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Der neue Bundesbank-Chef

2. Mai 2011

Für Jens Weidmann war dieser Montag der erste Arbeitstag als Präsident der Bundesbank. Für den 43-Jährigen ist es die vorläufige Krönung einer steilen Karriere. Die Kanzlerin braucht nun einen neuen Wirtschaftsberater.

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Jens Weidmann (Foto: dpa)
Bild: dapd
Bundespräsident Wulff überreicht Jens Weidmann Ernennungsurkunde (Foto: dapd)
Bundespräsident Wulff ernennt Jens Weidmann zum Bundesbank-PräsidentenBild: dapd

Der Stabwechsel bei der Bundesbank ist vollzogen. Der erst vor wenigen Tagen 43 Jahre alt gewordene Jens Weidmann wurde am Montag (02.05.2011) in der Zentrale der Bundesbank in Frankfurt am Main vom deutschen Finanzminister Wolfgang Schäuble ins Amt eingeführt. Bereits am vergangenen Freitag hatte Weidmann die Ernennungsurkunde vom Bundespräsidenten Christian Wulff erhalten. Der wünschte dem bisherigen Kanzlerberater im Schloss Bellevue viel Erfolg und schickte hinterher: "Machen Sie was draus!"

Bester Ruf

Der bisher jüngste Bundesbank-Präsident hat ein Amt übernommen, das mitten in der Eurokrise mit großen Risiken behaftet ist. Entsprechend verkündete Weidmann am ersten Arbeitstag, dass stabile Preise das oberste Ziel der Bundesbank bleiben werden.

In Fachkreisen genießt Weidmann einen ausgezeichneten Ruf. Er gilt als sachlich und kompetent, sein bescheidenes Auftreten fällt im hektischen Berliner Betrieb auf. Dazu hat er sich in den vergangenen Krisenjahren als belastbar und zuverlässig erwiesen.

Der ehemalige Bundesbankchef Axel Weber (Foto: dpa)
Der ehemalige Bundesbankchef Axel WeberBild: picture-alliance/dpa

Schon vor dem Rückzug von Axel Weber als Chef der Bundesbank war er als möglicher Nachfolger gehandelt worden. Dass aber ein Mitarbeiter aus dem engsten Kreis der Kanzlerin übergangslos an die Spitze der von der Regierung unabhängigen Bundesbank wechselt, war durchaus kritisch betrachtet worden. So ein Wechsel könnte Interessenkonflikte hervorrufen. Schließlich müsse er - so die Kritik der Opposition - politische Entscheidungen und Gesetze bewerten, auf die er selbst starken Einfluss hatte. Angela Merkel hat sich über diese Bedenken hinweggesetzt. Nun muss Weidmann beweisen, dass er sich sehr schnell von der Politik lösen kann.

Steiler Aufstieg

Der Volkswirt hat 1987 sein Abitur gemacht und in Paris und in Bonn studiert - unter anderem bei seinem Vorgänger Axel Weber, während dieser noch Wirtschaftsprofessor war. Erste Erfahrungen in der internationalen Finanzpolitik hatte er bereits als Student gesammelt, nämlich bei der Banque de France und bei der Zentralbank von Ruanda. 1997 arbeitete er für zwei Jahre beim Internationalen Währungsfonds und wurde 2003 Generalsekretär des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung in Deutschland.

Jens Weidmann (Foto: dapd)
Jens Weidmann ist ein Vertrauter von Bundeskanzlerin Angela MerkelBild: dapd

2009 erlebte Jens Weidmann den bis dahin größten Erfolg seiner noch jungen Karriere: Bundeskanzlerin Merkel betraute ihren Berater mit der Vorbereitung der G8- und der G20-Gipfel. Die Presse titelte damals: "41-jähriger wird Super-Sherpa". Sherpas - das sind jene Helfer, die den Bergsteigern das Gepäck und die Ausrüstung auf den Gipfel tragen. Zum ersten Mal wurde sein Name einer größeren Öffentlichkeit bekannt, er selbst hielt sich aber weiterhin im Hintergrund.

Rückkehr nach Frankfurt

Deutschland ist besser als viele andere Länder durch die internationale Finanz- und Wirtschaftskrise der letzten Jahre gekommen. Das ist auch Jens Weidmann zu verdanken. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte den 1968 geborenen Volkswirt 2006 zu ihrem wichtigsten Wirtschaftsberater gemacht. Dabei wurde er zur Grauen Eminenz der Berliner Geldpolitik, galt als Merkels "Krisenflüsterer". Hinter dem deutschen Erfolg, der in der Öffentlichkeit den führenden Köpfen Merkel und Steinbrück, dem Finanzminister in der Großen Koalition, zugerechnet wird, ist deutlich der Einfluss von Jens Weidmann zu spüren.

Weidmann, der nun als Chef der Bundesbank nach Frankfurt zurückgekehrt ist, hat bereits vor seiner Berliner Zeit für die Bank gearbeitet: Von 2003 bis 2006, als ihn Angela Merkel abwarb, war er bei der Bundesbank Abteilungsleiter für Geldpolitik und monetäre Analysen. Seither lebt seine Ehefrau mit den beiden Kindern in der Nähe von Frankfurt am Main. Dass der Familienvater Weidmann nun nicht mehr zwischen Berlin und der Familie im Hessischen pendeln muss, wird seine Entscheidung, an die Spitze der Bundesbank zu wechseln, sicher erleichtert haben.

Autoren: Dirk Kaufmann / Zhang Danhong

Redaktion: Henrik Böhme