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Mann mit Zigarette

Stefan Reusch22. Dezember 2008

"Ich bin doch nicht verrückt" - das war die Reaktion von Altbundeskanzler Helmut Schmidt auf die Frage, ob er das Rauchen aufgeben will. Einschränken muss er sich trotzdem, denn Deutschland ist kein Qualm-Eldorado mehr.

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Helmut Schmidt mit Zigarette (Foto: AP)
Der Altkanzler in seinem Element - dem Rauch ...Bild: AP

Wenn Köpfe rauchen, kann man das selten sehen. Bei Helmut Schmidt schon. Er denkt und er qualmt - auch noch an seinem 90. Geburtstag, den er am Dienstag (23.12.2008) feiert. Erstaunlich, diese offensichtliche Sucht bei einem Mann, dem man eisernen Willen und strenge Selbstdisziplin attestierte und nach wie vor attestiert.

Eine Art Denkmalschutz schien Helmut Schmidt zu umgeben - nach dem Motto: "Er ist zwar Raucher, aber seine Verdienste wiegen das auf." Dann aber bekamen die Nichtraucher mehr und mehr Oberwasser. Man bat Schmidt, das Rauchen in der Öffentlichkeit zu lassen, wenn es irgendwie ginge.

Schmidt war nie Alleinziehender

Aber es ging halt irgendwie nicht. Dann kamen Gesetze und im rauchfreien Hessen, es war vor knapp einem Jahr, zeigte ihn eine Nichtraucherinitiative an. Denn, so der Vorsitzende des Vereins: "Die beiden rauchen immer wieder rücksichtslos im Beisein Unbeteiligter." Die beiden - ja, denn Helmut Schmidt war nie Alleinziehender, seine Frau Loki war und ist ihm eine begeisterte Mitraucherin.

Die Luft wurde dünner, auch für Schmidt, die Gesellschaft war bereit, dem Denkmal eins zu husten. Die Zigarette stand auf der Kippe, die Spaßgesellschaft schlug um sich, der Aschenbecher verschwand. Helmut Schmidt verweigerte sich. Durchaus starrsinnig, fern jeder Vorbildfunktion.

In der Zeitung "Die Zeit" gibt es sogar eine Kolumne mit dem Titel: "Auf eine Zigarettenlänge mit Helmut Schmidt". Dort rechtfertigte er seine Vorliebe für das Rauchen mit den Worten: "Im Ernst, Politiker sollen auf Ihrem Felde Vorbild sein, aber nicht auf sämtlichen Feldern menschlichen Lebens. Das ist zu viel verlangt."

Mit Zigaretten erst auf Betriebstemperatur

Giovanni di Lorenzo, Schmidts Gesprächspartner für jetzt schon viele Zigarettenlängen, beschreibt: "Helmut Schmidt raucht ja nicht nur Zigaretten. Jedes Mal bringt er Schnupftabak mit und trinkt dazu Kaffee mit Milch und extra viel Zucker. Unsereins würde angesichts dieser Dröhnung wie Rumpelstilzchen durch die Flure hüpfen. Schmidt dagegen ist dann überhaupt erst auf Betriebstemperatur."

Freilich, bevor man ihn hier zum letzten aufrechten Raucher kürt, Schmidt muss wohl mal probiert haben, vom Dunstgenuss wegzukommen. Ende 1980, damals frisch wiedergewählter Bundeskanzler, schaffte er den Sprung von der Zigarette über die Pfeife zum Schnupftabak bis hin zum Komplettverzicht - und das binnen nur acht Wochen. Schmidt bekam Probleme mit seinem Gewicht, vielleicht fing er deswegen wieder an. Oder weil er Lust hatte.

Angesprochen darauf, wie er den nach wie vor immensen Arbeitsaufwand schaffe, erwiderte Schmidt kürzlich: "Willen braucht man. Und Zigaretten." Mögen ihm beide nicht so schnell ausgehen.