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Der Milliardendeal vor einem weiten Weg

14. September 2016

Der Kauf des Saatgutherstellers Monsanto durch den Leverkusener Chemiekonzern Bayer ist perfekt - wenn es nach den Unternehmen geht. Auf dem Weg zum endgültigen Vollzug stehen aber noch einige Hürden.

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Deutschland Firmenlogo der Bayer AG in Wuppertal
Bild: Reuters/File Photo/I. Fassbender

"Das ist ein wahrhaft historischer Tag für Bayer und Monsanto", freute sich der Vorstandsvorsitzende der Bayer AG, Werner Baumann, am Mittwoch. "Dieser Schritt wird die Position von Bayer als führendem Life-Science-Unternehmen in der Welt deutlich stärken." Gerade hatte er nach monatelangem Ringen um den US-Saatgutriesen Monsanto die bislang größte Übernahme eines deutschen Unternehmens perfekt gemacht.

Der Schritt sei von den Führungsgremien beider Konzerne einstimmig beschlossen worden, berichtete Bayer. Die beiden Unternehmen unterzeichneten eine bindende Fusionsvereinbarung, nachdem der Leverkusener Konzern sein Angebot noch einmal leicht auf rund 128 US-Dollar je Monsanto-Aktie erhöht hatte.

Der vor allem für das Schmerzmittel Aspirin bekannte Leverkusener Pharma- und Chemiekonzern legt für Monsanto 66 Milliarden Dollar (58,7 Milliarden Euro) auf den Tisch. Voraussichtlich wird der Kauf zum Teil durch eine Kapitalerhöhung finanziert. Es ist der größte Zukauf in der mehr als 150-jährigen Firmengeschichte von Bayer seit der Übernahme des Pharmakonzerns Schering für 17 Milliarden Euro vor zehn Jahren.

Neuer Riese

Gemeinsam mit Monsanto steigt Bayer zum weltweit größten Anbieter von Pflanzenschutzmitteln und Saatgut auf. Die beiden Unternehmen kommen derzeit zusammen auf einen Börsenwert von mehr als 120 Milliarden Euro. Bayer alleine wird aktuell mit knapp 79 Milliarden Euro bewertet und ist damit der schwerste unter den 30 Werten, die den Deutschen Aktienindex Dax bilden.

Im Vergleich zu Bayer nimmt sich Monsanto klein aus: Die Amerikaner setzten 2015 mit über 21.000 Mitarbeitern rund 15 Milliarden Dollar um. Bayer erzielte dagegen einen Umsatz von 46,3 Milliarden Euro, wovon 10,4 Milliarden auf die Agrarchemiesparte CropScience entfielen. Die Leverkusener beschäftigen weltweit mehr als 115.000 Mitarbeiter.

Die Übernahme ist nicht unumstritten

Nach Einschätzung von Markexperten ist der Kauf für Bayer strategisch sinnvoll. Interessant für Bayer ist der innovative US-Konzern nicht nur wegen seines Knowhows in der Biotechnologie, sondern auch wegen seiner führenden Rolle beim "digital farming" - der Nutzung digitaler Techniken für die Landwirtschaft.

Der US-Saatgutriese hat allerdings ein denkbar schlechtes Image und steht wegen seiner aggressiven Geschäftspraktiken und seiner gentechnisch veränderten Produkte seit Jahren in der Kritik. Die Amerikaner sind auch Entwickler des Unkrautvernichtungsmittels Glyphosat, das im Verdacht steht, krebserregend zu sein.

Jetzt sind die Aktionäre gefragt - und die Kartellbehörden

Monsanto-Chef Hugh Grant sagte am Mittwoch, dass der Schritt für die Aktionäre des US-Konzerns die "bestmögliche Wertschaffung" bedeute. Das Angebot bedeutet einen Aufschlag von 44 Prozent auf den Kurs der Monsanto-Aktie vor dem ersten schriftlichen Angebot von Bayer. Dieser Satz darf als Hinweise für die Monsanto-Aktionäre gelten, denn diese müssen dem Zusammenschluss noch zustimmen.

Im New Yorker Handel zeigten sich die Anleger allerdings wenig beeindruckt: Das Monsanto-Papier bewegte sich nur wenig und notierte lediglich 0,6 Prozent im Plus. Marktbeobachter halten diese Zurückhaltung für einen Ausdruck von Skepsis - die Zustimmung der Kartellbehörden zur Übernahme gilt noch längst nicht als ausgemacht.

Auch bei vielen Bayer-Anteilseignern waren Baumanns Übernahmepläne bislang auf wenig Gegenliebe gestoßen. Sie hatten den Deal als zu teuer kritisiert und haben Bedenken, dass durch die Übernahme von Monsanto das Pharmageschäft zu kurz kommen könnte.

Mit dem Abschluss der Transaktion rechnen die Konzerne bis Ende 2017. Für den Fall, dass die notwendigen Kartellfreigaben doch nicht erteilt werden sollten, hat sich Bayer zur Zahlung von zwei Milliarden US-Dollar an Monsanto verpflichtet.

Kritik von Umweltverbänden

"Diesen Deal darf es nicht geben. So entsteht ein übermächtiger Konzern, der den Welthunger nicht bekämpft, sondern verstärkt", kritisierten die Grünen-Politiker Anton Hofreiter und Katharina Dröge. Der Greenpeace-Landwirtschaftsexperte Dirk Zimmermann sprach von einer schlechten Nachricht für nachhaltig arbeitende Landwirte, Verbraucher und die Umwelt. "Der neue Agrochemiegigant häuft eine bislang ungekannte Marktmacht an. Er wird maßgeblich mitbestimmen, welches Saatgut und welche Pestizide auf den Markt kommen."

Bayer-Chef Baumann dagegen betont die Vorteile eines Zusammenschlusses. Die Agrarindustrie stehe angesichts der schnell wachsenden Weltbevölkerung und der globalen Erwärmung vor gigantischen Herausforderungen. Durch die Kombination ihrer Fähigkeiten könnten Bayer und Monsanto hier wegweisende Antworten geben. Immerhin müssten bis 2050 Milliarden Menschen zusätzlich ernährt werden. Gleichzeitig müsse man die Folgen der Klimaerwärmung auf die Landwirtschaft in den Griff bekommen.

Bayer und Monsanto stehen mit ihrer Fusion nicht allein: So hatten zuletzt die US-Behörden die geplante Milliarden-Übernahme des Schweizer Agrarchemie-Konzerns Syngenta durch das chinesische Staatsunternehmen ChemChina genehmigt. Im vorigen Dezember hatten außerdem Dow Chemical und Dupont verkündet, über einen Zusammenschluss zu verhandeln.

dk/wen (dpa/rtr/afpe/rtre)