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Der Leitwolf ist zurück

Joscha Weber, z.Zt. in Rio de Janeiro13. Juli 2014

Bastian Schweinsteiger ist der erstaunlichste Spieler in der DFB-Elf. Niemand musste sich so oft zurückkämpfen wie Schweinsteiger, der wieder Chef auf dem Platz ist. Nun will er das Team zum Titel führen.

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Bastian Schweinsteiger bei Pressekonferenz in Rio (Foto: picture alliance)
Bild: picture-alliance/dpa

Flanke Schweinsteiger, Schuss Löw, Tor! Moment mal, wie bitte? Doch, doch, genau so hat es sich zugetragen zu Beginn des letzten Trainings der DFB-Elf bei dieser Weltmeisterschaft. Bastian Schweinsteiger war nach der FIFA-Pressekonferenz am Samstag gemeinsam mit dem Bundestrainer etwas vor der Mannschaft im Stadion von Vasco da Gama angekommen, in dem trainiert wurde, weil der vom vielen Regen aufgeweichte Rasen im Maracanã geschont werden sollte. Also übten der Trainer und sein Schlüsselspieler ein wenig ihr Zusammenspiel, das auch außerhalb des Trainingsplatzes wieder bestens funktioniert.

Zu Beginn des Turniers hatte man da einen anderen Eindruck. Die Stimmung bei Schweinsteiger wirkte getrübt. Im ersten Gruppenspiel gegen Portugal stand Schweinsteiger nicht in der Startelf und wurde auch nicht eingewechselt. Etwas mehr hatte er sich schon erhofft, auch wenn er noch etwas Formrückstand nach seiner Knieverletzung hatte. Etwas missmutig trabte er am Tag danach über den Rasen im Trainingscamp von Santo André. Rückblickend sagt Schweinsteiger nun aber: "Der Bundestrainer hat zu 100 Prozent die richtige Wahl getroffen. Für mich war es perfekt, weil ich noch etwas Zeit hatte, mich vorzubereiten."

Die Zahl seiner Verletzungen? Unbekannt

Schweinsteiger hat erkannt, dass er zum Turnierstart noch nicht so weit war. Das sah man auch in den nächsten Spielen: Gegen die USA musste er nach 76 Minuten erschöpft vom Platz, gegen Algerien zwangen ihn in der 109. Minute heftige Krämpfe zum vorzeitigen Ende seines Spiels. Die Physis war noch nicht da nach zwei Operationen am Sprunggelenk und Problemen am Knie im Laufe dieser Saison. Dass Schweinsteiger dennoch meint, dass es für ihn persönlich "eigentlich ideal" lief, sagt viel aus über seine Karriere.

Die ist gekennzeichnet von großen Erfolgen mit dem FC Bayern München, aber auch von zahllosen Rückschlägen, Verletzungen und Comebacks. Kaum ein Nationalspieler musste sich so oft zurück ins Team arbeiten wie Schweinsteiger, der dennoch schon auf 107 Länderspieleinsätze kommt. Mit 18 Jahren spielte er erstmals bei den Bayern-Profis, mit 19 sein erstes A-Länderspiel. Mittlerweile ist Schweinsteiger 29 Jahre alt und der Verschleiß am Körper wird sichtbar. Die zahlreichen Verletzungen haben seiner Moral jedoch nicht geschadet: "Wenn alle Dinge so funktionieren, wie sie sollen, dann kann ich auch in vier Jahren noch eine WM spielen", kündigte Schweinsteiger in Brasilien an - und man kann ihm das zutrauen.

Bastian Schweinsteiger (Foto: dpa)
Bastian Schweinsteiger - in Diensten des deutschen Rekordmeisters FC Bayern MünchenBild: picture-alliance/dpa

"Ich habe immer daran geglaubt"

Schon oft wurde Schweinsteiger abgeschrieben, immer kam er zurück und fand zu alter Stärke. So auch bei dieser WM. Einen Teil der Vorbereitung musste Rekonvaleszent Schweinsteiger auslassen, für ihn vor einem Turnier leider schon eine Gewohnheit. Doch in Brasilien arbeitete er hart an seiner Form und meldete sich pünktlich zu den entscheidenden Spielen wieder fit: Er sei bereit - auch für 120 Minuten, verkündete er vor dem Viertelfinale gegen Frankreich und hielt Wort. Der Basketball-Fan Bastian Schweinsteiger präsentierte sich konditionell deutlich verbessert und wurde auf dem Platz wieder zum Leitwolf. Gemeinsam mit Sami Khedira ordnete er das Spiel gegen Frankreich und Brasilien, gab die Kommandos im Mittelfeld, glänzte mit gutem Stellungsspiel. Auch aufgrund seiner souveränen Leistungen steht Deutschland nun im Finale.

Bastian Schweinsteiger im WM-Viertelfinale (Foto: Reuters)
Schweinsteiger - im WM-Viertelfinale gegen FrankreichBild: Reuters

"Ich habe immer daran geglaubt, weil ich gesehen habe, was möglich ist mit dieser Mannschaft", sagt Schweinsteiger, der gemeinsam mit einer Generation hoffnungsvoller Talente zum Star gereift ist. Jetzt, wo er sich auf dem Zenit seiner Laufbahn befinden dürfte, will Schweinsteiger endlich auch mit der Nationalmannschaft einen Titel, den er schon so oft knapp verpasste: 2006: Dritter. 2008: Zweiter. 2010: Dritter. 2012: Halbfinale. Und 2014? "Wir waren schon in vielen großen Spielen und sind kurz vor Schluss gescheitert. Aber jetzt sehe ich, dass die Mannschaft gefestigt ist. Ich habe ein gutes Gefühl."

Seine Moral könnte den Unterschied machen

Und das kann er auch begründen: Die Mannschaft habe im Vergleich zur Vergangenheit "an Erfahrung gewonnen", "fußballerisch die einen oder anderen draufgelegt" und auch etwas "deutsche Tugend" hinzugefügt. Wer ihm zuhört, wer ihm auf dem Platz zusieht, erkennt einen Spieler, der an sich glaubt, Verantwortung übernimmt - vor allem aber: der weiß, wie man mit Rückschlägen umgeht. Vielleicht ist das genau die Kompetenz, die die deutsche Mannschaft im WM-Finale brauchen wird.