1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Der Spieleerfinder

8. Februar 2010

Hat ein professioneller Spieleerfinder ein Leben wie ein großes, buntes Kinderzimmer? Jens-Peter Schliemann weiß: Ein Spiel zu entwickeln, ist harte Arbeit.

https://p.dw.com/p/Ltb0
Spieleerfinder Jens-Peter Schliemann (Foto: DW)
Bild: Catrin Möderler

Handtuchschmal, ein gemaltes Schild, im Fenster geheimnisvolle Gegenstände. Ein Laden, wie in der Winkelgasse, wo Zauberschüler Harry Potter sein magisches Zubehör kauft. Die Adresse ist allerdings nicht in London, sondern in Köln, und der Laden ist das "SpieleErfinderStudio" von Jens-Peter Schliemann. Seine Philosophie: "Ich entwickle Brettspiele, weil ich die Leute in eine andere alltägliche Realität führen möchte. Das heißt, in eine besondere Interaktion miteinander und auch in ein Gegeneinander. Aber ein attraktives Gegeneinander!"

Bei Spielen wie "Piranha Pedro", "Aronda" oder "Vampire der Nacht" können sich Kinder und Erwachsene in Sachen Geschicklichkeit und Köpfchen messen. Hinter dem vergnüglichen Zeitvertreib für die Spieler steckt für den Erfinder gewaltige Arbeit. Unzählige Stunden hat Schliemann zusammen mit seiner Erfinder-Partnerin Kirsten Becker zuletzt mit Knetmasse und fluoreszierenden Plastikkügelchen herumexperimentiert. Sie wollten etwas ganz Neues schaffen: ein Spiel, das im Dunkeln gespielt werden kann. Heraus kam "Nacht der Magier" - und entwickelte sich zum Verkaufsschlager.

In zehn Jahren von der Idee zum Spiel

Die Mäuse des Spiels Burg Appenzell (Foto: DW)
Die Mäuse des Spiels Burg AppenzellBild: Catrin Möderler

Bis zu zehn Jahre kann es dauern, bis aus einer Idee erst ein Prototyp und schließlich ein verkaufsfertiges Spiel entsteht. Vieles, das vielversprechend beginnt, erweist sich später als Irrweg. Immer wieder muss nachgebessert, umgeändert, neugestaltet werden. Für den Spieleerfinder bedeutet das ein hohes, persönliches Risiko. "Es ist ein Leidenschaftsberuf. Man kann das nur durchhalten, wenn man es wirklich will. Mal verdient man sehr viel, mal sehr wenig."

Mit 18 Spielen, einer Auflage von 300.000 Stück und internationaler Vermarktung ist Schliemann inzwischen ein Star der Branche. Fast jedes seiner Spiele ist mehrfach preisgekrönt. Zum Beispiel trägt "Burg Appenzell", das er zusammen mit dem Spieleerfinder Bernhard Weber kreiert hat, den Deutschen Kinderspielepreis.

Spiele sind etwas Integratives

Spieleerfinder Jens-Peter Schliemann mit einem Kind beim Brettspiel (Foto: DW)
Mit Kindern müssen die Spiele des Praxistest bestehenBild: Catrin Möderler

Um herauszufinden, was bei seinem Publikum ankommt, testet Schliemann seine Erfindungen regelmäßig bei einer Kindergruppe in einem Kulturzentrum in Köln. Der studierte Mathematiker legt Wert darauf, dass seine Spiele nach leicht erfassbaren Regeln funktionieren und weltweit verstanden werden können. "Spiel ist ja zunächst mal ein Miteinander, wo nicht unbedingt eine gemeinsame Sprache gebraucht wird."

Nicht zuletzt deswegen hat selbst das Computerspiel das klassische Brettspiel bis heute nicht verdrängt. Ein Drittel des gesamten Spielemarktes entfällt nach wie vor auf Autorenspiele, wie die von Schliemann. Vor der elektronischen Konkurrenz hat er ohnehin keine Angst. Sein Urteil ist klar: "Computerspiele ziehen einen immer in eine Fiktionalität oder eine Virtualität." Brettspiele dagegen verschafften "eine attraktive Realität".

Welche Realität seine Fans beim nächsten Spiel erwartet, hält er derzeit noch geheim. Dass eine neue kommt, ist aber sicher.

Autor: Catrin Möderler

Redaktion: Michael Borgers