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Der Iran - ein geeigneter Vermittler?

Peter Philipp17. April 2004

Eine Delegation der iranischen Regierung hält sich in Bagdad auf, um im Konflikt zwischen den Amerikanern und schiitischen Gruppen zu sondieren. Kann ausgerechnet die Islamische Republik Iran als Vermittler fungieren?

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Kann Iran mäßigend auf die Schiiten im Irak einwirken?Bild: AP

Immerhin hat US-Präsident George W. Bush das Land vor gar nicht allzu langer Zeit noch zur "Achse des Bösen" gezählt. Eine merkwürdige, auf jeden Fall aber eine unerwartete Zusammenarbeit: Iranische Diplomaten bemühen sich im Irak auf Bitten der USA darum, die Spannungen zwischen den Besatzern und dem radikalen schiitischen Prediger Moktada el Sadr zu reduzieren - Spannungen, die das Zweistromland in den letzten Tagen an den Rand eines neuen offenen Krieges gerückt hatten.

Nur Stunden nach dem Eintreffen der Delegation aus Teheran wurde unweit der iranischen Botschaft in Bagdad ein ranghohes Mitglied der Mission von Unbekannten erschossen. Es ist unklar, ob dieser Mord mit dem Vermittlungsversuch in Verbindung steht. Auf jeden Fall aber demonstriert er, auf welch gefährlichem Pflaster die iranischen Vermittler sich bewegen.

Weitere Eskalation soll vermieden werden

Sie tun dies natürlich nicht, um den Vereinigten Staaten und ihrer Besatzer-Koalition aus der Patsche zu helfen: Aus Teheran sind unmissverständliche Erklärungen - zuletzt auch von Außenminister Kamal Kharrazi - zu hören, dass man das amerikanische Vorgehen im Irak nicht billige. Gleichzeitig aber distanziert man sich in Teheran aber auch von den Entführungen und der Gewalt gegenüber Zivilisten, die inzwischen ja ihr erstes Opfer gefordert hat: Solch ein Vorgehen vertrage sich nicht mit dem Islam und es müsse deswegen eine Lösung gefunden werden, versichert Teheran.

Wie diese Lösung aussehen soll - das erklärt man nicht in der iranischen Hauptstadt. Aber es dürfte als sicher gelten, dass man in Teheran unter allen Umständen verhindern will, dass die Lage im Irak weiter eskaliert. Solch eine Eskalation würde nur noch mehr Radikale auf den Plan rufen und eine Normalisierung weiter verschleppen oder unmöglich machen.

Der Iran ist aber an einer Normalisierung interessiert. So, wie er das in der Vergangenheit auch im östlichen Nachbarland Afghanistan gewesen war: Die Iraner gehörten zu den entschiedensten Feinden der Taliban - und mussten dafür unter anderem mit dem Leben mehrerer Diplomaten und Journalisten bezahlen. Und der Iran gehörte damit im Prinzip zur selben Seite wie die USA: Man war mit der Nordallianz verbündet und unterstützte den Widerstand gegen die Taliban.

Mäßigenden Einfluss auf die Schiiten

Auch im Irak war absehbar gewesen, dass Teheran dem Sturz Saddam Husseins mit Genugtuung zuschauen würde - schließlich hatten beide Länder jahrelang miteinander Krieg geführt. Da man aber gleichzeitig noch von Washington als Teil der "Achse des Bösen" verteufelt wurde, fiel es den Iranern nicht gerade leicht, sich allzu offen auf die Seite derer zu stellen, die einen Neuanfang im Irak versuchen.

Teheran tat es dennoch und Außenminister Kharrazi nahm sogar an der von Spanien und den USA einberufenen Geber-Konferenz in Madrid teil und bot großzügige iranische Hilfe für den Irak an. Der Iran hat außerdem bisher mäßigend auf unzufriedene Schiiten im Irak eingewirkt. Und er hat sich auch längst damit abgefunden, dass einer der führenden Schiiten, der früher im iranischen Exil lebende Abdul Aziz el Hakim, heute Mitglied des von den Amerikanern eingesetzten Regierungsrates ist. Hakims Bruder Mohammad Baqr war kurz nach seiner Rückkehr in den Irak ermordet worden.

Gemeinsame Interessen in der Region

Der Iran hat im zurückliegenden Jahr eher eine konstruktive und positive Rolle im Irak gespielt. Er hat dabei vor allem versucht, weitere Eskalationen zu verhindern und auch darauf verzichtet, die Schiiten zum Widerstand gegen die Besatzer aufzustacheln. Dieses Verhalten wurde von Washington zum ersten Mal offen honoriert, als es nach dem großen Erdbeben von Bam Ende letzten Jahres umfangreiche Hilfe entsandte. Das Weiße Haus wollte hieraus zwar gleich politisches Kapital schlagen und direkte Kontakte mit Teheran anknüpfen. Im Iran winkte man aber ab: Auch die Mullahs haben ein Problem, über ihren eigenen Schatten zu springen.

Letztlich aber scheint sich in Teheran wie in Washington die Einsicht breit zu machen, dass man zwar vielleicht noch weit entfernt ist von einer Aussöhnung und Wiederaufnahme diplomatischer Beziehungen, dass man aber durchaus gemeinsame Interessen in der Region hat. Es gibt immer wieder Berührungspunkte, die aus den eigentlichen Feinden manchmal schon fast so etwas wie Partner machen.