1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Der lange Weg zum Impfstoff

Christiane Hoffmann10. Februar 2004

Vogelgrippe, SARS - Viren halten die Forscherwelt in Atem. Schnell sollen Impfstoffe entwickelt werden. China testet jetzt einen SARS-Impfstoff an Menschen. Doch es wird lange dauern, bis ein Mittel auf den Markt kommt.

https://p.dw.com/p/4eww
Durch das Coronavirus starben weltweit bisher 800 MenschenBild: DW

Zwar spricht die Welt im Moment nur über die Vogelgrippe, doch die Lungenkrankheit SARS ist noch nicht vollkommen ausgestanden. Wissenschaftler fürchten eine neue Ausbreitung der Krankheit. Und in China wurde die vierte Erkrankung im Jahr 2004 bestätigt. Ingesamt sind bisher 800 Menschen an dem Virus gestorben.

Erste Impfstoff-Tests an Menschen

Chinesische Wissenschaftler sind die ersten, die einen möglichen Impfstoff gegen die Lungenkrankheit an Menschen testen. Dreißig Frauen und Männer zwischen 18 und 40 Jahren haben sich dazu bereit erklärt. Drei Monate sollen die Tests dauern.

SARS Virus
Durch das Coronavirus zerstörte Zellen - erforscht an der Frankfurter Universitätsklinik Frankfurt/MainBild: DW

"Das heißt aber noch nicht, dass schon ein Impfstoff gefunden ist", sagt Professor Hans Wilhelm Doerr vom Institut für Virologie an der Universität Frankfurt/Main. Sein Institut hatte im vergangenen Jahr ein Medikament entdeckt, mit dem die Auswirkungen einer SARS- Infektion behandelt werden können. Das Medikament auf der Basis der Süßholzpflanze wurde bei SARS-Patienten in China erfolgreich eingesetzt.

Einen Impfstoff oder ein Medikament zu finden, ist sehr aufwendig, so der Wissenschaftler. "Zwar ist das Virus mittlerweile bekannt und dadurch ist es einfacher, einen Impfstoff herzustellen. Doch gerade bei diesem Virus ist nicht sicher, dass ein Impfstoff auch wirklich wirkt. Es ist sehr komplex."

Auch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) dämpft vorschnelle Hoffnungen: Eine wirksame Impfung sei frühestens in zwei Jahren möglich, so ein Sprecher Ende Januar in Peking.

Aus dem Virus entsteht der Impfstoff

Der Grund für die Skepsis liegt in den langwierigen Testverfahren. Ein Impfstoff wird in der Regel im Labor aus dem Virus gewonnen. Das Virus wird so verändert, dass es inaktiv ist oder eine abgeschwächte Wirkung zeigt. "Bei normalen menschlichen Grippeviren werden heute zum Beispiel nur bestimmte Eiweiße aus dem Virus herausgetrennt und geimpft", sagt Susanne Stöcker vom Paul-Ehrlich Institut - dem Bundesamt für Sera und Impfstoffe - in Langen bei Frankfurt/Main. Durch die Impfung soll das menschliche Immunsystem Antikörper bilden, die das Virus dann bekämpfen.

Ist der Impfstoff gefunden, werden zunächst an Tieren Wirkungsweise und Dosierung geprüft. Zum Beipsiel hat die Universität von Pittsburgh in den USA im Dezember einen SARS-Impfstoff an Affen erfolgreich getestet.

Doch Tierversuche lassen nicht generell auf die Wirkung beim Menschen schließen. "Es werden Menschen gesucht, die das Mittel freiwillig testen.", so Professor Doerr. "Oft sind das Ärzte, die mit dem Projekt zu tun haben."

Lange Testreihen bis zur Zulassung

Aufwendige Testreihen stehen an, die je nach Impfstoff und Virus unterschiedlich lang dauern können. Die Vorschriften bis zur Zulassung eines Impfstoffes sind streng. "In Europa sind große Testreihen nötig. Der Stoff muss verlässlich und leicht reproduzierbar sein", sagt Susanne Stöcker vom Paul-Ehrlich-Institut, das Impfstoffe in Deutschland zuläßt.

Sars Virus
Das Coronavirus ist Erreger der Lungenkrankheit SARSBild: DW

Impfstoff-Tests laufen in drei Stufen ab:

  • 1.Stufe:
    Der Stoff wird an gesunden Probanden getestet. Es wird beobachtet, ob und wie der menschliche Körper auf den Impfstoff reagiert und ob er Antikörper bildet.
  • 2. Stufe:
    Es wird versucht, die Dosierung festzulegen. Beim Test wird beobachtet, wie viel Einheiten nötig sind, bis sich Antikörper bilden.
  • 3. Stufe:
    In nochmaligen Test werden sowohl Wirkungsweise als auch die Verträglichkeit des Stoffes kontrolliert.

Danach geht es um die Zulassung des Impfstoffes. Behörden wie in Deutschland das Paul-Ehrlich Institut - das Bundesamt für Sera und Impfstoffe - kontrollieren alle Unterlagen und bewerten die Tests. "Bei Impfstoffen führen wir nach den Beschreibungen eigene Tests durch und kontrollieren die Wirkung des Stoffes", so Stöcker.

Im günstigsten Fall, also wenn alle Unterlagen stimmen, kann die Zulassung sieben Monate dauern. In der Regel dauert das Verfahren in Europa länger - nicht selten bis zu zwei Jahren.

In China werden ebenfalls dreistufige Tests durchgeführt, so die chinesische Arzneimittelbehörde. In der dritten Testphase wollen die Wissenschaftler den Stoff dann in von SARS betroffenen Regionen testen. "In China kann so ein Impfstoff schneller auf den Markt kommen als in Europa. Denn dort werden die Tests einfach angeordnet", sagt Professor Doerr vom Institut für Virologie der Frankfurter Universität.