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Der Klügere sollte nachgeben

28. Juli 2011

Trotz aller Bemühungen scheinen US-Präsident Barack Obamas Bestrebungen, Politik über die Parteigrenzen hinweg zu gestalten, gescheitert zu sein. Im Schuldenstreit muss eine Seite nun nachgeben, meint Robert Mudge.

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Themenbild Kommentar (Grafik: DW)
Bild: DW

Als Obama bei den Präsidentschaftwahlen 2008 das Weiße Haus im Sturm einnahm, stellte er von Beginn an klar: Ein politisches Programm, im Sinne und zum Vorteil Amerikas, würde nur dann Erfolg haben, wenn es nicht von politischen Grabenkämpfen, sondern von einer überparteilichen Zusammenkunft geprägt werde.

Er plädierte für ein Ende der Zerrissenheit und der zermürbenden Kämpfe zwischen Demokraten und Republikanern, die das Land lahmgelegt und zu Politikverdrossenheit geführt hatten.

Kein Durchstarten möglich

Robert Mudge (Foto: DW)
Robert Mudge: Der Hochmut der US-Politik führt in die KriseBild: DW

Doch Obamas gute Vorsätze scheiterten schon bei der Umsetzung seines ersten großen Projekts: der Reform des Gesundheitswesens. Obamas ambitionierte Vision, die Gesundheitsversorgung für alle zugänglich zu machen, wurde in endlosen Debatten und Abstimmungen auseinandergenommen, bis am Ende nur noch ein Reförmchen überblieb.

Ein ähnliches Szenario zeichnet sich jetzt in der aktuellen Debatte um die Anhebung der Schuldenobergrenze und der drohenden Zahlungsunfähigkeit Washingtons ab.

Sicherlich: Die Krise ist nicht allein die Schuld der Demokraten, schon unter Obamas republikanischem Vorgänger George W. Bush mehrten sich die Anzeichen, dass die USA über ihre Verhältnisse lebten. Nicht zuletzt durch die horrenden Kosten für die Kriege im Irak und in Afghanistan sowie durch die gigantischen, milliardenschweren Konjunkturprogramme zur Bewältigung der Wirtschafts- und Finanzkrise.

Unter der politischen Gürtellinie?

Im Schuldenstreit erschienen die Fronten von Beginn an verhärtet. Dabei geht es augenscheinlich weniger um inhaltliche Differenzen als um parteipolitisches, ideologisches Gezanke, das darauf abzielt, dem Gegner eins auszuwischen. Und das ohne Rücksicht auf die wirtschaftlichen Konsequenzen - nicht nur für die USA, sondern auch für Europa und Asien - und ohne Rücksicht auf die leidtragende Bevölkerung.

Bezeichnend sind die Aussagen von Mitch McConnell, dem Minderheitsführer der Republikaner im Senat, als er sagte, es sei seine Aufgabe dafür zu sorgen, dass es nur bei einer Amtszeit für Obama bleibe.

Auf der anderen Seite ist das Gebaren der Demokraten auch nicht unbedingt konstruktiv. Die bisherigen Vorschläge zur Lösung des Konflikts zielen eher darauf ab, den Gegner bloßzustellen und seine partei-ideologische Unflexibilität anzuprangern, anstatt einen parteiübergreifenden Kompromiss zu erarbeiten. Da mag noch viel Frust über die verlorenen Kongresswahlen im vergangenen Jahr und über den wachsenden Einfluss der radikal-konservativen Tea-Party-Bewegung im Politikalltag sein, doch das rechtfertigt nicht das Hin -und Herschieben des Schwarzen Peters.

Hochmut kommt vor dem Fall

Beide Seiten würden Größe beweisen, wenn sie die parteipolitischen Mauern niederreißen und sich im Schuldenstreit einigen könnten. Eine Seite müsste nachgeben und sich auf kurze Sicht mit einer politischen Niederlage herumschlagen. Doch auf lange Sicht, und das scheinen viele in Washington zu vergessen, würde es die vom Streit gebeutelte Öffentlichkeit honorieren, spätestens bei der nächsten Wahl.

Präsident Obama hatte in seiner Rede an die Nation Anfang der Woche noch einmal an die Vernunft beider Seiten appelliert, als er sagte, so könne man nicht die größte Nation der Welt regieren. Aber genau diese Hybris ist zur Zeit das Problem der politischen Elite in Washington.

Autor: Robert Mudge
Redaktion: Nicole Scherschun