Der nächste Schritt des Meisters
18. Juni 2012Spanien ist als Titelverteidiger und hoher Favorit angereist. Im ersten Spiel gegen Italien konnten sie das nicht bestätigen und spielten unentschieden. Dann nahmen sie die Iren aber so souverän auseinander, dass sie wieder als der Topfavorit gelten müssen. Aber – es waren eben nur die Iren. Am Montag um 20:45 Uhr MESZ geht es in Danzig gegen Kroatien, das sehr viel stärker ist. Spaniens Trainer Vicente del Bosque schickt die ohne Zweifel beste Mannschaft der Gruppe aufs Feld. Doch für die Selección kann es noch ganz anders kommen: Verliert sie gegen Kroatien und schlägt Italien Irland, dann können die Stars aus Barcelona und von Real Madrid ab Dienstag ihren Urlaub antreten.
Die vom ehemaligen Bundesligaprofi Slaven Bilic trainierten Kroaten sind Zweiter in der Gruppe C und wären für das Viertelfinale qualifiziert, wenn sie nicht noch gegen Spanien antreten müssten. Schlagen sie den Favoriten, sind sie als Gruppensieger durch, spielen sie aber nur Unentschieden oder verlieren gar, sind sie vom Ausgang des anderen Vorrundenspiels abhängig. Sie könnten von Italien noch abgefangen werden und müssten ausscheiden. Für die Mannschaft um den Mittelfeldregisseur Luka Modric und den Ex-Schalker Ivan Rakitic geht es um alles und sie wissen: Wahrscheinlich hilft nur ein Sieg gegen den Weltmeister, um im Turnier bleiben zu dürfen. Coach Bilic ist jedenfalls zuversichtlich, dass das gelingt. Vor dem Spiel versicherte er: "Niemand ist fokussierter als wir. Psychisch sind wir sehr stark, aber wir haben auch viel Kraft."
Ehrenvoller Abschied und banges Hoffen
Irland hat bei der EM einen guten Eindruck gemacht. Nicht sportlich, weil ihre fußballerischen Defizite allzu offensichtlich sind. Aber neben dem Platz haben ihre Fans als trinkfreudige, stets gutgelaunte und friedliche Unterstützer viele Freunde gewonnen, und sie können von allen Fans des Turniers am schönsten singen. Auf dem Platz waren die Iren gewohnt harte, aber faire Spieler – viele unterlegene Mannschaften hätten an ihrer Stelle auf alles getreten, was sich schneller bewegen kann als sie selbst. Die Iren haben das nicht getan und können – das gilt wenigstens vor dem dritten Vorrundenspiel – als faire Sportsleute das Turnier verlassen. Das werden sie auf jeden Fall tun, weil sie sich nicht mehr für die nächste Runde qualifizieren können. Dennoch wollen die Iren in ihrem letzten Spiel alles geben. "Das sind wir unseren Fans schuldig", sagte Irlands italienischer Trainer Giovanni Trapattoni vor der Begegnung mit seinen Landleuten.
Ihr Gegner Italien hat dagegen noch alle Chancen. Bei einem Sieg wären sie qualifiziert, wenn das Spiel Spanien-Kroatien einen Sieger findet oder 0:0 endet. Jedes Unentschieden in diesem Spiel, bei dem auch Tore fallen, könnte die Chancen der Squadra Azzurra wieder zunichte machen. Dann würden die Zahl der geschossenen Tore, die direkten Vergleiche oder der sogenannte Uefa-Koeffizient entscheiden. Für die Mannschaft von Cesare Prandelli heißt es ab 20:45 Uhr MESZ in Posen deshalb nur: Gewinnen und Daumen drücken für Spanien. Die Italiener haben beim Turnier durchaus überrascht. Unter Prandelli spielen sie nicht mehr den gefürchteten Catenaccio, der bedingungslose Defensive mit seltenen Kontern verbindet, sie spielen auch offensiv nach vorne. Ob Stürmer Mario Balotelli dabei helfen kann, ist unklar – der Angreifer hat sich am Knie verletzt.