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Der Sexualdemokrat

Petra Tabeling 6. Juni 2002

Dieser Mann erhitzte die deutschen Gemüter in den 60er und 70er Jahren. Heute hat Oswald Kolle - "Aufklärer der Deutschen" eine neue Mission: Sexualität im Alter. Wie - das erläutert er bei DW-WORLD.

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Oswald Kolle warb in den Kinos für mehr Offenheit in deutschen BettenBild: DHM

Vor dreißig Jahren sahen ihn die meisten konservativen Deutschen am liebsten hinter Gittern: Oswald Kolle spaltete mit seinen Aufklärungsfilmen, -büchern und -vorträgen die deutsche Republik. Denn zum ersten Mal wagte es jemand das Tabuthema Sex anzugehen. Damals verurteilte die linksliberale Szene die deutsche Bürokratie: "Unter den Talaren - der Muff von Tausend Jahren". Aber muffig war es damals auch in deutschen Ehebetten.

Che Guevara der sexuellen Revolution

Da musste dringend etwas geschehen. Die Liebe lernen, das könne man nicht, aber "Liebe machen" schon, befand Kolle. Und so startete der gelernte Journalist seine Aufklärungskampagnen in den 60er Jahren zunächst in deutschen Illustrierten, dann in Büchern. Und mit seinen Schriften, die für sexuelle Offenheit der Partner sorgen sollten, stieß er auch auf internationales Interesse.

Unter deutschen Daunen

Dein Mann das unbekannte Wesen
Dein Mann das unbekannte Wesen - FilmplakatBild: DHM

Umstritten, aber legendär wurde Kolle mit seinen Aufklärungsfilmen, die nicht nur Millionen Deutsche in die Kinos lockte. "Das Wunder der Liebe - Sexualität in der Ehe" oder "Dein Mann - das unbekannte Wesen" wurden zwar 1968 Publikumserfolge, landeten aber auch in der Top-Liste der Zensur. Fühlten sich ehemalige Kinogänger von damals aufgerüttelt es Kolles Filmen gleichzutun und im Bett offen über Sex zu reden, fühlten sich andere regelrecht bedroht: "Herr Porno persönlich" wurde Kolle schlichtweg genannt, ausgebuht und mit Eiern beworfen.

Der Sexaufklärer Oswald Kolle
Nackte Tatsachen: Oswalt Kolle mit FamilieBild: AP

Kleine Wäsche waschen in den Niederlanden

Sein Ziel sei es damals gewesen über Sexualität offener zu reden, meint Kolle. "Was ich damals gemacht habe, war ja eine große Wäsche und jetzt kommt die Feinwäsche", so der "Aufklärer der Nation" zu DW-WORLD. Und der "Feinwäsche" gibt es genügend: Heute ist Kolle auf internationalem Parkett unterwegs und hält Vorträge über "Hilfe bei sexuellen Problemen". Denn da läge in Deutschland noch vieles im Argen, bemängelt Kolle, der seit über 30 Jahren in seiner Wahlheimat, den Niederlanden lebt.

Neues Tabuthema Sex im Alter

Ein Thema, mit dem sich Kolle seit wenigen Jahren intensiv auseinandersetzt, ist die Sexualität im Alter. Nach wie vor ein Tabu-Thema: "Wir haben das Problem, dass die Älteren denken, sie dürften keine Gefühle mehr haben." Denen müsse man Mut machen. "Aber die jungen Leute fahren immer wieder schwere Angriffe gegen ältere Leute, die Sex haben", empört sich der 73-jährige Kolle. "Das sind Dinge, die mich wütend machen. Ich war früher ein zorniger junger Mann, jetzt bin ich ein zorniger Alter."