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'Obama von Wolgograd'

17. September 2009

Joaquim Crima, 37-jähriger Landwirt aus Guinea-Bissau, lebt seit 20 Jahren in Russland. Nun hat sich der "Obama von Wolgograd", wie er von der Presse genannt wird, für die Kommunalwahlen im Oktober aufstellen lassen.

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Joaquim Crima (Foto: dpa)
Der nächste Bezirkspräsident von Wolgograd? Joaquim CrimaBild: picture-alliance/ dpa

"Jeder Mensch, der fähig und würdig ist, Führungsaufgaben zu übernehmen, sollte versuchen, seine Vorstellungen in die Tat umzusetzen", sagt Joaquim Crima, der unter seinem russischen Namen Wassili Iwanowitsch für den Posten des Bezirkspräsidenten von Sredniyaya Akhtuba kandidiert. Natürlich sei er ein Bewunderer des ersten schwarzen Präsidenten der Vereinigten Staaten. Aber er möchte sein Wirken nicht auf seine Hautfarbe reduziert wissen, sagt Crima.

Obwohl er die Hautfarbe also nicht zum Thema seiner Kampagne machen will, bewies er einen ausgesprochenen Sinn für Humor und die Fähigkeit, sich Vorurteile zunutze zu machen. Denn in der Presse versprach er "wie ein Neger zu schuften", sollte ihm der Coup gelingen. Sicherlich hätte er dann genug zu tun, denn Wolgograd, das frühere Stalingrad, liegt in einer der ärmsten Regionen des Landes. Die Stadt ist zwar noch immer ein industrielles Zentrum, wurde aber von der Wirtschaftskrise stark getroffen.

Ein bisschen Amerika in Russland

Ortodoxe Kirche in Wolgograd (Foto: KIRSCH-Verlag)
Wolgograd - das neue Salt Lake City?Bild: KIRSCH-Verlag

Der "Obama aus Wolgograd" hat bereits konkrete Pläne, wie er aus der Region eine Art Salt Lake City machen kann. Er kenne die amerikanische Stadt und vor allem kenne er deren Erfolgsgeschichte."Klar, wir sind arm. Aber wir haben einen großen menschlichen Reichtum, und das scheint mir das Wichtigste zu sein." Erste Schritte hin zur Entwicklung der Region hat Joaquim Crima schon unternommen und Kontakte zu amerikanischen Geschäftsleuten hergestellt, die ihm versprochen hätten, Investitionen in der Region zu prüfen.

Die Konkurrenz schläft nicht

Joaquim Crima nennt sich zwar nach einem kommunistischen Bürgerkriegshelden Wassili Iwanowitsch, aber das hält einen Teil der lokalen Presse nicht davon ab, ihn wegen seiner Hautfarbe anzugreifen. Dennoch scheint seine Kandidatur eine gewisse Wirkung nicht verfehlt zu haben. Seit Alexander Puschkin hat kein dunkelhäutiger Russe so viel internationales Aufsehen erregt.

Inzwischen hat Crima sogar einen dunkelhäutigen Konkurrenten, den 34-jährigen Bauarbeiter Filip Kondratyew. Dem Sohn einer Russin und eines Diplomaten aus Ghana wird allerdings vorgeworfen, seine Kandidatur sei bloß ein Schachzug der lokalen Machtelite. Das Ziel sei, die Opposition zu spalten und die Wiederwahl von Amtsinhaber Vladimir Romanov zu sichern. Kondratyew bestreitet das vehement, und Crima bleibt bei all dem Aufruhr gelassen. Er lebe in einem demokratischen Land, in dem jeder das Recht auf freie Meinungsäußerung habe. "Mich kann man nicht beleidigen. Es geht mir nur darum Bedingungen zu schaffen, damit alle Menschen gut leben können."

Autorin: Cristina Krippahl

Redaktion: Michaela Paul