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Der letzte Verschwörer

2. Mai 2008

Philipp Freiherr von Boeselager, letztes Mitglied des innersten Kreises der Hitler-Attentäter vom 20. Juli 1944, ist im Alter von 90 Jahren gestorben.

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Philipp Freiherr von Boeselager, der letzte Überlebende des engeren Verschwörerkreises vom 20. Juli 1944, steht in seinem Haus in Altenahr-Kreuzberg vor einem Porträt seines Bruders Georg, der ebenfalls an der Planung des Hitler-Attentats beteiligt war, Foto: dpa
Philipp Freiherr von Boeselager, der letzte Überlebende des engeren Verschwörerkreises vom 20. Juli 1944Bild: dpa

Der letzte Überlebende der Widerstandskämpfer des 20. Juli 1944 ist tot. Philipp Freiherr von Boeselager starb in der Nacht zum Donnerstag (1.5.2008) auf seiner Burg Kreuzberg im rheinland-pfälzischen Altenahr, wie seine Familie am Freitag dort bestätigte.

Drittes Reich: Der misslungene Anschlag auf Hitler am 20. Juli 1944, Foto: dpa
Der misslungene Anschlag auf Hitler 1944Bild: dpa

Zeit seines Lebens bedauerte von Boeselager, dass er Hitler nicht bereits 1943 aus nächster Nähe erschoss, als er bei einer Begegnung im Heeresgruppen-Hauptquartier die Gelegenheit dazu hatte. Der Plan wurde jedoch in letzter Sekunde abgesagt.

Für das gescheiterte Sprengstoff-Attentat der Widerstandsgruppe um Claus Schenk Graf von Stauffenberg besorgte der Wehrmachtsoffizier den Sprengstoff. Stauffenberg ließ die Bombe in der Wolfsschanze bei Rastenburg, dem heute polnischen Ketrzyn, während einer Lagebesprechung am 20. Juli 1944 explodieren. Hitler wurde aber nicht getötet. Stauffenberg und andere Mitglieder der Widerstandsgruppe wurden erschossen, ihre Familien von der Gestapo verhaftet. Dass von Boeselager unentdeckt blieb, verdankte er allein seinen Mitverschwörern, die trotz Folter seinen Namen nicht preisgaben.

Tod in Kauf genommen

Claus Graf Schenk von Stauffenberg, Foto: dpa
Von Boeselager besorgte für Stauffenberg den SprengstoffBild: dpa

Für seinen Widerstand hätte er jedoch auch seinen Tod in Kauf genommen, wie er in einem Interview bekannt hatte: Für den Fall einer Verhaftung habe er stets eine Zyankali-Tablette dabei gehabt, sagte er. Zur Widerstandsgruppe kam der 1917 bei Bonn geborene von Boeselager über Henning von Tresckow, der neben Stauffenberg als treibende Kraft hinter dem Umsturzplan vom 20. Juli 1944 gilt.

Zuletzt hatte sich von Boeselager positiv über die umstrittene Verfilmung des Attentats mit US-Schauspieler und Scientology-Mitglied Tom Cruise geäußert. Die Verfilmung könne helfen, dass die Amerikaner mehr über den deutschen Widerstand erfahren, war seine Meinung. Dabei äußerte von Boeselager die nun unerfüllt bleibende Hoffnung, den Filmstart von "Walküre" im Februar kommenden Jahres noch erleben zu dürfen.

Als Aufklärer unterwegs

Nach dem Krieg studierte von Boeselager Jura und Volkswirtschaft. Er wurde Vorsitzender der Arbeitsgemeischaft deutscher Waldbesitzerverbände und kümmerte sich um den Familienbesitz. In den vergangenen Jahren hielt von Boeselager, der mit Rosa Maria Gräfin von Westphalen zu Fürstenberg verheiratet war, vor allem an Schulen immer wieder Vorträge zum Nationalsozialismus. Von Boeselager war Träger des Großen Bundesverdienstkreuzes und wurde 2004 zum Offizier der Französischen Ehrenlegion ernannt.

Der überzeugte Katholik gehörte auch zu den Gründern des Malteser Hilfsdienstes und initiierte die Lourdes-Wallfahrten der Malteser, die am Freitag erklärten: "Wir trauern um eine prägnante Persönlichkeit und werden die richtungsweisenden Impulse des überzeugenden Katholiken vermissen." Im Januar sagte von Boeselager in einem Zeitungsinterview, dass er angesichts seines Glaubens keine Angst vor dem Tod habe und davon überzeugt sei, dass ihn Gott einmal lachend empfangen werde - "mit Rotwein oder einem guten Cognac". (ina)