einkaufszentren mit hunderten von Geschäften unter einem Dach – erweist sich zunehmend als attraktiver als der wöchentliche Kirchgang. Das haben zwei US-Wissenschaftler herausgefunden, die einen direkten Zusammenhang zwischen dem zurückgehenden Kirchgang und dem Sonntags-Shopping festgestellt haben. Waren es bisher noch 37 Prozent der US-Bürger, die am Sonntag die Kirchen füllten, sind es nach der Gesetzesänderung nur noch 32 Prozent: Tendenz fallend!

Und als ob das dem Teufel noch nicht genügt, hat er unter den EX-Kirchgängern auch noch den Alkoholkonsum (plus 5,5 Prozent) und den Marihuana-Genuss (plus 11 Prozent) dramatisch steigen lassen.

Keine Gefahr für Deutschland

“Was passiert, wenn Religion mit zunehmender weltlicher Konkurrenz konfrontiert wird”, lautet der Titel der Studie. Sie hat allerdings eine Frage nicht beantwortet: Warum der Alkohol – und Drogenkonsum gerade am Sonntag ansteigt, wenn die Shopping-Malls geöffnet sind. Schließlich könnte man sich mit dem Teufelszeug ja schon vorher eindecken – an den sechs anderen Tagen der Woche.

Vielleicht, vermutet Autor Hungerman von der University of Notre Dame, weil die vom Konsum verführten Kirchgänger dann mit anderen “Sündern” leichter zusammen kommen. Und das schlechte Beispiel offensichtlich ansteckend ist. Wird sich dieser Sittenverfall bald auch in Deutschland breit machen? Wohl kaum. Denn in Deutschland haben wir bereits vorexerziert, dass man den Kirchen auch ohne Aufhebung des Sonntagskaufverbots fernbleiben kann. Für den Teufel gibt es bei uns da nicht mehr viel zu holen!