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Der letzte Pfeiler der Bankenunion

Jan Dörner (afp)19. Dezember 2013

Durchbruch bei Europas zentralem Reformprojekt gegen neue Finanzkrisen: Gerade noch rechtzeitig zum EU-Gipfel haben sich die Finanzminister auf die Regeln zur Schließung von Krisenbanken geeinigt.

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Geld Bank Symbolbild
Bild: Fotolia/Pefkos

"Das ist ein guter Tag", sagte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) in der Nacht zum Donnerstag (19.12.2013) erleichtert. Hinter ihm lagen zweitägige Dauerberatungen der europäischen Finanzminister über die künftigen Regeln zur Abwicklung von Krisenbanken in Europa mit erfolgreichem Abschluss. Damit sei nach monatelangen Diskussionen eine Einigung auf "den letzten rechtlichen Pfeiler" für die europäische Bankenunion geschafft, sagte Schäuble.

Worum geht es?

Es geht um die Lehre aus der Finanz- und Schuldenkrise. Künftig sollen Banken nicht mehr ungehindert faule Kredite anhäufen und somit das Finanzsystem ins Wanken bringen können. Deswegen beschloss die EU vor einem Jahr eine einheitliche Bankenaufsicht. Damit marode Geldhäuser nicht mit Steuergeldern am Leben gehalten werden müssen, sollen zudem künftig in der Regel zunächst Inhaber, Gläubiger und Großanleger zur Kasse gebeten werden. Muss eine Bank geschlossen werden, soll das nach dem europäischen Abwicklungsmechanismus geschehen. Die Kosten werden aus einem durch die Banken gespeisten Gemeinschaftsfonds gedeckt.

Wer entscheidet über die Abwicklung einer Bank?

Dafür wird eine Abwicklungsagentur geschaffen, deren Gremium mit Vertretern der Mitgliedstaaten besetzt wird. Die Agentur soll im Notfall innerhalb eines Wochenendes über die Auflösung einer Bank entscheiden und diese dann überwachen. Die EU-Kommission prüft die Entscheidungen des Gremiums und kann Einspruch einlegen. In solchen Zweifelsfällen liegt das letzte Wort bei den EU-Finanzministern. Die EU-Kommission wollte ursprünglich selbst die finale Entscheidung über die Schließung einer Bank treffen - traf damit aber auf den erbitterten Widerstand besonders Deutschlands.

Welche Banken werden erfasst?

Die EU-Kommission hatte sich mit der Unterstützung Frankreichs dafür ausgesprochen, dass alle 6000 Eurozonen-Banken im Krisenfall unmittelbar in die Kompetenz der Abwicklungsagentur fallen. Dagegen hatte sich die Bundesregierung gewehrt, die stets die Sparkassen vor europäischer Kontrolle schützen will. Nun sollen mehrere hundert Banken direkt unter das neue Regelwerk fallen: die besonders großen und grenzüberschreitend tätigen Institute. Die anderen Banken können im Ernstfall von nationalen Behörden abgewickelt werden, allerdings nach einheitlichen Regeln.

Wie wird der Fonds aufgebaut?

Einzahlen müssen die Banken selbst, um die Kosten einer Abwicklung zu tragen. Angepeilt sind rund 55 Milliarden Euro innerhalb von zehn Jahren. Der deutsche Anteil liegt bei etwa zehn Milliarden. Um dies zu erreichen, müssen die deutschen Banken deutlich höhere Abgaben zahlen als bisher an den deutschen Restrukturierungsfonds. Anfangs ist der europäische Fonds noch in nationale Kammern aufgeteilt, die jährlich immer stärker miteinander verschmelzen, bis nach zehn Jahren ein komplett gemeinsamer Notfalltopf entstanden ist.

Und wenn der Fonds nicht ausreicht?

Dafür werden finanzielle Absicherungen geschaffen. In der zehnjährigen Aufbauphase des Abwicklungsfonds sollen diese aus nationalen Mitteln oder dem Euro-Rettungsfonds ESM kommen. Direkte Kapitalspritzen des ESM an marode Banken sind derzeit noch nicht möglich. Ist der Abwicklungsfonds nach zehn Jahren aufgebaut, soll er sich auch Geld leihen können. Hier müssen die Einzelheiten aber noch geklärt werden.

Ab wann gelten die neuen Regeln?

Vollkommen zur Anwendung kommen sollen die neuen Regeln zu Jahresbeginn 2016. Das ist ein Jahr später als ursprünglich geplant. Allerdings soll zeitgleich die sogenannte Haftungskaskade wirksam werden: Danach müssen bei Bankenpleiten in der Regel zunächst Inhaber, Gläubiger und reiche Anleger einspringen anstatt wie bisher die Steuerzahler. Das war bisher erst für 2018 vorgesehen.

Gibt es noch weitere Hürden?

Ja. Die ausstehenden Verhandlungen mit dem Europaparlament. Nach einer Positionsbestimmung des Wirtschaftsausschusses des Parlaments sprach der Grünen-Abgeordnete Sven Giegold am Dienstag von einem «Kollisionskurs» zwischen Parlament und Mitgliedstaaten. Schäuble mahnte die Abgeordneten: "Wir brauchen diese Einigung schnell."