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Skandal Kinderarbeit

12. Juni 2007

Bei Kinderarbeit stehen Erwachsene im Hintergrund, die organisieren und profitieren. Zum Weltkindertag der Vereinten Nationen ein Kommentar von Karl Zawadzky.

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Bild: DW

Kinder schuften in Peru in Steinbrüchen, tauchen auf den Philippinen nach Schwämmen, gerben in Ägypten Leder und knüpfen in Pakistan Teppiche. Experten der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) in Genf schätzen, dass weltweit 250 Millionen Kinder arbeiten.

Kinderarbeit ist deswegen so skandalös, weil die schwächsten Mitglieder der Gesellschaft nicht nur um den gerechten Lohn, sondern auch um ihre Kindheit betrogen werden. Sie arbeiten vorzeitig wie Erwachsene. Sie werden ausgebeutet und leben unter Bedingungen, die für ihre Gesundheit sowie für ihre körperliche und geistige Entwicklung schädlich sind. Kinder leben - von ihren Eltern getrennt - wie Leibeigene oder Sklaven an der Arbeitsstätte. Eine Aussicht auf eine bessere Zukunft haben sie nicht; vielmehr droht vielen der vorzeitige Tod. Doch mit Appellen ist dem Missstand nicht beizukommen. Vielmehr müssen die ökonomischen und gesellschaftlichen Ursachen erkannt und abgestellt werden.

Ergebnis der Bedingungen

Denn Kinderarbeit ist nicht das Resultat von bösem Willen, sondern ein Ergebnis der wirtschaftlichen Krise von Entwicklungsländern sowie der Wettbewerbsverhältnisse zwischen diesen Ländern und den Industriestaaten. Auf den Punkt gebracht: Die Ausbeutung von Kindern ist eine Begleiterscheinung der Armut. In fast allen Ländern der Welt ist diese Art von Arbeit verboten, doch dieser Bereich der illegalen Beschäftigung wird zur Senkung der Arbeitskosten sowie zur Aufrechterhaltung von Wettbewerbsvorteilen genutzt. So wichtig es ist, immer wieder auf diese schlimme Art der Ausbeutung hinzuweisen, so ist doch klar, dass der Kinderarbeit mit Patentrezepten, mit Erklärungen und Resolutionen nicht beizukommen ist. Beschlüsse gibt es genug, so zum Beispiel die bereits 1959 von der Vollversammlung der Vereinten Nationen angenommene Erklärung der Rechte des Kindes.

In dieser Erklärung ist festgelegt, dass Kinder nicht vor Erreichen eines geeigneten Mindestalters zur Beschäftigung zugelassen oder gezwungen werden dürfen, dass sie keine Arbeit verrichten müssen, die ihrer Gesundheit, Bildung und weiteren Entwicklung schadet. Eine Konvention der Internationalen Arbeitsorganisation sieht zwölf Jahre

als Mindestalter für leichte Arbeit vor; die Berufstätigkeit noch jüngerer Kinder ist ganz verboten. Klar ist aber auch, dass Kinderarbeit nicht ausschließlich aus dem Blickwinkel wohlhabender Industriestaaten betrachtet werden kann, die diese Form der Ausbeutung seit Jahrzehnten überwunden haben. Denn es gibt Entwicklungsländer, in denen ein 16-Jähriger als Erwachsener gilt, verheiratet ist und selbst Kinder hat.

Massenarbeitslosigkeit Normalität

In vielen Ländern der Dritten Welt gehört Massenarbeitslosigkeit zur Normalität; Arbeitslosenversicherung oder andere staatliche Unterstützung gibt es nicht. Unter diesen Umständen ist die Arbeit von Kindern für viele Familien eine wichtige Quelle zusätzlichen Einkommens, gelegentlich ist sie die einzige. Aber Kinderarbeit erhöht die Arbeitslosigkeit der Erwachsenen; sie vergrößert die Ungleichheit bei Einkommen und Wohlstand. Da Kinderarbeit ein Resultat der Armut ist, kann sie nicht isoliert behoben werden. Wie übrigens auch in der europäischen Wirtschaftsgeschichte wird sie erst dann auszumerzen sein, wenn eine breite wirtschaftliche und soziale Entwicklung sie überflüssig macht. Dabei ist eines klar: Investitionen in Bildung und Ausbildung bringen mittel- und langfristig der Gesellschaft insgesamt den höchsten Gewinn. Insofern gehören Kinder - auch abgesehen vom humanitären Aspekt - auf die Schulbank und nicht an die Werkbank.