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Der Menschenhandel floriert

Lindita Arapi/(pg)17. Januar 2002

Der Menschenhandel Südosteuropa hat sich in den letzten zehn Jahren explosionsartig entwickelt. Das ist das Fazit eines neuen Berichts. Der Kampf gegen den Menschenhandel muss auf breiter Basis geführt werden.

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Vor allem Frauen und Kinder werden Opfer von KriminellenBild: AP

Der jüngste Bericht der zuständigen Task Force des Südosteuropa-Stabilitätspaktes und der Internationalen Organisation für Migration (IOM) bestätigt erneut, dass der Balkan zur Transitroute für den Menschenhandel zwischen Ost- und Westeuropa geworden ist. Da, wo Armut und Konflikte herrschen, wo kein funktionierender Rechtsstaat vorhanden ist, die zivile Gesellschaft noch nicht sehr weit entwickelt ist, floriert für Menschenhändler das Geschäft.

Regionale Koordinierungsstelle in Belgrad

Helga Konrad, Leiterin der Stabilitätspakt-Task Force will dieser Situation mit mehr Informationsaustausch zwischen den Ländern und dem Koordinierungszentrum in Wien Herr werden. "Der Bericht hat die Erkenntnis gebracht, dass wir dringend mehr und vor allem besser vergleichbare Informationen brauchen, wenn wir gegen Menschenhandel effektiv sein wollen. Ein Resultat aus diesem Projekt wird sein, dass wir in Belgrad einen Regional Clearing Point, also eine Regionale Koordinierungstelle einrichten wollen, die dann regelmäßig und bessere Informationen zu Menschenhandel in der Region sammeln wird."

Auf der einen Seite fordert die Task Force gegen den Menschenhandel die betroffenen Länder in der Region dazu auf, selbst etwas gegen diese Praktiken zu unternehmen. Andererseits fungiert die Task Force als Koordinierungsstelle für alle Maßnahmen gegen Menschenhandel, von vorbeugenden Maßnahmen bis hin zu Schutz und Betreuung der Opfer sowie der strafrechtlichen und polizeilichen Verfolgung der Menschenhändler.

Hilfe durch Netzwerke

Niemand verfügt über genaue Zahlen, die das ganze Ausmaß dieser kriminellen Machenschaften deutlich machen. Die Task Force spricht von Tausenden Opfern des Menschenhandels. Die Dunkelziffer ist hoch. Es sind vor allem Frauen und Kinder, die die Kriminellen im Visier haben. Manche fallen auf falsche Annoncen in Zeitungen herein. Andere werden von sogenannten Aufreißern durch schöne Versprechungen geblendet oder von ihren Familien verkauft. Darüber hinaus gibt es Frauen, die freiwillig gehen. Getrieben von Armut und Perspektivlosigkeit in ihrer Heimat machen diese Frauen sich auf dem Weg in Richtung des vermeintlich schönen Westens. Und die Opfer werden immer jünger. Manche glauben zu wissen, was sie erwartet, aber wie die Berichte der Task Force zeigen, sieht die Realität oft schrecklicher aus, als die Vorstellungskraft es zulässt.

Hier wirksam zu helfen, das hat die Stabilitätspakt-Task Force sich zur Aufgabe gemacht. Bei der Hilfeleistung machen die Betreuer keinen Unterschied, ob die Opfer sich freiwillig in diese Situation begeben haben oder ob sie dazu gezwungen wurden. Es zählt einzig und allein die Tatsache, dass diese Menschen in eine Art Sklaverei getrieben wurden. Helga Konrad und ihre Mitarbeiter sind dabei eine Art regionales Netzwerk mit Opferschutzeinrichtungen und Betreuungseinrichtungen aufzubauen.

Die Opfer auf "zu Hause" vorbereiten

"Das heißt, dass in den einzelnen Ländern der Region die Opferschutzeinrichtungen aufgebaut werden, wo die Frauen betreut werden. Wir arbeiten daran, dass zum Beispiel für Opfer zumindest eine dreimonatige Bleibefrist gewährt werden sollte, damit die Opfer selber entscheiden können, wie ihr weiterer Weg aussieht." Die Betroffenen sollen dann, wenn sie zurückgehen sollten, darauf vorbereitet werden, wie ihre Wiedereingliederung in die Gesellschaft zu Hause aussehen kann.

Die Rückkehr ist nicht leicht, und besonders schwierig ist es für Frauen, die von ihren Familien verstoßen wurden. In den meisten Ländern Südosteuropas gelten harte Regeln, die Frauen, die als Prostituierte gearbeitet haben, ins gesellschaftliche Abseits stellen. Um hier Abhilfe zu schaffen, arbeitet die Task Force mit anderen international tätigen Organisationen und mit lokalen NGO-s und zum Teil auch mit den zuständigen Behörden und Ministerien zusammen. Es gibt noch keine flächendeckenden Projekte, aber die ersten Initiativen laufen schon in Albanien, Rumänien und Moldavien. Und dabei geht es vor allem darum, diese Frauen längerfristig zu betreuen und für sie Beschäftigungsmöglichkeiten zu schaffen.