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Der Rubel rollt wieder

4. Oktober 2004

Lange beherrschten westliche Produkte den russischen Markt. Doch das Konsumverhalten der Russen hat sich geändert. Heimische Produkte verschaffen sich wieder ihren Platz im Supermarktregal.

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Die Macher von "Russian Cola" setzen auf patriotische GefühleBild: dpa

Noch vor einigen Jahren versteckten russische Hersteller ihre Produkte hinter westlich klingenden Namen. Wie sehr westliche Produkte den russischen Markt beherrschen, zeigte zum Beispiel die Eröffnung der ersten Ikea-Filiale in Moskau im Jahr 2000. Russische Kunden rannten dem schwedischen Möbelhaus regelrecht die Türen ein. Heute hingegen können Unternehmen den russischen Namen ihrer Produkte nicht stark genug herausstreichen. Nach "Russischer Standard" oder "Russisches Produkt" kommt jetzt "Russian Cola". Die Macher des klebrig-süßen Cola-Verschnitts setzten mit ihrem Produkt auf patriotische Gefühle. "Unsere Cola für unsere Leute", heißt der Slogan, die Flasche ziert ein roter Stern. Zielgruppe sind Konsumenten, die "ihr Land lieben und an die Zukunft glauben", schreibt der Hersteller in einer Pressemitteilung.

Keine Konkurrenz für Westprodukte

IKEA in Moskau
Im Jahr 2000 eröffnete in Moskau das erste IKEA-Möbelhaus RusslandsBild: AP

Die Zahl der Konsumenten, die wieder verstärkt russische Produkte in den Einkaufskorb legen, wächst schnell. Noch vor zehn Jahren hatten heimische Waren bei den Konsumenten keine Chance. Warum Schokolade von "Roter Oktober" kaufen, wenn es welche von Cadbury gab? Der Hunger der Kunden nach den lange vorenthaltenen Westprodukten trieb viele russische Unternehmen in die Pleite. Sie waren nicht in der Lage, gegen westliche Produkte zu konkurrieren. Ihre Erzeugnisse waren nicht mehr gefragt, die Qualität schwankte, und die Werbung der ausländischen Firmen versprach ein Stück der großen weiten Welt.

"Kauft russische Produkte"

Da nützte auch die 1996 vom damaligen Präsidenten Boris Jelzin lancierte Kampagne mit dem Slogan "Kauft russische Produkte" nichts. "Stützt die russischen Hersteller, schenkt ihnen eine Krücke!", scherzte der Volksmund. Erst die Rubelabwertung nach dem Crash im August 1998 verschaffte den russischen Waren wieder Platz auf den Supermarktregalen. Über Nacht wurden die Importe vier Mal teurer und damit für den Durchschnittsrussen unerschwinglich. Viele ausländische Unternehmen zogen sich aus dem russischen Markt zurück. Neue russische Firmen sprangen in die Lücke. Und kämpfen mittlerweile erfolgreich mit den zurückgekehrten internationalen Firmen um die Gunst der Konsumenten.

Made in Russia

Konsum
Russen bevorzugen immer öfter heimische Erzeugnisse

"Heute bevorzugen Russen bei gleicher Qualität immer öfter heimische Erzeugnisse", sagte Wladimir Jestajew, Vorsitzender der russischen Vereinigung der Werbeagenturen kürzlich in einem Interview mit der Zeitung "Moscow Times". Westliche Produkte hätten noch immer ihren Platz, aber wer eine breite Kundschaft ansprechen wolle, müsse sich an die Bedürfnisse der Kunden anpassen, erklärt Robert Piekut, Marketingdirektor der russischen Niederlassung des Milchverarbeiters Ehrmann. "Als wir vor neun Jahren erstmals Joghurts nach Russland importierten, war es ein Vorteil, dass alles auf Deutsch angeschrieben war, weil die Leute westliche Produkte, das heißt westliche Qualität, wollten", sagt Piekut.

Rossija-Schokolade statt Nestlé

Seit dem die Russen wieder verstärkt russisch kaufen, beschriftet Ehrmann die eigenen Waren mit russische Namen, die kyrillisch geschrieben werden. "Mittlerweile legen die Kunden Wert auf die Herkunft und Frische der Ware. Wir informieren deshalb unsere Verbraucher, dass unsere Produkte mit russischen Rohstoffen in Russland hergestellt werden", sagt Piekut. Einige ausländische Produzenten verstecken ihre Produkte sogar ganz gezielt hinter russischen Namen. "Gerade bei Erzeugnissen, die für Russland typisch sind, ist die Herkunft entscheidend", sagt Jennifer Galenkamp, Pressesprecherin von Nestlé in Russland. Der Nahrungsmittelkonzern hat diese Erkenntnis umgesetzt und ist mit seiner Schokoladenmarke "Rossija", auf der man das Logo von Nestlé vergeblich sucht, zur Nummer eins auf dem hart umkämpften Markt geworden. (nak)

Frau isst Schokolade
Die Hauptsache: braun und leckerBild: Illuscope