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Der Schmetterlingforscher

31. August 2009

In der japanischen Politik ist der Wahlsieger Hatoyama ein Exot. Oft wurde er als zu weich für die Politk beschrieben. Nun hat er die Regierungspartei vernichtend geschlagen. Ein Porträt des Wahlsiegers.

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Außenseiter in der japanischen Politik: Yukio HatoyamaBild: AP

Als japanischer Obama gerierte sich Yukio Hatoyama gerne im Wahlkampf. Wie der amerikanische Präsident setzte er vor allem auf die Unzufriedenheit mit der bisherigen Regierung. Er versprach einen Neubeginn. Seinen Wahlsieg sieht er als historische Zäsur. "Das japanische Volk hat zum ersten Mal in der Geschichte unserer Verfassung einen richtigen Wechsel herbeigeführt", verkündete er am Wahlabend. Das ist ein Sieg der Menschen, die unter den schwierigen Lebensbedingungen zu leiden haben"

Nicht-Aso

Yukio Hatoyama Demokratische Partei Japan
Im Wahlkampf gab er sich dynamischBild: AP

Doch anders als bei seinem amerikanischen Vorbild war es nicht sein persönlicher Charme, der die Wähler überzeugte. Hatoyama gilt als wenig charismatisch. Sein größter Vorteil sei, dass er nicht Taro Aso sei, bemerken bissige Kommentatoren in Anspielung an den bisherigen Ministerpräsidenten. Und auch seine Stellungnahmen nach der Wahl wirkten zunächst wenig visionär. Er habe noch keine Zeit gehabt, sich um die Besetzung wichtiger Ämter Gedanken zu machen, verkündete er lapidar. Es werde ein neues strategisches Amt geben. "Die Person, die dieses übernehmen wird, muss darüber nachdenken, welche generelle Richtung das Land nehmen muss."

Hatoyama kam nicht als Außenseiter in die Politik. Der 62jährige entstammt einer einflussreichen Politikerdynastie. Bereits sein Großvater gehörte zu den wichtigsten Politikern der Nachkriegszeit, unterlag dann aber dem Großvater des nun abgewählten Taro Aso. Der andere Zweig der Familie gehört zum japanischen Geldadel. Sein Großvater mütterlicherseits gründete den Reifenkonzern Bridgestone. Hatoyama gilt als reichster Abgeordneter Japans. Programmatisch allerdings steht Hatoyama eher den Gewerkschaften und Verbraucherverbänden nahe als den Geschäftseliten des Landes. Seine Politik stellt er unter das Motto "Yuai" – Brüderlichkeit. Er verspricht mehr Geld für Familien, die Abschaffung der Autobahngebühren und eine bessere Krankenversorgung. Im Wahlkampf mahnte er vor Anhängern das abschreckende Beispiel der Regierungspartei LDP an. "Wir dürfen nicht arrogant werden, sondern müssen uns vom Wohl der Menschen leiten lassen."

Hobby Schmetterlingsforschung

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Hatoyama mit seiner Frau, die esoterische Bücher schreibt.Bild: AP

Für die japanischen Wähler sind das neue Töne. Die bisherige Regierungspartei pflegte eher das Image einer Partei mächtiger alter Männer. Hatoyama galt in Japan lange schlichtweg als "zu weich" für die Politik. Darüber hinaus ist der sanfte Politiker für die Japaner eher ein wunderlicher Zeitgenosse. Wegen seiner Neigung zu plötzlichen Gedankensprüngen, aber auch wegen seiner weit auseinander liegenden Augen hat er den Spitznamen "Außerirdischer". In seiner Freizeit erforscht der Spitzenpolitiker Schmetterlinge. Verheiratet ist Hatoyama mit einer bekannten Autorin esoterischer Bücher.

In die Politik kam Hatoyama trotz seines Hintergrunds erst spät. Der Doktor der Ingenieurwissenschaften trat 1986 in die Liberaldemokratische Partei (LDP) ein. Als der mächtige LDP-Rebell Ichiro Ozawa sieben Jahre später eine Oppositionspartei gründete, folgte er ihm. Jahrelang war er die Rechte Hand des Patriarchen, der es 1993 zum ersten Mal geschafft hatte, die LDP für einige Monate von der Macht zu verdrängen. Nachdem Ozawa im Mai dieses Jahres den Parteivorsitz abgeben musste, war der Weg frei für Hatoyama.

Autor: Mathias Bölinger
Redaktion: Thomas Latschan