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China und die Demokratie

6. Februar 2012

In China steht ein Führungswechsel an; in Tibet werden Proteste niedergeschlagen; die Kanzlerin reiste nach Peking. Altkanzler Helmut Schmidt diskutiert mit dem Politilogen Gu Xuewu über den Aufstieg Chinas.

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Foto wurde uns von der Pressestelle der Körber-Stiftung am 1.2.2012 überlassen Foto: Körber-Stiftung / Marc Darchinger
Ehemaliger Bundeskanzler Helmut SchmidtBild: Körber-Stiftung/Marc Darchinger

"Magnet China" heißt die Dialogreihe dreier großer deutscher Stiftungen, die am Dienstagabend vor knapp 600 Menschen in Berlin von Altkanzler Helmut Schmidt und dem Bonner Politologen Gu Xuewu eröffnet wurde – einen Tag nach dem offiziellen Beginn des chinesischen Kulturjahres in Deutschland. Das Bild des Magneten ist passend gewählt: Es steht für die sowohl anziehenden als auch abstoßenden Kräfte zwischen China und dem Westen.

Keinen Rat für Angela Merkel

Seit über einem halben Jahrhundert beschäftigt sich der 93-jährige Schmidt mit China. Möglicherweise ist er der einzige lebende Deutsche, der noch persönlich mit Mao gesprochen hat. Dem "großen Steuermann" sprach Schmidt großes Charisma zu. Zugleich erinnerte er an die mindestens 20 Millionen Hungertoten des von Mao initiierten "Großen Sprungs nach vorne" und an die Katastrophe der Kulturrevolution.

Und um es gleich vorweg zu nehmen - nur auf eine einzige Frage wollte der Altkanzler keine Antwort geben: Nämlich die, welchen Rat er Kanzlerin Merkel für ihre Chinareise mit auf den Weg geben wolle. Merkel müsse schon selber wissen, was sie dort zu tun habe, beschied Schmidt knapp den Moderator Frank Sieren, Autor mehrerer China-Bücher und langjähriger Journalist in der chinesischen Hauptstadt.

Keine Angst vor China

Schmidts Botschaft: Europa und Deutschland müssten vor dem Aufstieg Chinas keine Angst haben. Im Gegenteil: Deutschland habe bislang wirtschaftlich stark von diesem Aufstieg profitiert. Sorgen etwa wegen des Kaufs deutscher Firmen durch China hielt Schmidt vor dem Hintergrund der Globalisierung für unzeitgemäß.

Ansonsten zeigte sich Schmidt durchweg als Realpolitiker mit großem Respekt vor Chinas Aufbauleistung und vor der chinesischen Geschichte. Die sei in Europa viel zu wenig bekannt, meinte Schmidt. Nur mit Kenntnis von Chinas Geschichte sei das Land und sei die gegenwärtige Politik Pekings überhaupt zu verstehen. Über weite Strecken wurde der Abend zu einem Gespräch über den Konfuzianismus und das, was die Diskutanten als Balance zwischen Menschenrechten und Menschenpflichten bezeichneten. Der Altkanzler amüsierte sich über die Ironie der Geschichte, dass ausgerechnet die chinesische kommunistische Partei Konfuzius-Tempel in China baue und weltweit hunderte Konfuzius-Institute aufgebaut habe. Ernst fügte Schmidt hinzu, er halte das ideologische Vakuum in China für eines der größten Probleme des Landes.

Kein Systemexport

Dem aus China stammenden Gu Xuewu, Direktor des Bonner Center for Global Studies, fiel in der Diskussion hauptsächlich die Rolle zu, Schmidts Äußerungen zu relativieren. Besonders wenn es um politische Systemfragen ging, musste Gu häufig widersprechen. Etwa wenn Schmidt dem Versuch westlicher Demokratieexporte nach China eine Absage erteilte. Gu entgegnete, Demokratie sei sehr wohl für China geeignet. Der freie Streit um Positionen und Mehrheiten sei besser als die nackte Ausübung von Macht, betonte der Politikwissenschaftler.

Die nächste Veranstaltung der Reihe "Magnet-China" findet im März in Hamburg statt und diskutiert das Thema "Wachstum ohne Grenzen? Chinas Aufstieg in der Weltwirtschaft".

Autor: Matthias von Hein
Redaktion: Ziphora Robina

Foto wurde uns von der Pressestelle der Körber-Stiftung am 1.2.2012 überlassen Foto: Körber-Stiftung / Marc Darchinger
Professor Gu XuewuBild: Körber-Stiftung/Marc Darchinger
Foto wurde uns von der Pressestelle der Körber-Stiftung am 1.2.2012 überlassen Foto: Körber-Stiftung / Marc Darchinger
Die Magnet China ist eine Veranstaltung der Bosch-, Körber- und Bertelsmann-StiftungBild: Körber-Stiftung/Marc Darchinger