Der Letzte macht das Licht aus
4. Juni 2009Nicht wenige Menschen hätten alles darauf verwettet, dass der Deutsche Fußball-Bund (DFB) eine Bundesliga ohne echten Ostverein niemals wieder zulassen würde. Doch sie alle hatten sich getäuscht. Mit dem FC Energie Cottbus ist auch das letzte Erstligalicht auf der Landkarte der 18 Topklubs in Deutschland erloschen. Jetzt ist das Wehklagen im Fußball-Osten groß. Zwanzig Jahre nach dem Mauerfall wird es in der deutschen Eliteliga zum zweiten Mal keinen Verein aus den neuen Bundesländern geben. Bis auf Hertha BSC stellt der Osten mit Hansa Rostock, dem 1. FC Union Berlin und Energie Cottbus in der kommenden Saison nur noch drei Zweitligisten. Zuletzt gab es in der Saison 2005/2006 nur West-Clubs im Oberhaus.
Keine Hilfe von "oben"
Bei der Suche nach den Ursachen für dieses Desaster stößt man immer wieder auf die gleichen Antworten: Handfeste wirtschaftliche und strukturelle Gründe seien Schuld an dieser Situation. Bei der Frage nach einem Ausweg wird es hingegen schwierig. Auch DFB-Präsident Theo Zwanziger weiß keine schnelle Lösung für die Probleme in der nun erstligafreien Zone. "Es ist schade, dass der letzte Vertreter aus den neuen Bundesländern weg ist", sagte Zwanziger, doch eine Quotenregelung durch den Deutschen Fußball-Bund lehnte er strikt ab. "Wir können keinen Club in eine andere Klasse versetzen. Das konnte Herr Mielke - wir nicht", betonte Zwanziger in Berlin unter Anspielung auf den einstigen DDR-Stasi-Minister und fußballbegeisterten Dynamo-Sportchef.
Strukturschwäche und Inkompetenz
"Es gibt viele Gründe dafür, dass der ostdeutsche Fußball nicht da ist, wo ich ihn mir wünsche", erklärte Zwanziger. Ein wesentlicher Faktor des Niedergangs ist wohl die Inkompetenz des Führungspersonals. Dynamo Dresden, der Verein mit dem wohl größten Potenzial, fand sich nach der Regentschaft von Rolf-Jürgen Otto mit einem großen Schuldenberg als Zwangsabsteiger in der dritten Liga wieder. Den VfB Leipzig ereilte der finanzielle Kollaps. Den ersten deutschen Meister gibt es heute nicht mehr. In der einst so stolzen Fußball-Stadt Leipzig spielt die Musik in der fünfte Liga. Bei Energie Cottbus hielt man es für ratsam, einen Tag vor dem entscheidenden Relegationsspiel die Trennung von Trainer Bojan Prasnikar öffentlich zu machen. Und Rostock wäre fast in die dritte Liga durchgerutscht, weil man nicht den richtigen Trainer fand. Noch schlimmer in Jena. Beim Drittligisten Carl Zeiss wurde "Retter" Marc Fascher entlassen und dafür der 67 Tage zuvor wegen Erfolglosigkeit gefeuerte Vorgänger René van Eck wieder ins Amt gehievt. Die Führungsetage fand das ganz normal.
Hoffnungsschimmer?
Im DFB bleibt derlei natürlich nicht unbemerkt und so forderte Präsident Theo Zwanziger die Ost-Klubs jetzt auf, sich endlich auf ihre Stärken zu besinnen. Schließlich sei man dort in einer Fußball-Landschaft wie dem Ruhrgebiet. Der DFB könne mit einer vernünftigen Nachwuchsarbeit helfen, die sozialen Gegebenheiten könne man jedoch nicht ändern. Bei aller Finsternis gibt es aber auch zwei Lichtblicke. Dynamo Dresden ist mittlerweile in ruhigerem Fahrwasser und spielte die fünftbeste Rückrunde der dritten Liga. Und im zerstrittenen Leipzig mit seiner über 100 Millionen Euro teuren WM-Arena, wo es nach diversen Insolvenzen gleich zwei Fünftligisten gibt, soll derweil ein Verein mit dem Namen SSV Markranstädt die Rettung bringen. Bei dem Vorortklub steht anscheinend der Energy-Drink-Hersteller Red Bull vor dem Einstieg.
Der bereits gegründete Verein "Rasenball Leipzig", abgekürzt RB Leipzig, soll umgehend dessen Spielrecht für die fünfte Liga übertragen bekommen und ab 2010 in der WM-Arena in Richtung Bundesliga marschieren. Besitzer Michael Kölmel will dabei mit dem Verkauf der Stadion-Namensrechte an den österreichischen Weltkonzern kräftig Kasse machen. Vor Jahren war ein solcher Deal in Leipzig auch daran gescheitert, dass die Vorstellungen des Konzerns nicht mit den DFB-Bestimmungen beispielsweise bezüglich der Namensgebung zusammenpassten. Sollte es jetzt tatsächlich zum Einstieg von Red Bull kommen, würden die Karten zumindest in Leipzig neu gemischt werden. Und der SSV Markranstädt wäre nicht der erste Vorortverein der unter geändertem Namen höheren Fußballweihen entgegenstrebt.
Autor: Calle Kops
Redaktion: Joachim Falkenhagen