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Der Papst verlässt heute seinen Stuhl

28. Februar 2013

Es bleibt nicht mehr viel zu tun und selbst das ist minutiös geplant: Um 20 Uhr endet die Amtszeit des Papstes offiziell. Dabei wünscht sich der 85-Jährige eigentlich einen stillen letzten Arbeitstag.

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Papst Benedikt XVI sitzt auf seinem Stuhl und grüßt ein letztes Mal die Gläubigen auf dem Petersplatz (Foto: reuters)
Bild: Reuters

Bei der Verabschiedung von seinen Kardinälen, von denen einer der nächste Papst werden wird, versprach Papst Benedikt XVI. seinem Nachfolger "bedingungslosen Gehorsam". "Möge der Herr denjenigen offenbaren, den er auserwählt hat", sagte er bei einer Zeremonie in der prachtvollen Sala Clementina im Apostolischen Palast.

Anschließend wird der 85-Jährige in seinen Privathubschrauber (auch Papa-kopter genannt) steigen und zu seiner Sommerresidenz Castel Gandolfo vor den Toren Roms fliegen. Von dort aus wird er einen Abschiedsgruß an die Gläubigen des Bistums Albano richten.

#video#Das wäre dann auch die letzte Amtshandlung des Heiligen Vaters. Um 20 Uhr – dem offiziellen Ende des Pontifikats – stellt auch die Schweizer Garde ihren "öffentlichen Dienst" für den Papst ein. Für seine Sicherheit sorgt fortan die Gendarmerie.

Deutschland nimmt Abschied

Von der Öffentlichkeit hatte sich Benedikt am gestrigen Mittwoch mit einer Audienz unter freiem Himmel und einer emotionalen Ansprache verabschiedet. Benedikt bedankte sich bei allen, die seinen am 11. Februar 2012 unerwartet angekündigten Rücktritt mit Respekt und Verständnis aufnahmen. Er habe diese Entscheidung "in Gelassenheit" und zum Wohle der Kirche getroffen, sagte er unter dem Jubel von fast 150.000 Menschen auf dem Petersplatz.

Deutschland nimmt heute von "seinem" Papst Abschied: In vielen katholischen Kirchen, vor allem in seiner bayerischen Heimat, finden Dankgottesdienste statt. In Berlin nehmen in der Kathedrale St. Hedwig zahlreiche Spitzenvertreter aus Politik und Gesellschaft an einem Gottesdienst teil, darunter Bundeskanzlerin Angela Merkel.

Leerer Stuhl

Die Zukunft von Benedikt XVI. ist einigermaßen klar: Die nächsten Wochen wird er in seinem Übergangsquartier wohnen, bevor er seinen endgültigen Ruhesitz innerhalb der Vatikanmauern bezieht. Er werde auch in Zukunft weiter "weiß" tragen, die Farbe der Päpste, sagte Papst-Sprecher Federico Lombardi. Joseph Ratzinger wird sich künftig laut Lombardi "Emeritierter Papst" oder "Römischer emeritierter Pontifex" nennen, jedoch weiterhin auch auf die Anrede "Eure Heiligkeit" reagieren.

Der Papst mit seinem Papamobil in der Menschenmenge auf dem Petersplatz (Foto: Reuters)
Bei seinem letzten großen Auftritt auf dem Petersplatz nahm Papst Benedikts Abschied von den GläubigenBild: Reuters

Wer sein Amt fortführen wird, ist jedoch noch unklar. Zunächst einmal bleibt der Stuhl des Papstes leer. Im Vatikan laufen die Vorbereitungen für die sogenannte Sedisvakanz, also die Zeit ohne Papst, und für die Wahl des neuen Papstes. Frühestens Anfang nächster Woche werde die Kardinalsversammlung in Rom zusammenkommen, um die Papst-Wahl im März vorzubereiten, sagte der Papstsprecher. In der Zwischenzeit leiten alle 208 derzeit lebenden Kardinäle die römisch-katholische Kirche. Sie dürfen jedoch nur allgemeine Aufgaben angehen und Entscheidungen treffen, die nicht aufgeschoben werden können.

Erwartungen an den "Neuen"

Der Mainzer Kardinal Karl Lehmann erwartet vom neuen Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche "eine nüchterne, aber begeisternde Vision vom Weg der Kirche in die Zukunft". Die Herkunft des künftigen Papstes ist für den Mainzer Kardinal nicht vorrangig.

#video# Es ist das erste Mal seit dem Mittelalter, dass ein Pontifex, der eigentlich auf Lebzeiten gewählt wird, vorzeitig zurücktritt. Der 85-Jährige hatte aus Altersgründen überraschend seinen Rücktritt erklärt. Kritiker wie der Befreiungstheologe Leonardo Boff werfen ihm vor, er sei aus Verzweiflung zurückgetreten, da er die römische Kurie nicht mehr habe kontrollieren können.

nem/kle (dpa, epd, afp)